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Ein Museum macht SchuleWas wird aus dem alten Rautenstrauch-Joest-Museum?

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Hinter historischer Fassade befand sich am Ubierring früher das Völkerkundemuseum.

Köln – Die Kulissen sind wie geschaffen für Theater, findet Kunstlehrerin Jutta Steiwer. Hohe Raumfluchten, abgeschliffenes Parkett, große Sprossenfenster, herrschaftliche Foyers. In einer Ecke steht noch ein Schild aus Zeiten, als der denkmalgeschützte Altbau das Rautenstrauch-Joest-Museum (RJM) und zeitweise die Kammerspiele Köln beherbergte. „Wir werden das hier auch theatralisch bespielen“, sagt die Kunstlehrerin und meint die Inszenierungen, die mit Schülerinnen und Schülern aus allen Jahrgängen der Integrierten Gesamtschule Innenstadt (IGIS Frankstraße) aufgeführt werden sollen. „Ich bin begeistert von der Atmosphäre. Die Architektur strahlt. Es ist keine normale Schule, die Räume haben etwas Großes, Erhabenes.“

Dem Kompliment fürs Interim gingen schwierige Phasen voraus. Bis das alte Völkerkundemuseum sich durch eine 19 Millionen Euro teure Generalsanierung in eine herrschaftliche Übergangsschule verwandelte, waren große Herausforderungen zu stemmen. Baulich und schulorganisatorisch, bestätigen der Oberstufenleiter Dirk Steffens sowie Vertreter des Amtes für Schulentwicklung und der Gebäudewirtschaft der Stadt Köln beim Rundgang durchs Ex-Museum. Der einzige Bestandsaltbau dieser Art in Köln, der als Interimsstandort Schule macht – und das wohl auf längere Sicht.

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Repräsentativer Eingang: Die Geländer wurden aufwendig mit neu montierten Glasscheiben gesichert.

Verzögerungen durch Corona-Lieferengpässe, aufwendige Sicherung der historischen Geländer durch Glasbrüstungen, Einbau neuer Brandschutzvorkehrungen und schallschluckender „Absorber“-Platten – der Aufwand war immens, böse Überraschungen inklusive. „Unvorhergesehen war auch der nötige Abbruch und die anschließende, originalgetreue Wiederherstellung alter Gewölbedecken“, sagt Torsten Leesmeister von der Gebäudewirtschaft. Das könne nicht bei laufendem Betrieb geschehen. „Wir warten ab, bis die Schule aus dem Interim ausgezogen ist.“ Dies ist voraussichtlich im Sommer 2022 der Fall, wenn der Neubau am Severinswall wie geplant fertig wird.

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Die Komplettsanierung des Ex-Museums samt denkmalgerechter Umrüstung war eine Mammutaufgabe, das Ergebnis kann sich gut sehen lassen: Moderne Einrichtung, naturwissenschaftlich bestens ausgestattete Fachräume, Aufenthaltsbereiche mit Loungemöbeln und Laptop-Arbeitsplätzen, zwei neue Turnhallen in alten Depots, die von der ganzen Schule genutzt werden: Mit Blick auf die hohen Investitionen und die bestehende Schulplatznot sei die Nutzung als Standort für Schulen weiterhin geplant, sagt Ralf Risse vom Amt für Schulentwicklung. Zunehmend werden Bestandsbauten in den Blick genommen und für Umnutzungen für schulische Zwecke geprüft. „Diese sind mit hohen Kosten verbunden. Für Schulen gelten außerdem ganz andere Normen, besondere Anforderungen etwa in Sachen Brandschutz, Abluft oder Fluchtwege.“

Die Bauprojekte der Gesamtschule „IGIS“

95 Millionen Euro investiert die Gebäudewirtschaft der Stadt insgesamt ins Großprojekt Integrierte Gesamtschule Innenstadt (IGIS). Zu dem Programm zählen: die Erweiterung des Schulkomplexes Frankstraße, der Neubau für die Oberstufe mit im Endausbau rund 240 Schulplätzen am Severinswall und die Sanierung/Umbau des Ex-Museums zum Interim am Ubierring.

Der Umbau im Inneren war Ende 2020 weitgehend abgeschlossen, die Fassadenarbeiten dauerten erheblich länger, sind gerade erst beendet worden. 160 Jugendliche der Oberstufe sind seit Frühjahr 2021 im früheren Rautenstrauch-Joest-Museum (RJM) untergebracht. Die Komplettsanierung plus geplante Umnutzung als dauerhafter Schulstandort für weitere Schulen nach der IGIS sowie der Erhalt des Baudenkmals kostet laut Gebäudewirtschaft rund 19 Millionen Euro.

2020 begannen die Arbeiten für den Neubauriegel Sekundarstufe II, der am Severinswall entsteht. Der Rohbau steht inzwischen, derzeit laufen Fassadenarbeiten und Vorbereitungen für den Innenausbau. Der Neubau inmitten der Südstadt soll eine Dachbegrünung erhalten. Das Investitionsvolumen inklusive Generalsanierung des früheren RJM beträgt rund 54 Millionen Euro (ohne also 35 Millionen). Darüber hinaus läuft die Sanierung und Erweiterung des Gesamtschulkomplexes Frankstraße für die Sekundarstufe I, die geschätzten Kosten liegen bei rund 41 Millionen Euro. (MW)

Noch im Herbst 2020 konnte die Oberstufe noch nicht ins unfertige RJM-Gebäude ziehen und harrte im Zwischen-Interim Dagobertstraße aus. Seit dem Frühjahr läuft nun für sie der Unterricht im Ex-Museum. Wenn der Neubau hinter dem RJM am Severinswall fertig ist, sollen die Jugendlichen umsiedeln. „Ich würde gern hier bleiben“, sagt Schülerin Mia, die nach schwieriger Übergangsphase die Schule auf Zeit im repräsentativen Gründerzeitbau zu schätzen weiß. „Es ist schön hier, so großzügig, das macht auch den Unterricht anders.“

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Geräumige Unterrichtsräume entstanden neu.

„Es läuft jetzt gut“, findet der Oberstufenleiter. „Das große Gebäude bietet viele Vorteile, auch wenn man hier mehr improvisieren muss.“ Der Neubau am Severinswall allerdings warte mit pädagogischen Raumkonzepten, Lernclustern und Aufenthaltsbereichen samt Cafeteria auf. Und im alten IGIS-Bau an der Frankstraße läuft die Erweiterung für die unteren Jahrgänge. Viele Schulbaustellen, auch 2022. Nächster Akt? Wie es nach dem Auszug der Oberstufe konkret im Ex-Museum weitergeht, ist noch offen.