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Streit um KeffiyehZutritt mit Palästinensertuch an der Uni verwehrt – Uni: „Es gibt kein Verbot“

Lesezeit 4 Minuten
Ein Mann mit Keffiyeh, dem Palästinensertuch, hier bei einer Demonstration in Frankfurt.

Ein Mann mit Keffiyeh, dem Palästinensertuch, hier bei einer Demonstration in Frankfurt.

Die Uni teilt mit: Ein Verbot gebe es nicht. Dennoch kam es immer wieder zu ähnlichen Vorfällen. Eine Betroffene berichtet.

Wie eine Kriminelle und Aussätzige habe sie sich gefühlt, als ihr während der Semesterferien das erste Mal der Zugang zum Hauptgebäude der Universität zu Köln verwehrt wurde, erzählt Mona (Name geändert). Der Grund, den ihr das Sicherheitspersonal am Eingang nannte: Mona und einige ihrer Kommilitonen trugen an diesem Tag eine Keffiyeh, im deutschsprachigen Raum auch bekannt als Palästinensertuch. Mona ging mit dem Tuch in der Uni schon viele Male ein und aus. Nie habe es vorher ein Problem damit gegeben. Die Keffiyeh gehört zur Kultur in der arabischen Welt, nicht nur in Palästina. Während des Nahost-Konfliktes hat sich die Keffiyeh aber auch zu einem Symbol für die Palästinenser entwickelt. „Es ist ein Zeichen der Solidarität“, erklärt Mona im Gespräch mit der Rundschau. Der Schock sei groß gewesen, als sich die Fälle häuften, in denen auch andere Studierende mit Keffiyeh vom Sicherheitspersonal gestoppt wurden.

Von wem zu welchem Zeitpunkt welche Anordnung kam, ist für die Studierenden nach wie vor ein Rätsel. Auf Anfrage der Rundschau teilt die Uni mit: „Es gibt an der Universität zu Köln kein Verbot, das sich auf bestimmte Kleidungsstücke bezieht, auch kein Verbot der Keffiyeh. Den entsprechenden Vorgang erörtern und bewerten wir zurzeit.“

Und dennoch kam es zu den beschriebenen Vorfällen. Ein Video, das die Kanäle „campforpalestine_koeln“, „studentsforpalestinekoeln“ und „palaestina.soli.koeln“ am Dienstag auf Instagram veröffentlichten, zeigt einen dieser Fälle. Zur Einordnung: Einige dieser Kanäle verbreiteten in der Vergangenheit neben israelkritischem Protest auch eine Solidaritätserklärung, in der unter anderem Massen-Vergewaltigungen und die Ermordung von Babys beim Massaker am 7. Oktober 2023 bestritten werden.

Studierende mit Keffiyeh: Unverständnis gegenüber Sicherheitschef

Die Studierenden hätten mehrfach um ein Gespräch mit dem Rektor gebeten. Und darum, ihnen ein Verbot schriftlich vorzulegen. Er sei den Studierenden keine Auskunft schuldig, habe der Chef des Sicherheitsdienstes geantwortet. „Als wir dann über einen anderen Eingang ins Gebäude kamen, hat uns der Sicherheitschef gedroht, er schubse uns raus, sollten wir die Uni nicht freiwillig verlassen. Weil wir uns in der Situation sehr unwohl gefühlt haben, sind wir dann gegangen“, beschreibt Mona. Als die Studierenden das Sekretariat des Rektorats um eine Erklärung baten, habe es nur geheißen: Von einem Verbot wisse man nichts.

Mittlerweile können Mona und ihre Kommilitonen die Uni auch mit Keffiyeh wieder betreten. Was genau dazu geführt hat, ist unklar. Wichtig ist Mona und ihren Mitstudierenden: Das Unverständnis richtet sich nicht gegen alle Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes, sondern nur gegen ihren Vorgesetzten. „Es gab Mitarbeiter, die sich bei uns entschuldigt haben“, erinnert sich Mona. „Sie haben gesagt, dass sie nichts gegen uns haben, aber die Anweisungen ausführen müssen. Wir haben gemerkt, dass sie sich in der Situation sehr unwohl gefühlt haben und in Anwesenheit ihres Chefs sehr unsicher wirkten.“

Bei Großveranstaltungen setzt die Uni schon lange Sicherheitskräfte ein, einen ständigen Sicherheitsdienst hatte die Uni vor gut einem Dreivierteljahr eingeführt, weil sich Störungen häuften - auch in Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt. Zuletzt sei es laut Uni beispielsweise zu Farbattacken auf der Rückseite des Hauptgebäudes gekommen. Zuvor kam es im Rahmen des Besuchs des israelischen Botschafters Ron Prosor zu einer solchen Attacke. Der Sicherheitsdienst konnte in einem anderen Fall Sachbeschädigungen durch Steinwürfe verhindern. Die Uni teilt mit: „Grundsätzlich gilt: Wir sind den Kollegen vom Sicherheitsdienst dankbar, dass sie Störungen des Universitätsbetriebs und Sachbeschädigung verhindert haben, auch im Rahmen der Erstsemesterbegrüßung am Montag.“

Kundgebung am Donnerstag

Im Juli hatten pro-palästinensische Demonstrierende den Haupteingang am Albertus-Magnus-Platz blockiert. Die Polizei musste die Demonstrationen räumen. Die Aktivisten kritisieren seit Monaten die Zusammenarbeit der Uni mit „israelischen Kooperationspartnern“ und fordern dazu auf, „den fortlaufenden Genozid an den Palästinensern anzuerkennen“. Im Sommer hatten pro-palästinensische Demonstrierende mit einem Camp an der Uniwiese gegen die Haltung der Uni protestiert.

Auch am Donnerstag riefen pro-palästinensische Aktivisten an der Uni zu einer Kundgebung auf. Auf dem Albertus-Magnus-Platz versammelten sich rund 150 Menschen. Auf der anderen Seite des Platzes kamen wenige pro-israelische Gegendemonstranten zusammen.