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Weniger EinfamilienhäuserStadt Köln macht ernst mit Erbbaurecht – was sich nun ändert

Lesezeit 4 Minuten
Einfamilienhaeuser-Widdersdorf

Weniger Einfamilienhäuser wie hier in Widdersdorf, dafür mehr Geschosswohnungsbau im Erbbaurecht will die Stadt verwirklichen. 

Köln – Die Idee ist nicht neu, war bereits diverse Male angekündigt. Hinter den Kulissen arbeitet die Verwaltung bereits seit Jahren an einer Umsetzung. Doch nun, kurz bevor es wirklich ernst werden soll, schlagen die Wellen hoch.

Es geht um das Erbbaurecht. Die Stadt will künftig weniger Grundstücke zur Bebauung verkaufen und statt dessen mehr als Erbbaurecht vergeben. Insbesondere bei mehrgeschossigen Mietwohnungen soll „vorrangig“ nur noch das Erbbaurecht zum Zuge kommen. „Wir wissen, dass das teilweise für Verunsicherung sorgt. Aber es ist ein gutes Instrument zur Mietpreisdämpfung, und wir sollten es jetzt angehen“, sagt Umwelt- und Liegenschaftsdezernent William Wolfgramm.

Paradigmenwechsel bei der Grundstücksvergabe

Genauer gesagt, in der nächsten Ratssitzung am 17. März. Dann kommt eine Vorlage der Liegenschaftsverwaltung dazu auf den Tisch. Die Zustimmung des Ratsbündnisses aus Grünen, CDU und Volt gilt als sicher. Wolfgramm zeigte sich „sehr optimistisch“, dass sie das Gremium passieren wird.

Städtische Grundstücke

12 Prozent beträgt laut laut einer Mitteilung der Verwaltung für den Liegenschaftsausschuss der Anteil der Stadt bei Grundstücksverkäufen für den Geschosswohnungsbau, bezogen auf die reine Fläche. Die Vorlage zur „vorrangigen Anwendung des Erbbaurechts“ betrifft ausschließlich Grundstücke im Eigentum der Stadt Köln. Nur dort steht ihr eine „Regelungsbefugnis“ zum Erbbaurecht zu. Privater Besitz ist nicht betroffen.

Auch Großprojekte wie die Parkstadt-Süd oder Kreuzfeld könnten demnach unter die neue Regelung fallen. So gehört der Grund für die Parkstadt-Süd „weit überwiegend“ der Stadt, beim geplanten neuen Stadtteil Kreuzfeld „zu einem erheblichen Teil“, wie eine Stadt-Sprecherin mitteilte.

Dagegen würden die Flächen im Deutzer Hafen nicht von der Stadt direkt, sondern über Tochtergesellschaften gehalten. Darüber hinaus gebe es im Deutzer Hafen auch private Eigentümer. (two)

Es ist ein Paradigmenwechsel bei der Grundstücksvergabe. Verkauft soll nur noch dort werden, wo es „städtebaulich Sinn macht“. Konkret geht es darum, für die ersten 60 Jahre der auf 80 Jahre angelegten Erbbaurechte einen Zinssatz von jährlich 1,5 Prozent des Grundstückswertes zu erheben, wenn mindestens 30 Prozent öffentlich geförderter und mindestens 20 Prozent preisgedämpfter Wohnungsbau realisiert wird. Damit bleibt der Antrag deutlich unter der bereits 2020 angepeilten und angekündigten Dauer von 80 bis 99 Jahren. Während der ersten 60 Jahre sollen die Mieten sowohl bei den geförderten als auch bei den preisgedämpften Wohnungen nur moderat und „im Zusammenhang mit der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes“ steigen. Die Eingangsmiete beträgt bei den preisgedämpften Wohnungen nicht mehr als zehn Euro kalt für den Quadratmeter. Die frei finanzierten Wohnungen unterliegen keiner Beschränkung.

Lücke in den mittleren Preislagen?

Die Kritik ließ nicht lange auf sich warten. Wenn 50 Prozent der Wohnungen gefördert oder preisgedämpft sind, würden die restlichen umso teurer, argumentiert beispielsweise der Haus- und Grundbesitzerverein. Dass es einen derartigen „Impuls“ geben könnte, hält Wolfgramm für möglich, aber nicht wahrscheinlich. Und selbst wenn: „Es gibt ja auch dafür einen Markt.“ Was wiederum, so Thomas Tewes von Haus und Grund, eine klaffende Lücke in der mittleren Preislage hinterließe. Er ärgert sich im Übrigen darüber, dass in einer Mitteilung der Stadt vom intensiven „Austausch mit den Akteuren des Wohnungsforums“ die Rede war – von einer Einigung sei man in den zwei Malen, in denen das Thema zur Debatte stand, sehr weit entfernt gewesen.

Dass es zu wenig bezahlbaren Wohnraum in Köln gibt, darüber sind sich alle einig. Über den Weg, diesen Mangel zu beheben, wird seit Jahren gestritten. Dass die CDU, vom Grundsatz her Eigentums-Verfechterin, hier mitspielt, erstaunt nur auf den ersten Blick: Das Erbbaurecht war von vornherein in den Bündnisgesprächen für die Ratsmehrheit eingepreist. „Wir wollen Gestaltungsfreiräume für künftige Generationen erhalten und mit dazu beitragen, die Mietpreise zu stabilisieren. Genau darauf zielt diese Vorlage ab, die wir sehr begrüßen. Auch deshalb, weil wir uns in den vergangenen Wochen und Monaten sehr eng mit den unterschiedlichen Akteuren der Wohnungswirtschaft ausgetauscht haben“, sagt Ira Sommer (CDU), Vorsitzende des Liegenschaftsausschusses. Man sorge für Generationengerechtigkeit, wenn Grundstücke nicht veräußert würden, sondern im städtischen Besitz blieben.

Wohnungsbau könnte tatsächlich billiger werden

Dass Banken bei der Kreditvergabe für Wohnungen im Erbbaurecht zögern, ist nicht neu. Erst recht, wenn die Laufzeit relativ kurz ist wie jetzt geplant. Attraktiv ist der Grund, nicht das, was darauf steht – so zumindest die klassische Bankierslogik. Andererseits sind eben die Grundstückspreise ein wesentlicher Preistreiber bei neuen Wohnungen. Rein theoretisch könnte der Wohnungsbau also tatsächlich billiger werden. Bleibt abzuwarten, ob sich das Instrument bewährt oder nicht – dass Investoren deshalb abspringen könnten, hält man bei der Stadt für unwahrscheinlich.

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Ebenfalls in der Sitzung am 17. März wird der Rat im Übrigen über das Maßnahmenpaket Klimaschutz entscheiden. Darin enthalten: Auflagen für Neubauten wie Solaranlagen, die (momentane) Energieeffizienzklasse 40 oder „hoher baulicher Standard“. Umzusetzen ab Anfang April, je nach Bauleitplan. Auch für Bauten im Erbbaurecht.