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Neue Musik in Köln15 Werke von Saariaho bei „Acht Brücken“ zu hören

Lesezeit 4 Minuten
Die 2023 verstorbene Kaija Saariaho ist Porträtkomponistin von Acht Brücken

Die 2023 verstorbene Kaija Saariaho ist Porträtkomponistin von Acht Brücken

Porträtkünstlerin von Acht Brücken ist die 2023 verstorbene Finnin Kaija Saariaho.

Kaija Saariahos Biografie liest sich wie ein Märchen. Ein kleines, schüchternes Mädchen, das 1952 als Tochter eines finnischen Metallbauers nicht gerade in die Welt der Musik hineingeboren wird, entwickelt sich zu einer der meistgespielten und innovativsten zeitgenössischen Komponistinnen.

Hürden genommen

Dabei nimmt sie Hürden. Hübsch sei sie, werde bald heiraten und ein Kompositionsstudium wäre daher Zeitverschwendung. Mit diesem Stempel wird ihre Bewerbung an der Sibelius-Akademie in Helsinki abgelehnt. Stattdessen studiert sie Geige, Klavier und Malerei. Traumwandlerisch sind ihre Klanglandschaften und unter dem Titel „Licht!“ ist Saariaho diesmal Porträtkünstlerin des Festivals Acht Brücken.

Ihren 70. Geburtstag durfte sie nur um wenige Monate überleben. Wie Intendant Louwrens Langevoort am Donnerstag bei der Vorstellung des Festivals vom 9. bis zum 18. Mai erklärte, ist das Programm geplant worden, als sie noch lebte. 15 Stücke der Komponistin werden zu hören sein, darunter ihr Oratorium „La Passion de Simone“ von 2006 und ihr Klarinettenkonzert mit der Solistin Boglárka Pecze.

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Saariaho verließ Finnland, lebte seit Anfang der 1980er Jahre in Paris, wo sie am IRCAM, dem Forschungsinstitut für Akustik und Musik, lernte — computergestützte Komposition sowie die Arbeit mit dem Tonband und Live-Elektronik. Klarinettistin Boglárka Pecze gab am Donnerstag in der Philharmonie Kostproben und spielte zwei Tonstudien unter dem Titel „Duft“. Auch wenn sich die filigranen Töne im Foyer mit der Probe des Gürzenich Orchesters zu Sergej Prokofjew im Hauptsaal vermischten, behielt die Musik Ruhe, entführte in glitzernde Klanglandschaften, die sich in der Neuen Musik offenbaren.

Hoffen und staunen

„Eigentlich müssten wir hier sitzen und uns sogar für eine Erhöhung des Budgets stark machen“, sagte Boglárka Pecze, die sich leidenschaftlich für die Neue Musik einsetzt. Die Stadt müsse weiterhin unterstützen, für Köln und seinen Ruf als Musikstadt sei das Festival existenziell. „In Zeiten des Wandels vermittelt das Festival Hoffnung, Erkenntnis und Staunen über die Möglichkeit der Kunst“, erklärte Csaba Kézér, Leiter Bereich Musik der Kunststiftung NRW.

„Licht!“ zeichne Perspektiven der Neuen Musik auf, die immer auch ein Statement für die Kultur seien. Kézér brach eine Lanze für Acht Brücken. Die Stiftung ist seit Anfang an dabei. Ein tiefer Schock, so Kézér, seien die Streichungspläne aus Köln gewesen. Die Stiftung ist seit Beginn des Festivals mit im Boot. „2024 waren es 20.000 Zuhörer, es werden immer mehr, und die Zielgruppe hat sich stark diversifiziert.“ Auch der WDR gehört zu den Partnern von Acht Brücken und Matthias Kremin, Programmbereichsleiter WDR 3/5 betonte, dass es eine hohe Reichweite gebe.

Auch 2025 sind Aufführungen von Acht Brücken beim ARD-Radiofestival zu hören. Langevoorts Team hofft immer noch auf eine Kehrtwende in der Haushaltskonsolidierung appelliert unermüdlich an die Politik, Mitte Februar doch für eine Weiterführung zu entscheiden. „Ich habe viele Pläne“, erwiderte Langevoort auf die Frage, was er an Alternativen vorschlage, sollte der städtische Geldhahn tatsächlich zugedreht werden.

„Aber erst einmal soll die Stadt über die Brücke kommen.“ Hochkarätige Künstler und Ensembles wie Geigerin Carolin Widmann oder das Kuss Quartett sind nach dem Auftakt in der Wolkenburg an stadtweiten Spielorten zu hören. Unter anderem in der Lagerstätte für die mobilen Hochwasserschutzelemente. Es gibt 16 Uraufführungen, die auch von privaten Sponsoren in Auftrag gegeben wurden. Viele Werke beschäftigen sich mit dem Element Licht.

Im Dialog mit den Künstlern

Brendan Champeaux erkundet in „Blinds“ die Bedeutung von Klang in der Dunkelheit. Unai Erkola Etxabe bezieht sich auf biolumineszente Lebewesen in der Tiefsee in ihrem Stück „what shines beneath“. Beide Werke sind Kompositionsaufträge von Acht Brücken. Vier Festivaltage enden mit einer Lounge in der „kunstbar“, wo man sich mit den Künstlern austauschen kann.

Tickets gibt es mit wenigen Ausnahmen zu Wahlpreisen, wobei Fans der Neuen Musik, die weniger im Geldbeutel haben auch weniger bezahlen können. „Wer Brücken bauen will“, so Langevoort, könne auch mehr bezahlen. Der Vorverkauf hat schon begonnen. Am Samstag, 17. Mai gibt es im Rahmen von „Freihafen“ den Eintritt in die Konzerte sogar gratis.