Von Köln nach Hollywood„Wir Monster" als US-Remake
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Köln – In Köln fällt ständig die Klappe: Unzählige Firmen produzieren Filme für Kino und Fernsehen. In dieser Folge unserer neuen Serie „Abgedreht“ stellt Rolf-Ruediger Hamacher das Produzenten-Paar Roswitha Ester und Torsten Reglin vor.
Wenn Hollywood Remakes europäischer Filme dreht, dann entscheiden sich die Macher meist für in ihrem Ursprungsland erfolgreiche Produktionen. So zuletzt für den französischen Kassen-Schlager „Ziemlich beste Freunde“. Umso erstaunter waren Roswitha Ester und Torsten Reglin, als man ihnen im September 2015 auf dem Filmfestival in Toronto gleich drei Angebote für ihre mit dem WDR und Arte entstandene TV-Produktion „Wir Monster“ machte.
Die von dem ehemaligen Kölner Filmkritiker Sebastian Ko geschriebene und inszenierte „Antifamiliengeschichte“ hatte hierzulande nicht mal einen Kino-Verleih gefunden, reüssierte aber auf zahlreichen internationalen Festivals. „Wir entschieden uns für die amerikanische Blumhouse Production, zu deren Philosophie es gehört, die Kreativen an den Erlösen zu beteiligen. Und dann ging alles sehr schnell“, wundert sich Torsten Reglin noch heute, „bis Dezember war der Vertrag unter Dach und Fach“.
Blumhouse holte als Regisseurin Veena Sud, die für Netflix das Remake („Killing“) der schwedischen Serie „Kommissarin Lund – Das Verbrechen“ produziert hatte, mit ins Boot und stattete sie mit einem 4,5 Millionen Dollar-Budget aus. „Wir hatten damals lediglich einen 900 000 Euro-Etat zur Verfügung“, erinnert sich Roswitha Ester ein wenig neidisch. Nun wird das Remake im September seine Uraufführung wiederum in Toronto feiern. „Und der deutsche Universal-Verleih wird ,The Lie' in die hiesigen Kinos bringen“, freuen sich Reglin und Ester. Wird sich das Werk wesentlich vom Original unterscheiden? „Zumindest hat Veena Sud, die ja in Kanada als Wunderkind der Produzentenbranche gehandelt wird, das Original-Drehbuch mit mehr Thriller-Elementen versehen.“
Erst Ebertplatz, dann Barbarossaplatz
Die beiden Kölner Produzenten hatten sich auf einem Dramaturgie-Seminar in Berlin näher kennengelernt und 2008 ihre Firma „Ester.Reglin.Film“ am Ebertplatz gegründet. Die nächste Station war der Ursulaplatz, bis sie jetzt am Barbarossaplatz heimisch geworden sind: treue Kölner „Platz-Hirsche“ sozusagen. Aber eigentlich sind sie Zugezogene: Der 1969 in Prenzlau geborene Torsten Reglin wuchs in der Nachbarschaft von Angela Merkel in der Uckermark auf, ließ sich nach dem Abitur erst mal als Baufacharbeiter ausbilden, ehe er sich nach der Wende dem Film zuwandte. Nach dem Studium der Theater- und Kulturwissenschaften und der Film- und Fernsehdramaturgie in Berlin war er als Dramaturg und Stoffentwickler in München und Berlin tätig, um dann 2004 bei der Kölner Geißendörfer Film- und TV-Produktion als Dramaturg und Produzent einzusteigen.
Dort war auch Roswitha Ester von 1999-2007 als Creative Producerin unter anderem für die „Lindenstrasse“ beschäftigt. Auch sie studierte zuerst einmal „branchenfremd“ Geschichte und Germanistik in Köln und Bologna, kam dann über den Journalismus und Regieassistenzen als Dramaturgin in der freien Theaterszene in Köln an.
„Nun planen und betreuen wir gemeinsam unsere eigenen Projekte von der Stoffentwicklung bis zum fertigen Produkt, wobei wir nicht nur durch die Gender-Komponente, sondern auch durch unseren Ost-West-Hintergrund unterschiedliche Erfahrungen mit einbringen“, erzählt Reglin.
Und Ester ergänzt: „Dabei sind wir nicht auf ein Format festgelegt, wir produzieren Geschichten, die uns interessieren, ob als Serie, Dokumentation oder Spielfilm.“
Einige Remakes
Friedrich Dürrenmatts „Es geschah am hellichten Tag“ (1958, mit den brillanten Heinz Rühmann und Gerd Fröbe) konnte als „Das Versprechen“ (2001) immerhin durch Jack Nicholson das mimische Niveau halten. Wim Wenders’ „Der Himmel über Berlin“ (1987) wurde 1998 unter dem Titel „Stadt der Engel“ ohne philosophischen Hintergrund von Brad Silberling neu verfilmt.
Michael Haneke übertrug seinen klaustrophobischen Psycho-Thriller „Funny Games“ (1997) Bild für Bild in „Funny Games U.S.“ (2007). „Bella Martha“ (2001, mit Martina Gedeck) ) wurde in Scott Hicks’ „Rezept zum Verlieben“ (2007) trotz Catherine Zeta-Jones nicht schmackhaft. Til Schweigers „Honig im Kopf“ (2015), von ihm mit Nick Nolte neu verfilmt („Headfull of Honey“), kommt demnächst in unsere Kinos. (rrh)
Spannende Filme und politischen Engagement
Dabei sind auch so interessante Produktionen entstanden wie der vom LVR (Landschaftsverband Rheinland) in Auftrag gegebene Spielfilm „Eines Tages“, in dem sich in einer Demenz-Beratungsstelle drei Familienschicksale kreuzen. Der mit Horst Janson, Annekathrin Bürger und Heinrich Schafmeister hochkarätig besetzte Film hat sich mittlerweile zu einem Renner in der gesundheitspolitischen Ausbildung entwickelt.
Filmpolitisch engagiert sich Torsten Reglin: seit 2016 als Vorsitzender des Filmbüros NRW. Dort erwartet ihn nun auch eine Sitzung und er überlässt es Roswitha Ester, uns ihre aktuellen Projekte vorzustellen: „In der Dokumentation ,Rockin’ Olaf’ deckt Olaf Schubert, natürlich in seinem legendären Pullover, eines der bestgehüteten Geheimnisse der DDR auf. Und mit ,Geborgtes Weiss’ freuen wir uns auf die erneute Zusammenarbeit mit Sebastian Ko, der uns mit seinem Neo Noir Film die Auflösung einer bourgeoisen Welt schmerzlich erfahren lässt.“