Den momentanen „Sisi“-Boom hat Karen Duve nicht vorausgeahnt, als sie vor vier Jahren begann, an ihrem neuen Roman zu schreiben.
Karen Duve und ihr „Sisi“-RomanSo schwer hat es ihr die Kaiserin gemacht
„Dass diese Recherchen mir so viel Spaß machen würden, wusste ich vorher nicht“, erzählt Karen Duve beim Gespräch mit der Rundschau in Köln über ihren neuen Roman „Sisi“. Darin konnte sie gleich zwei ihrer Leidenschaften frönen: dem 19. Jahrhundert und interessanten Frauen.
Duve, 1961 in Hamburg geboren, gehört mit ihren Sachbüchern und Romanen seit Ende der 90er Jahre zu den bekanntesten deutschen Schriftstellerinnen. 2018 veröffentlichte sie mit „Fräulein Nettes kurzer Sommer“ über die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff erstmals einen Roman nach biografischen Motiven. Mit „Sisi“ über die legendäre österreichische Kaiserin folgte nun der zweite.
Focus auf die Pferdenärrin
Obwohl beide Bücher demselben Genre angehörten, sei der Entstehungsprozess ein völlig anderer gewesen, sagt sie. „Über Annette von Droste Hülshoff findet man wenig biografische Details. Da musste ich mich herantasten, indem ich über den Adel in Westfalen recherchierte. Mit Elisabeth von Österreich verhält es sich genau andersherum: Einmal mit der Recherche begonnen, wird man überschwemmt mit Informationen. Nicht nur mit Biografien, sondern auch Details aus erster Hand, etwa Tagebucheinträge von Zeitgenossen. Da bestand für mich die Herausforderung darin, erst einmal das Buch in der Historie zu finden.“
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Mehr zur „Kaiserin“
Klar, Romy Schneider ist Kult. Aber die Netflix-Serie „Die Kaiserin“ mit Devrim Lingnau in der Hauptrolle hat auch das Zeug dazu. Im Gegensatz zur behäbig-zuckrigen RTL+-Serie „Sisi“ mit Dominique Devenport wird hier mit sehr viel Ironie agiert – und vor allem konsequent auf die historischen Korrektheit á la „Downton Abbey“ gepfiffen. Natürlich gibt’s dazu die nötige Portion Kitsch und Herzschmerz, aber so präsentiert, dass man das gut verdauen kann. (HLL)
Zwei Ansätze haben sie verwerfen müssen, bis sie sich schließlich auf eine relativ kurze Zeitspanne gegen Ende der 1870er Jahre fokussiert habe. In dieser aber zeigt sich das, worauf es Duve ankommt: Sisi, die Pferdenärrin und begnadete Reiterin, die für ihre Passion sogar die höfischen Pflichten vernachlässigte. Dazu muss man wissen, wie es überhaupt zu dem Roman kam: Ursprünglich schwebte der Autorin ein Buch über Pferde vor. „So ein kleines Geschenkbüchlein, essayartig gestaltet. Doch als ich anfangen wollte, kamen zwei Bücher heraus, die genau das vorwegnahmen. Also überlegte ich mir, etwas über einen alten Reitmeister im 19. Jahrhundert zu machen. Bei meinen Recherchen dazu stieß ich mehrmals auf Kaiserin Elisabeth von Österreich und stellte schnell fest, dass sie die viel interessantere Person war.“
Der Impuls, „Sisi“ zu schreiben, war also, dass Duve keinem Trend folgen wollte. Das ist ihr zugegebenermaßen nicht ganz gelungen: Kurz vor Erscheinen des Buches war Elisabeth gleich dreimal Gegenstand einer Neuverfilmung: in den Serien „Sisi“ (RTL+) und „Die Kaiserin“ (Netflix) sowie dem Kinofilm „Corsage“. „Hätte ich das gewusst, hätte ich das Buch wohl nicht geschrieben“, kommentiert Duve trocken. Da das Buchprojekt aber insgesamt vier Jahre dauerte, war die Häufung für sie lange nicht absehbar.
Ein Sachbuch mit Ausschmückungen
Könnte sie sich vorstellen, auch mal eine Biografie als Sachbuch zu schreiben? „Nein!“, sagt sie entschieden und fügt hinzu: „Eigentlich ist das ja schon ein halbes Sachbuch. Wenn Sie fünf Prozent herausnehmen, ist alles, was übrig bleibt, mit Quellen belegbar.“
Doch es sind gerade diese fünf Prozent, die das Ganze für Duve erst reizvoll machen: „Als Romanautorin darf ich im Gegensatz zur Biografin mit Wahrscheinlichkeiten arbeiten. In dem Buch schildere ich etwa eine Begegnung zwischen Sisi und Queen Victoria, die tatsächlich stattgefunden hat. Worüber gesprochen wurde, kann man hingegen nur mutmaßen. Da konnte ich mir die Freiheit nehmen, zu überlegen: Was passierte damals gerade? Worüber hätten zwei Monarchinnen Smalltalk machen können?“
In Duves Schilderung von Sisi, die kein einfacher Mensch war, schwingt stets eine leise Ironie mit. Wie steht sie persönlich zu ihrer Protagonistin? „Ich liebe meine Figuren eigentlich immer, wobei Sisi es mir nicht ganz leicht gemacht hat. Sie hatte einfach manchmal so etwas Unreifes, fast schon peinliches an sich. Aber letztlich konnte ich sie immer verstehen – und habe sogar Seiten von mir selber an ihr entdeckt.“
Karen Duve: Sisi. Roman, Galiani Berlin, 416 S., 26 Euro