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Banale Reise im Schauspiel KölnWarum „Rimini Protokoll“ nicht überzeugen kann

Lesezeit 3 Minuten
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Auf Feldbetten kann man in der Kunststation St. Peter einer Meditation lauschen. 

Köln – „Eine Gesellschaft, in der tatsächlich jeder einzelne Mensch in seiner oder ihrer Individualität nicht nur akzeptiert oder toleriert, sondern geachtet und geschätzt wird – und in der wir wirklich einander in all unserer Schönheit und Unterschiedlichkeit feiern, das wäre meine Utopie.“ Penelope Finke betreibt mit ihrer Partnerin Nike Roos das charmante Lädchen „kölnknipse“, in dem sie selbstgeschossene Fotos verkaufen. An diesem Abend sind sie aber auch Teil des Projektes „Utopolis Köln“, das die Gruppe Rimini Protokoll im Auftrag des Kölner Schauspiels kreiert hat.

Arbeit, Geld, Verkehr und Glaube

Und darum geht’s: Rund 300 Zuschauer werden in 48 Gruppen aufgeteilt und per SMS-Anweisung zu einem der Startpunkte geschickt – das sind kleinere und große Geschäfte, Galerien, Agenturen, Büros in der Innenstadt. Von diesen Punkten aus werden die Kleingruppen auf eine Tour zu vier Stationen geschickt, die die Themen Arbeit (Handwerkskammer), Verkehr (KVB-Haltestelle Heumarkt), Geld (Kreissparkasse) und Glaube (Kunststation Sankt Peter) abdecken. An jedem Ort hört man Menschen zu, die meistenteils dort beheimatet sind und die sich zu Fragen äußern, die sich um die Utopie eines lebenswerten oder auch lebenswerteren Köln drehen – auf der Basis von Thomas Morus’ 500 Jahre alten Roman „Utopia“, auf den sich die Beiträge immer wieder beziehen.

Auf einen Blick

Das Stück Ein Konzert aus Stimmen, die sich Gedanken über das Morgen machen, dabei aber meist auf der Stelle treten.

Die Inszenierung Rimini Protokoll schickt das Publikum auf eine perfekt choreographierte Reise durch die Stadt. Durch die Form geht der Inhalt verloren. (HLL)

So erzählen unter anderem Garrelt Duin, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, und zwei seiner Mitarbeiterinnen etwa über zukünftige Berufe oder solche, die dem Untergang geweiht sind – oder vielleicht unverhofft ein Comeback feiern. Architekt Ulrich Coersmeier berichtet von seiner Arbeit an der futuristischen U-Bahnhaltestelle Heumarkt. Und Küsterin Ursula Mussenbruck lädt in der Kunststation in einer esoterisch-religiös verquarzten Meditation zur Auseinandersetzung mit Glauben ein.

Zu sehen bekommt man diese Frauen und Männern nicht, ihre Stimmen erklingen aus kleinen tragbaren Boxen, die jede Gruppe an ihrem Ausgangspunkt in die Hand gedrückt bekommt und von Ort zu Ort mitnehmen muss. Außerdem meldet sich auf diesem Weg auch immer wieder eine weibliche Stimme, die der Gruppe sagt, wann sie weitergehen muss. Das „Wohin“ erfährt man durch kleine Stadtpläne, die von jedem Punkt zum nächsten führen. Der Abend endet auf dem obersten Deck des Parkhauses an der Brüderstraße, wo erstmals alle Gruppen aufeinandertreffen.

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Bis zu diesem Finale, das wohl einen der hässlichsten Ausblicke Kölns bietet, sind drei Stunden vergangen. 180 Minuten, in denen die Organisation wie am Schnürchen lief – aber was blieb eigentlich inhaltlich hängen? Unterm Strich: Auf die mächtige Bugwelle, die dieser zuvor in Manchester und St. Petersburg gezeigte Stadtspaziergang vorab produzierte, folgte am Ende des Tages nur ein laues Plätschern. Gewiss, man hört viel Interessantes (wenn es nicht in Klangcollagen ersäuft wird), aber nichts Verblüffendes. Und auch die Ankündigung, aus den SMS, die die Teilnehmenden an eine Nummer schicken sollten, entstehe ein großer gemeinsamer Text, entpuppte sich als Bluff: Im Parkhaus wurden frisch bedruckte Karten mit einzelnen Sätzen verteilt.

Drei Stunden vs. drei Minuten

Dazu erzeugt das süßliche Stimmchen, das als Moderatorin durch den Abend führt, bei jedem, der nicht unbedingt Fan davon ist, seinen Namen zu tanzen, immer wieder Fremdschämmomente. „Stell dir vor, du bist im Dschungel...“ – „Schaut Euch in die Augen...“ – „Können wir alle zusammen die Welt verändern?“

Das ist sicherlich nicht unmöglich, aber nicht durch einen solchen letztlich banalen Abend, der mit drei Stunden noch dazu viel zu lang ist. Zum Vergleich: John Lennon hat das mit „Imagine“ in drei Minuten geschafft.

180 Minuten, wieder am 17., 21., 23. und 30.9.