Der Co-Trainer des Höhenberger Drittligisten spricht im Interview über den Weg junger Spieler in den Profifußball, die Qualitäten von Chefcoach Olaf Janßen und die Entwicklung des Klubs.
Marian Wilhelm„Wir haben bei Viktoria Köln eine Kultur geschaffen – diese Werte trage ich im Herzen“
Herr Wilhelm, hinter Viktoria Köln liegt eine ereignisreiche Englische Woche mit neun Gegentoren in zwei Heimspielen und dem Punkt in Unterhaching. Zu Saisonstart konnte die Mannschaft gerade defensiv überzeugen. Was hat zuletzt nicht mehr gut geklappt?
In vielen Situationen hat die Box-Verteidigung nicht gut funktioniert. Da haben einige Details nicht gepasst. Wir sind da mit der Mannschaft sehr hart ins Gericht gegangen, die Spieler unter sich auch. Solche Tage mit so vielen Gegentoren sind hart hinzunehmen. Aber es sind Lernschritte, die wichtig für uns sind. Noch wichtiger ist, wie wir aus dieser Phase herauskommen. Gegen Haching haben wir es schon deutlich besser gemacht – auch wenn das Gegentor wieder aus einer Situation auf dem Flügel resultiert, die wir nicht gut verteidigen.
Wie wichtig ist es, dass am Freitag gegen den VfB Stuttgart II (19 Uhr, Sportpark Höhenberg) wieder Christoph Greger und Lars Dietz das Innenverteidiger-Duo bilden können?
Kwabe Schulz und Kevin Pytlik haben ihren Job sehr gut gemacht. Aber natürlich sind Chris und Lars zwei Wahnsinns-Jungs, unsere Kapitäne. Die geben der Mannschaft mehr, als einfach nur Innenverteidiger zu sein. Sie sind wichtig für junge Spieler, geben ihnen Halt. Gerade in so brenzligen Phasen, wie wir sie hatten, übernehmen sie die Führung. Die beiden kennen sich unheimlich gut, wir freuen uns auf jeden Fall, sie wieder dabei zu haben.
Insgesamt macht Viktoria fußballerisch einen enorm gefestigten Eindruck. Dennoch gab es zuletzt in vier Spielen keinen Sieg.
Wenn du einmal fünf und einmal vier Tore kassierst, gestaltest du diese Spiele selten erfolgreich. Wir haben viel daran gearbeitet, offensiv gefährlicher zu werden. Das war zu Saisonbeginn ein Thema für uns. In den letzten drei Spielen ist das besser geworden, die Struktur nach vorne war gut. Aber weder defensiv noch offensiv ist irgendwann der Punkt erreicht, an dem du sagst: Es funktioniert, das bleibt jetzt so. Wir müssen Woche für Woche mit dem Ball und gegen den Ball gut arbeiten.
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Sie wurden im Sommer zum Co-Trainer von Olaf Janßen befördert. Ist es ein komplett anderer Job im Vergleich zu Ihren vielen Jahren im Nachwuchsbereich?
Teil des Trainerteams bin ich ja bereits seit zweieinhalb Jahren, früher in einer anderen Position. Komplett neu ist es deshalb nicht, ich kenne viele der Jungs. Aber die Rolle ist eine andere, auch weil das Trainerteam im Sommer kleiner geworden ist, bin ich näher dran. Und ich habe keine Doppelfunktion mehr mit einer anderen Mannschaft. Ich kann mich auf die Profis einlassen, habe mehr Zeit für die Einzelspieler. Das ist etwas komplett Neues. In meinen über 14 Jahren bei Viktoria hatte ich vorher immer irgendeine Doppelfunktion.
Was zeichnet Olaf Janßen als Chef aus?
Er verfügt über eine unglaubliche Expertise, hat viel erlebt. Olaf ist eine starke Führungspersönlichkeit und kann Mannschaften richtig anzünden. Er versteht es, seine Mitarbeiter richtig einzusetzen. Er vertraut ihnen. Ich habe in den letzten Jahren brutal viel gelernt von ihm, auf allen Ebenen. Ich habe ihm sehr, sehr viel zu verdanken. Für mich ist Olaf ein absolutes Vorbild. Es ist Wahnsinn, mit welcher Konstanz er die Mannschaft in der Dritten Liga gehalten hat. Mit welcher Ruhe er den Umbruch im Sommer gemanagt hat. Olaf ist sehr positiv. Es ist eine der wichtigsten Trainer-Eigenschaften, optimistisch zu sein. Nicht von dem zu sprechen, was man nicht hat oder nicht kann – sondern vor allem von dem, was man hat, was einen stark macht.
In Said El Mala, Jonah Sticker, Florian Engelhardt und Niklas May sind mehrere Spieler aus Viktorias Nachwuchs inzwischen Stammkräfte der Profis. Ihre Entwicklung trägt auch Ihre Handschrift.
Sie tragen vor allem ihre eigene Handschrift. Und die des NLZ. Wir bieten den Jungs eine Plattform, um an sich zu arbeiten. Der Schlüssel ist aber immer, dass die Jungs auch gewillt sind, zu arbeiten. Das zeichnet jeden der Jungs aus, die den Weg in Richtung Profifußball gegangen sind. Als Verein haben wir die Kultur geschaffen, die das möglich macht: Die jungen Spieler haben die nötige Zeit, haben Austausch, haben Ansprechpartner. Es macht mich stolz, dass ich viel mit dieser Kultur zu tun hatte in den letzten Jahren. Diese Werte trage ich im Herzen.
Wie sehen Sie die Entwicklung der Viktoria seit 2010?
In meiner ersten Saison wurde Junioren-Bundesliga noch auf zwei Aschenplätzen gespielt und wir sind ständig wieder abgestiegen. Jetzt ist unsere U19 eine feste Größe, hat einmal den 1. FC Köln und einmal Bayer 04 hinter sich gelassen. Wir werden auch ganz anders wahrgenommen. Nicht nur im Sinne von: rennen und kämpfen. Sondern auch fußballerisch. Und Einzelspieler werden wahrgenommen. Es ist sicherlich nicht selbstverständlich für uns, dass wir in den letzten vier Jahren auch fünf U-Nationalspieler für den DFB gestellt haben. Die Entwicklungen der Jungs beobachten zu dürfen, ist ein Privileg. Zoumana Keita kenne ich seit der U 9. Flo Engelhardt habe ich in der U 14 auf einem Sichtungsturnier gesehen und gedacht: Das ist der beste Spieler, den ich je gesehen habe. So etwas Langfristiges, das gibt es nur sehr selten. Wir alle können froh sein, wo der Verein jetzt steht. Zu diesem Weg der Spieler- und Mannschaftsentwicklung passe ich sehr gut.
Parallel zur Assistenten-Tätigkeit absolvieren Sie Ihre Pro-Lizenz, den früheren Fußballlehrer. Wie lassen sich diese Belastungen unter einen Hut bekommen?
Nur mit großer Unterstützung des Vereins, das ist nicht selbstverständlich, gerade bei einem so kleinen Trainerteam. Natürlich bin ich auch nie komplett weg, einige meiner Aufgaben kann ich auch während der Lehrgänge von Frankfurt aus erfüllen. Aber Olaf stärkt mir den Rücken und macht mir die nötigen Zeiträume frei. Er sagt ganz klar: Die Entwicklung der Mitarbeiter und der Spieler steht ganz oben. Und die Vereinsführung macht es möglich – sonst wäre es ganz, ganz schwierig.
Wann sind die Abschlussprüfungen?
Im Dezember. Es ist wie vor Spielen: Ich gehe davon aus, dass ich dort gut vorbereitet und voller Vorfreude hereingehe.
Junge Spieler nutzen die Viktoria, um sich für höhere Aufgaben ins Rampenlicht zu stellen. Gilt das auch für junge Trainer?
Ich bin keiner, der sich darum große Gedanken macht. Zukunftsplanung ist im Fußball schwierig. Mir ist wichtig, dass ich meinen Rucksack mit Erfahrungen fülle. Und, dass ich das Gefühl habe, an Herausforderungen zu wachsen. Dieses Gefühl hatte ich bei der Viktoria bisher immer. Dazu noch mein Werdegang hier – man kann es von der kleinsten Jugendmannschaft bis zu den Profis schaffen. Das ist mein kleines Rampenlicht.
Am Freitagabend trifft die Viktoria auf Stuttgart II.
Es macht immer Spaß, sich auf Teams vorzubereiten, die einen guten Ball spielen. So eins ist Stuttgart, einfach eine richtig gute Fußballmannschaft. Besonders viel Spaß macht es, wenn man auf alte Weggefährten trifft – in meinem Fall Kaden Amaniampong, den ich in unserer Jugend begleiten durfte. Auf das Wiedersehen freue ich mich ganz besonders.