Ab März wird die aufwendig produzierte achtteilige Serie im Fernsehen ausgestrahlt. Allerdings: Rechte Begeisterung kommt bei der Rundschau nicht auf.
Laues LüftchenWas die TV-Fassung von Frank Schätzings „Der Schwarm“ zu bieten hat
Spätestens seit dem „Weißen Hai“ weiß man: Wenn die Kamera einen Schwimmer oder ein Boot von unten zeigt, bedeutet das nichts Gutes. Und da, mitten im Ozean, braut sich mächtig was zusammen: Muscheln mutieren, Meeressäuger greifen an. In Venedigs Kanälen breiten sich Quallen aus, und Krebse fallen Heuschrecken-gleich in Dörfer und Städte ein. Währenddessen fressen sich Bakterien durch Eisschichten, und das freigesetzte Methangas erzeugt Tsunamis.
Mehr als tausend Seiten lang beschwor Frank Schätzing vor fast 20 Jahren in „Der Schwarm“ einen Angriff der Meeresbewohner, mit dem sie sich gegen die Untaten der Menschheit zur Wehr setzen. Nun wurde der Bestseller als achtteilige Serie verfilmt, die ab März im ZDF zu sehen sein wird und von der jetzt die ersten drei Folgen ihre Premiere auf der Berlinale feierte (siehe Infos am Textende).
Kosten von 40 Millionen Euro
Über die Filmrechte wurde praktisch seit Erscheinen des Buches 2004 spekuliert. Hollywood sollte es sein, Schätzing träumte von Peter Jackson und George Clooney. Die Produktionsfirma von Uma Thurman und der Kölner Michael Souvignier erhielten 2006 den Zuschlag. Doch die Pläne versanken vermutlich in den Tiefen des Atlantiks. Nun wurde es also eine große TV-Serie. Aber was für eine?
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Die europäische Koproduktion soll wenigstens 40 Millionen Euro verschlungen haben (ein Drittel finanziert das ZDF), als Showrunner, also quasi Oberboss, fungierte Frank Doelger, der „Game of Thrones“-Erfahrungen mit ans Set brachte. Regie führten Philipp Stölzl („Der Medicus“), Barbara Eder („Barbaren“ bei Netflix) und der Brite Luke Watson („Criminal Justice“). Unterm Strich also viel Geld und eine Truppe mit Erfahrung.
Allein, rechte Begeisterung will sich nach sechs Folgen (die letzten beiden standen vorab nicht zur Verfügung) nicht einstellen.
Im Mittelpunkt stehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an verschiedenen Orten der Welt, denen Ungewöhnliches im Ozean auffällt. Da greifen Wale zunächst Fischer-, dann Ausflugsboote an. Und wer schon einmal an einer „Whale watching“-Tour teilgenommen hat, kann nachvollziehen, dass die Tiere davon mehr als nur genervt sind.
In einer französischen Sterne-Küche verspritzt ein Hummer eine Flüssigkeit, an der Koch und Gehilfen sterben. Und ein Pärchen in Südafrika wird beim Austausch von Zärtlichkeiten und Liebesbekundungen am Strand von marodierenden Krabben gestört.
Im TV
Im Fernsehen Die acht Folgen sind jeweils ca. 45 Minuten lang und wie folgt zu sehen: Im ZDF: 6. 3., 20.15 Uhr: Folge 1 /2 7. 3., 20.15 Uhr: Folge 3 / 4 8. 3., 20.15 Uhr: Folge 5 / 6 9. 3., 20.15 Uhr: Folge 7 /8 In der ZDF-Mediathek : 22. 2., ab 10 Uhr: Folge 1 - 3 1. 3., ab 10 Uhr: Folge 4 - 6 8. 3., ab 10 Uhr: Folge 7 8. Alle Teile sind danach ein Jahr lang in der Mediathek abrufbar. (HLL)
Solche und ähnlich mehr oder minder gruselige Szenen stehen eher am Anfang oder Ende einzelner Folgen. Der Großteil dazwischen gehört Forschern, Ärzten und Fachleuten– sowie industriellen Bösewichten.
In Schätzings Buch machte dies einen Teil der Faszination aus: Das Weltuntergangs- beziehungsweise Weltüberflutungsszenario war wissenschaftlich fundiert, Berichte aus den Forschungslaboren bekamen Thriller-Qualität. Bei der Verfilmung wird man das Gefühl nicht los, dass das alles bloß nicht zu reißerisch, weil ja möglicherweise unterhaltsam daherkommen darf. Und so werden optische Zwischenstufen eingebaut: Wenn etwa ein Unterwasserroboter die von Würmern angefressene Eisschicht erkundet, schaut der Zuschauern den Akteuren auf dem Forschungsschiff beim Betrachten eines Monitors über die Schulter.
Die Figuren, von denen einige für die Serie neu geschaffen und bereits bekannte diverser angelegt wurden, sind eher studierte Aktivisten denn Actionhelden. Leonie Benesch gibt eine burschikose, auf die Shetland Inseln strafversetzte Doktorandin Charlie Wagner, die mit ihrer Professorin (Barbara Sukowa) hadert. Joshua Odjick verleiht dem kanadischen Walforscher Leon Anawak, der den First Nations angehört, eine Skateroptik. Und die Rolle des Norwegers Sigur Johanson spielt der gebürtige Schwede Alexander Karim, dessen Familie aus Uganda stammt. Und so entsteht eine muntere Truppe, die in der Originalfassung in ihren jeweiligen Muttersprachen kommuniziert.
Neue Allianzen schmieden
Da wird beobachtet, diskutiert, werden Rettungspläne und neue Allianzen geschmiedet. Zwischendurch gibt es auch Zeit für den einen oder anderen – für die Geschichte letztlich aber irrelevanten – hormonellen Austausch. Die Dialoge sind in der deutschen Synchronisation hölzern, bisweilen von einer betulichen Ökoromantik geprägt. Und dass sich die Nachrichten über die parallelen Angriffe aus dem Meer nicht rasant über die sozialen Medien verbreiten, sondern mühsam von der Wissenschaft zusammengetragen werden muss, mag man sich im Jahr 2023 nicht so recht vorstellen können.
So dümpelt „Der Schwarm“ in den ersten sechs Folgen eher gemütlich vor sich hin. Selbst der im Buch eindrucksvoll beschriebene Tsunami kostet zwar einer Reihe sympathischer Charaktere das Leben, bringt aber den Verlauf der Geschichte nicht auf Trab. Schätzing ließ das Drama in den Köpfen der Leser entstehen, die Verfilmung bleibt dies den Augen schuldig.