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„Maybritt Illner“„Spielt Querdenkern in die Karten“ – Weil kritisiert Söder scharf

Lesezeit 4 Minuten
Stephan Weil 110222

Stephan Weil (SPD), Ministerpräsident von Niedersachsen (Archivbild)

Köln – Marco Buschmann (FDP) hat seine Kritik am bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) erneuert. Am Donnerstagabend war der Bundesjustizminister bei „Maybritt Illner“ zu Gast. Zum Thema „Lockern in der Pandemie – verrückt oder überfällig?“ diskutierten neben Buschmann auch der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU). Ebenfalls teil der Runde waren die Virologin Helga Rübsamen-Schaeff und den Humanmediziner Dr. Johannes Wimmer.

„Bundesrecht bricht Landesrecht“, erklärte Buschmann zu Beginn der Sendung mit Blick auf Söders Vorstoß vom Wochenbeginn. Der CSU-Politiker hatte erklärt, den Vollzug der im Bundestag beschlossenen einrichtungsbezogenen Impfpflicht „übergangsweise“ aussetzen zu wollen und damit scharfe Kritik provoziert. Auch CDU-Chef Friedrich Merz forderte in der Folge, den Vollzug der Impfpflicht auszusetzen.

Buschmann: „Es gibt Möglichkeiten, das durchzusetzen“

„Ich bin mir sehr sicher, dass die Juristen in der bayrischen Staatskanzlei Herrn Söder mittlerweile aufgeklärt haben“, sagte Buschmann. „Ich bin fest davon überzeugt, dass natürlich hier Bundesrecht vollzogen werden wird, andererseits gibt es auch Möglichkeiten, das durchzusetzen“, führte der FDP-Politiker aus.

Der Bundesjustizminister verteidigte zudem seine vorherige Wortwahl. „Im Rechtsstaat gelten Gesetze. Wenn sich die Regierenden selbst aussuchen, an welche Gesetze sie sich halten und an welche nicht, ist die Tyrannei nicht mehr fern“, hatte Buschmann zuvor in Richtung Söders auf Twitter geschrieben. „Einige halten das für eine Zuspitzung“, sagte Buschmann am Donnerstagabend. „Wir haben ein geltendes Gesetz beschlossen, das muss zur Anwendung kommen – unabhängig davon, ob einem das gefällt oder nicht.“

Weil: „Das spielt denen wirklich in die Karten“

„Herr Buschmann vergreift sich vollkommen in der Wortwahl“, konterte CSU-Politiker Holetschek. „Von Tyrannei zu sprechen, ist Fehl am Platz.“ Vielmehr habe man den „Finger in die Wunde gelegt“, da das Gesetz den „Praxistest nicht überstanden habe“. Es seien viele Fragen offen, daher sei es „mehr als vernünftig“ sich Übergangszeiten noch einmal anzuschauen. Die Impfpflicht werde in Bayern nicht in Frage gestellt. „Wir werden uns natürlich im Rahmen von Recht und Gesetz bewegen, da kann ich den Bundesjustizminister beruhigen.“

„Meine Befürchtung ist, dass Markus Söder demnächst einer der populärsten Politiker auf Querdenkerdemos sein wird“, erklärte unterdessen Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. „Das, was er gemacht hat, spielt denen wirklich in die Karten und das ist, was mich an dieser Posse am meisten aufregt.“ Der Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht sehe er unterdessen „gelassen entgegen“. Einheitliche Maßstäbe für die Einführung der Impfpflicht seien allerdings „wünschenswert“, erklärte Weil.

Gemeinsamer Weg bei Impfpflicht „wünschenswert“

Mediziner Wimmer zeigte sich unterdessen verwundert. „Die Impfpflicht hätte tausende Leben gerettet, wenn wir sie in der Sekunde durchgesetzt hätten, wo der Impfstoff da war.“ Nun sei aufgrund von Durchbruchinfektionen das Vertrauen bereits erschüttert. „Wir haben uns leider dahin entwickelt, dass wir jetzt über eine Impfpflicht sprechen, wo der Zug eigentlich schon abgefahren ist.“ Mit der Omikron-Variante habe sich die Situation geändert. „Wir kommen langsam in Spähren, die sehr nahe an anderen Viren sind, wie zum Beispiel dem Grippevirus“, sagte Wimmer.

Es gehe auch darum, eine neue Welle im nächsten Herbst und Winter zu vermeiden, entgegnete Weil. „Wir wissen noch nicht, was der Gegner sein wird“, erklärte der SPD-Politiker mit Blick auf mögliche neue Corona-Virus-Varianten. „Ich mag mir nicht vorstellen, dass wir einen dritten Winter erleben, so wie wir ihn jetzt haben.“ Ein gemeinsamer Weg der Bundesländer bei der Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht sei daher wünschenswert, so Weil.

Runde richtet Blick nach Dänemark

Dem wollte Holetschek nicht widersprechen, verwies allerdings darauf, dass die Akzeptanz bei medizinischem Personal schwinde. Man habe schließlich immer kommuniziert, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht nur ein erster Schritt auf dem Weg zur allgemeinen Impfpflicht sei, nun fänden allerdings nicht einmal Bundestagsdebatten dazu statt. „Das bringt keine Glaubwürdigkeit“, sagte Holetschek. Dennoch stehe Bayern zur Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht.

In Sachen möglicher Lockerungen richtete die Runde schließlich den Blick nach Dänemark. Zuletzt hatten einige Bundesländer bereits Maßnahmen abgeschwächt. In vielen Nachbarländern ist es zu weitgehenden Lockerungen gekommen. „Wir sind in Deutschland jetzt da, wo Dänemark Mitte Dezember war“, erklärte Rübsamen-Schaeff. „Der Tod ist unumkehrbar, Maßnahmen kann ich zurücknehmen, das ist sehr leichtsinnig gedacht“, führte die Virologin aus. Lockerungsdebatten kämen ihrer Meinung nach verfrüht.

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„Ein ganz großer Teil der Bevölkerung ist geimpft, die Lage ist anders als in Deutschland“, erklärte die dänische Politikwissenschaftlerin Lykke Friis die Situation in Dänemark. „Wir haben die Daten, bei uns gibt es keinen Blindflug.“ Dänemark erhebe die Impfdaten nahezu in Echtzeit, erklärte Friis. Eine Impfpflicht sei nie ein Thema gewesen, das Vertrauen in die Impfung sei groß. In einem Einheitsstaat wie Dänemark sei es aber natürlich einfacher, eine klare Linie zu finden. „Freiheit ist ein hohes Gut“, deshalb habe man die Verantwortung nun an die Bevölkerung zurückgegeben.

„Wenn wir heute eine Impfquote wie in Skandinavien oder anderen Ländern hätten, hätten wir auch andere Möglichkeiten“, erklärte Weil mit Blick auf den dänischen Kurs. „Eigenverantwortung gibt es bei uns ja auch, leider hat ein zu großer Teil der Bevölkerung genau in die falsche Richtung davon Gebrauch gemacht.“