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Vor Mammutprozess in KölnRichter verschärft Vorwürfe im Fall Thomas Drach

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Brandermittler untersuchten ein Fluchtauto nach dem Überfall auf den Geldtransporter am Kölner Flughafen.

Köln – Der Geldbote wurde von der Kugel am linken Bein getroffen, eine Oberschenkelvene zerfetzt, der Mann verlor fast zwei Liter Blut und musste notoperiert werden. Der Angestellte einer Sicherheitsfirma war nach dem Angriff mit einer Kalaschnikow am Flughafen Köln/Bonn am Aschermittwoch 2019 dem Tod näher als dem Leben.

Überfall am Flughafen Köln/Bonn könnte als versuchter Mord verhandelt werden

Dies sieht offenbar die zuständige Kammer im anstehenden Prozess um den früheren Reemtsma-Entführer Thomas Drach auch so. Der Überfall könnte als versuchter Mord gewertet werden. Darauf hat das Landgericht in Köln am Donnerstag in seinem Eröffnungsbeschluss zur Hauptverhandlung hingewiesen, wie ein Sprecher sagte. Demnach sieht die zuständige Kammer bei dem Raubüberfall auf einen Geldtransporter am Kölner Airport einen hinreichenden Tatverdacht für ein versuchtes Tötungsdelikt. Mordmerkmale seien Habgier und Verdeckung einer Straftat. Insofern gehe die rechtliche Bewertung der Kammer hier über die Anklage der Staatsanwaltschaft hinaus, die diese Tat als gefährliche Körperverletzung angeklagt hat.

Prozess um Thomas Drach und einen Mittäter startet am 1. Februar

Der Prozess gegen Drach und einen mutmaßlichen Mittäter soll am 1. Februar beginnen. Drach werden insgesamt vier Raubüberfälle auf Geldtransporter in Köln, Frankfurt am Main und Limburg vorgeworfen. Die Tat in Frankfurt hat die Staatsanwaltschaft als versuchten Mord angeklagt. Dort soll Drach einen Geldboten durch einen Schuss mit einem Revolver schwer verletzt und dessen Tod billigend in Kauf genommen haben. Bei dem Überfall in Köln soll der im nahe gelegenen Erftstadt geborene Drach ebenfalls auf einen Wachmann geschossen haben. Drach war im Februar 2021 in Amsterdam festgenommen worden.

Prozess voraussichtlich bis September 2022

Für den Prozess hat das Gericht bisher 53 Verhandlungstage bis Ende September angesetzt. Doch bei einem Prozess dieser Kategorie ist es wahrscheinlich, dass weitere Termine anberaumt werden. Für den Prozess würden erhebliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen, unter anderem könne es rund um das Justizzentrum zeitweise Straßensperrungen und Probleme im Berufsverkehr kommen, teilte ein Gerichtssprecher mit. Schon jetzt stehen am Gericht Halteverbotsschilder – erste Hinweise auf den Mammutprozess. Es wird erwartet, dass Drach mit einem Hubschrauber an die Luxemburger Straße vom „Klingelpütz“ in Ossendorf geflogen wird. In der Regel landet der Hubschrauber auf dem Parkplatz der Kölner Staatsanwaltschaft. Ob Drach tatsächlich mit dem Hubschrauber oder mit einem schusssicheren Polizeiwagen gebracht wird, wird nach einer Gefährdungsanalyse der Sicherheitsbehörden entschieden.

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Vor dem Prozess muss Thomas Drach einen PCR-Test in der Justizvollzugsanstalt machen. Dies verlangen die Richter derzeit in Köln bei allen Prozessen – so auch bei dem ehemaligen Reemtsma-Entführer. 1996 hatte Drach zusammen mit Komplizen den Erben der Hamburger Tabak-Dynastie Reemtsma, Jan Philipp Reemtsma, entführt und nach 33 Tagen wieder freigelassen – gegen 15 Millionen D-Mark und 12,5 Millionen Schweizer Franken Lösegeld. Dafür verurteilte ihn das Hamburger Landgericht zu vierzehneinhalb Jahren Gefängnis. Das Drach-Verfahren wird Richter Michael Bern leisten. Der 59-Jährige ist seit 29 Jahren Richter und zählt zu den erfahrensten Kräften des Landgerichtes. Bern wird beschrieben als ruhig, sachlich und als Vorsitzender, der sich nicht aus der Ruhe bringen lässt. „Er ist ein Vollprofi“, heißt es. Bern hat bereits große Prozesse geleitet, darunter das Verfahren um eine Schießerei am Kölner Großmarkt.