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„Wir sparen nicht gegen die Krise an“Der Haushaltsetat der Stadt Köln 2023/2024

Lesezeit 4 Minuten

Symbolbild

Köln – Große Ungewissheit, aber kein Grund zur Panik: Das ist, salopp gesagt, die Quintessenz der finanziellen Situation der Stadt Köln. Knapp sechs Monate nach dem russischen Überfall auf die Ukraine, der Energie und Rohstoffe stark verteuert hat, stellte Stadtkämmerin Dörte Diemert am Mittwoch den Doppel-Haushalt für 2023 und 2024 im Rat vor. Das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts ist in weite Ferne gerückt, die Stadt nimmt mehr Kredite auf und verzehrt bis 2027 rund 714 Millionen Euro Eigenkapital. Große Kürzungen soll es vorerst nicht geben. „Wir sparen nicht gegen die Krise an“, betonte Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Ein Überblick.

Der Doppelhaushalt im Entwurf.

Einnahmen

Die Erträge steigen laut Haushaltsplanentwurf 2023 leicht auf 5,33 Milliarden Euro (Vorjahr 5,24) und 2024 auf 5,5 Milliarden. Bei den Steuereinnahmen erwartet die Kämmerin ein kräftiges Plus.

Kommentar zum Haushaltsetat - von Jens Meifert

Mit guter Laune wird derzeit keine Kämmerin den Haushaltsplan vorlegen. Die Krisenlagen sind allgegenwärtig und sie stellen auch die Stadt Köln vor gewaltige Herausforderungen. Dennoch: Bislang ist Köln vergleichsweise gut durch Pandemie, Belastungen durch Flüchtlingsströme und Preissteigerungen gekommen. Dass liegt an einer breit gefächerten Wirtschaftsstruktur und an der ungebrochenen Dynamik einer florierenden Metropole.

Die Verwaltung gibt in den nächsten Jahren da mehr Geld aus, wo es dringend notwendig ist, unter anderem bei den Schulbauten. Dazu gibt es keine Alternative. Die Kehrseite: Die Schulden steigen weiter, und auch das Eigenkapital wird angeknabbert. Und das vor einem Herbst, der weitere und vielleicht noch größere Herausforderungen mit sich bringt. Vor diesem Hintergrund muss die Stadt dringend ihre Großbaustellen in den Griff bekommen und genau prüfen, was sie stemmen kann. Eines steht fest: Alles gleichzeitig geht nicht. Einfacher werden die Zeiten vorerst nicht. (mft)

Nach 2,515 Milliarden Euro in diesem Jahr rechnet sie 2023 mit 2,73 Milliarden, 2024 mit 2,834 Milliarden. Die Gewerbesteuer entwickele sich derzeit „sehr erfreulich“, erklärte Diemert. Bei der Etat-Aufstellung habe man „kein Szenario eines gravierenden Wirtschaftseinbruchs eingepreist“, sondern ein „moderates, sehr vorsichtiges Szenario genommen. Sollte die Gewerbesteuer gravierend einbrechen, müssten wir reagieren.“

Andere Ertragsquellen fallen geringer aus. Die Schlüsselzuweisungen des Landes gehen von 531,1 Millionen (2022) auf 472,1 (2023) beziehungsweise 492,9 Millionen (2024) zurück.

Ausgaben

Sie steigen kräftig um rund 240 Millionen pro Jahr auf die neuen Rekordwerte von 5,52 Milliarden Euro in 2023 und 5,76 Milliarden in 2024 (siehe Grafik). Hohe Mehrkosten entstehen bei den Sozialen Hilfen sowie durch den Ausbau von Kitas und Schulen. Als Folge des Ukraine-Kriegs kostet die Unterbringung von Geflüchteten rund 45 Millionen Euro mehr pro Jahr. Für steigende Energiekosten städtischer Gebäude stehen 2023 7,8 Millionen Euro zusätzlich bereit, 2024 9,0 Millionen und ab 2025 je 13,0 Millionen. Für höhere Zinsen sind 10 Millionen pro Jahr eingeplant.

Defizit

„Es sind tiefrote Zahlen, die wir Ihnen präsentieren“, räumte Diemert ein. Das Defizit steigt auf 191,7 Millionen Euro (2023) , dann auf 256,2 Millionen (2024). Dieses Jahr werden 227,7 Millionen Minus erwartet. Davon sind jedoch 190,3 Millionen Euro Corona-bedingte Lasten. Sie werden nicht im Haushalt verbucht, die Stadt muss sie trotzdem bezahlen. Die Möglichkeit, sie zu isolieren, bestehe ab 2023 wohl nicht mehr, weshalb sich das Defizit sprunghaft erhöhe, so Diemert. Laut Mittelfrist-Planung nähert sich der Etat erst 2027 wieder der schwarzen Null. Reker sagte: „Es war immer mein Ziel, einen ausgeglichenen Haushalt darzustellen in meiner Amtszeit. Ich habe jetzt zum Ende sehen müssen, dass das wahrscheinlich nicht möglich sein wird.“

Schulden

Ende 2021 stand die Stadt mit 2,2 Milliarden Euro in der Kreide – rund 2031 Euro pro Einwohner. Bis Ende 2022 steigen die Schulden laut Plan auf 3,1 Milliarden. 2024 sollen es bereits 5,0 Milliarden sein und 2027 sogar 7,2 Milliarden. Ein Teil der Kredite wird für Investitionen aufgenommen, der Rest um zahlungsfähig zu bleiben. Das Eigenkapital der Stadt schrumpft von aktuell 5,4 Milliarden Euro bis 2027 auf 4,6 Milliarden. Die Gefahr, wegen zu hoher Neuverschuldung in die Haushaltssicherung zu geraten, besteht laut Diemert nicht. Sie betonte aber: „Es gibt keine Spielräume für zusätzliche Belastungen des Haushalts.“

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Steuersätze

Grund- und Gewerbesteuer werden trotz der angespannten Lage nicht erhöht.

Personal

Die Personalkosten für die mehr als 22 000 Beschäftigten der Stadtverwaltung steigen 2023 auf 1,32 Milliarden Euro und werden 2027 laut Plan 1,43 Milliarden betragen.

Akzente

Man nehme zusätzliche Mittel in die Hand, um weiter in Zukunftsfelder wie Klima-, Energie- und Mobilitätswende, Bildung und Digitalisierung investieren zu können, so Reker. Für den öffentlichen Nahverkehr stellen Stadt und KVB in 2023/2024 mehr als 533 Millionen bereit. In den Schulbau sollen 790 Millionen fließen.