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Horbach Stiftung in KölnDüsseldorfer Fotografin zeigt russische Familien in Deutschland

Lesezeit 3 Minuten
Die russische Familie in drei Generationen

Drei Generationen Russen, die sich in Deutschland sichtlich wohlfühlen.

Die Düsseldorfer Fotografin Ulrike Reinker porträtierte russische Familien, die in Deutschland leben.

Ganz am Anfang war es nur ein Gefühl. „Diese Aufteilung in Gut und Böse fand ich ganz schrecklich“, sagt Ulrike Reinker, „die Entscheidung, die Ukraine zu überfallen, war die Entscheidung von Wladimir Putin. Nicht die Entscheidung der ganz normalen Bevölkerung.

Ein Jahr Recherche

Auch diese Menschen haben Familie, haben Männer, Brüder, Söhne, Väter – und Tote in diesem Krieg zu beklagen. Aber diesen anderen Teil der Wahrheit habe ich nicht gespürt. Ich habe einen stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn – und wollte herausfinden, wie es russischen Menschen, die in Deutschland leben, mit diesem Krieg geht.“

Die Ergebnisse ihrer mehr als zwölfmonatigen Recherche zeigt die Düsseldorfer Fotografin ab Sonntag in der audio-visuellen Ausstellung „The Russians love their children too“. Pate für den Titel stand der Song „Russians“ von Sting, der damit ein Statement für Menschlichkeit im Kalten Krieg abgab: „Allerdings hieß es da, abgeschwächt: ,I hope, the Russians love their children too'. Aber ich bin mir ganz sicher: Auch die Russen lieben ihre Kinder.“

Mit ihrer Kamera und einem Aufnahmegerät hat Reinker russische Familien, aber auch Einzelpersonen in ihren Wohnungen besucht, mit ihnen gesprochen und sie porträtiert. Stieß dabei aber auf große Schwierigkeiten: „Am Anfang waren alle begeistert und wollten mit der ganzen Familie, mit Opa, Oma, Onkel und Tante, aufs Bild. Aber dann gab immer wieder Absagen. Die Menschen hatten Angst.“

Straftaten gegen Kinder

Wovor? „Sie hatten Angst, ihren Job zu verlieren, angegriffen zu werden, die Verwandten in der Ukraine zu brüskieren.In der Ukraine sind 40 Prozent der Bevölkerung russisch. Für die ersten sechs Wochen nach Beginn des Krieges listet die Kriminalstatistik in Deutschland 400 Straftaten gegen Russen auf, darunter auch solche gegen Kinder.“ Das Feindbild des „bösen Russen“ aus dem Kalten Krieg lebe in den Köpfen wieder auf, so Reinker: „Richtig entsetzt war ich, als ich in einem Kommentar-Portal für Abonnenten der Zeitung ,Die Welt' gelesen habe: „Von mir aus können noch tausende russische Soldaten sterben, aber wir müssen mit allen Mitteln verhindern, dass noch weitere ukrainische Soldaten ihr Leben lassen.“

Mit großformatigen Porträts, die in NRW, in Niedersachsen und in Berlin entstanden, will sie eine Annäherung zwischen Deutschen und Russen, die in Deutschland leben, schaffen: „Ich will zeigen, dass das, was uns verbindet, Menschlichkeit ist. Dass der Krieg etwas ist, worunter alle leiden.“

Parallel dazu gibt es eine Audio-Installation, auf der Interviewpartner von ihren Erfahrungen hierzulande berichten, aber auch von ihren Ängsten und Sorgen in Bezug auf den Krieg. Kombiniert wird das mit aktuellen Zitaten von deutschen Politikern, Tondokumenten aus dem Kalten Krieg sowie Ausschnitten von der Rede, die Wladimir Putin 2001 im deutschen Bundestag gehalten hat und mit traditionellen, russischen Musikstücken.

Völkerverständigung

Weitere Akzente setzten Aufnahmen von einem Fest des Vereins „Druschba“ (Freundschaft), der sich bundesweit für Völkerverständigung einsetzt und ein mit deutschen Laienschauspielern aufgenommenes Foto, das grotesk überspitzt, gängige Vorurteile über Russen inszeniert: mit Wodkaflaschen, Trachten und Stalin-Porträt an der Wand. Reinkers Fazit am Ende ihrer Recherchereise: „Alle wollen Frieden, alle sind entsetzt, alle wollen, dass es endlich vorbei ist.“

Bis 25. März, Kunsträume der Michael Horbach Stiftung, Wormserstr. 23 in Köln. Vernissage: 3. März, 17 Uhr. Mi und Fr 15.30 – 18.30 Uhr, So 11—14 Uhr. Der Eintritt ist frei.