„Wir lassen nicht mehr einfach los“Das Kölner Schauspiel in der nächsten Spielzeit
Köln – „Wenn ich eine Pflanze wäre, würde ich sagen, das lasse ich hier jetzt nicht mehr so einfach los.“ Um seine Pläne für die nächste Spielzeit des Schauspiel vorzustellen, hatte Intendant Stefan Bachmann in den Carlsgarten draußen vor dem Depot eingeladen. Und er nutzt diesen besonderen Ort auch, um noch einmal zu bekräftigen, wie sehr ihm daran gelegen ist, dass das Depot nach der Wiedereröffnung des Offenbachplatzes als Spielstätte erhalten bleibt. Bislang habe sich zwar in der Stadt noch niemand negativ dazu geäußert, „aber das erfüllt mich nicht mit Optimismus. Denn so wie ich die Stadt kennengelernt habe, heißt das noch gar nichts. Da muss ein Beschluss her!“
Schauspiel Köln: Ungewisse Zukunft
Auch der Erhalt des Ballet of Difference (BOD) ist für Bachmann Thema. Finanziert sei das Tanzensemble des Choreographen Richard Siegal bis zum Ende der Spielzeit 22/23, das Land habe jetzt noch einmal eine Verlängerung bis Ende 2023 bewilligt. „Es fehlen 800 000 Euro für die zweite Hälfte der Spielzeit“, sagt Bachmann in der Hoffnung, dass sich die Stadt da bewege. Ansonsten würde es bedeuten, dass die kommende Spielzeit die letzte des BOD sein könnte.
Geplant sind dann auf jeden Fall zwei neue Choreographien Siegals („Ballet of (Dis)Obedience“, März 23, und „Body Without Organs“, Mai 23) sowie eine weitere Zusammenarbeit mit dem Schauspielensemble: In „Love Me More“ beschäftigt sich mit Motiven aus Oscar Wildes „Dorian Gray“ und der Körperoptimierung (15. Oktober).
Zwei sehr persönliche Highlights stehen im Mittelpunkt der Spielzeitplanung. Das langjährige Ensemblemitglied Martin Reinke trumpft zu seinem Abschied noch einmal richtig auf: als King Lear unter der Regie von Rafael Sanchez (23. September).
Über einen anderen gelungenen Coup ist Stefan Bachmann besonders stolz: Nachdem Rainald Goetz die Kölner Premiere seines Stücks „Reich des Todes“ sah, erlaubte er Bachmann, seinen Roman „Johann Holtrop“ auf die Bühne zu bringen. Beim Erscheinen des Buches 2012 hatte Goetz Bühnenadaptionen strikt abgelehnt. „Dass er es jetzt erlaube sei „eine kleine Sensation“ (Februar 23).
Bachmanns zweite Arbeit wird eine Fassung von Molières „Eingebildetem Kranken“ sein (29. September). Dort spielt auch Anja Laïs, die nach langer Abstinenz so wie Andreas Grötzinger in dieser Spielzeit nach Köln zurückkehrt. Dies bleibe aber die einzige Veränderung im Ensemble.
Chefdramaturg Thomas Jonigk wird auch erneut Regie führen – bei der deutschen Erstaufführung von „Wenn wir einander ausreichend gequält haben“ des Briten Martin Crimp.
Hausregisseur Moritz Sostmann ist nur einmal vertreten – mit Ewald Palmetshofers Bearbeitung von Gerhard Hauptmanns „Vor Sonnenaufgang“ (2. Dezember).
Viele bekannte Gesichter im Schauspiel Köln
Und auch sonst tauchen viele alte Regie-Bekannte auf: Pınar Karabulut nimmt sich Kafkas „Prozess“ vor (Januar 23), Ersan Mondtag „Phaedra“ (25. November), Lucia Bihler „Die Troerinnen“ (April 23). Robert Borgmann nimmt mit „Meta“ eine „Leonce und Lena-Korrektur“ vor (März 23). Und Nuran David Calis beschäftigt sich in „Exil“ mit ukrainischen Flüchtlingen (Januar 23).
Ein Stück der ukrainischen Geschichte beleuchtet das Theaterkollektiv Futur3 mit „Die Revolution lässt ihre Kinder verhungern“ (12. November). Hierrin beschäftigen sich André Erlen und Stefan H. Kraft, mit dem „Holodomor“, jener von der Sowjetmacht in den 30er Jahren erzwungenen Hungersnot, in mehrere Millionen Ukrainer starben.
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Der Auftakt der Spielzeit am 9. September wird, um mal diesen neu-deutschen Begriff zu benutzen, ein „soft opening“. Bachmann setzt nicht auf das „große Eröffnungsereignis“, das sei ja „auch immer ein wenig bürgerlich“. Stattdessen also die Performance „Once I lived with a stranger“.
Der Abend von Marie Schleef basiert auf einem Artikel im „Guardian“ über eine Frau, die glaubt, ein Fremder lebe mit ihr zusammen in ihrer neuen Wohnung. Ob diese Geschichte gut ausgehen wird, erfährt man dann am 9. September...