- Die Türkei will in Deutschland Schulen gründen. Das bestätigte das Auswärtige Amt und die NRW-Landesregierung.
- Nicht ungewöhnlich: Es gibt 140 deutsche Schulen im Ausland.
- In Deutschland herrscht trotzdem bereits eine Debatte und Sorge – alle Hintergründe.
Köln – Die Vorsitzende der deutsch-türkischen Parlamentariergruppe, Sevim Dagdelen, nannte es in einer ersten Stellungnahme „fatal, dass die Bundesregierung mit Erdogan über die Eröffnung eigener Privatschulen in Deutschland verhandelt, während der türkische Autokrat die kritische Intelligenz seines Landes ins Gefängnis oder Exil treibt“. Der türkische Staatspräsident polarisiere und spalte die Gesellschaft. „Seine Schulen sind Gift für die Integration und Demokratie“, meinte die Linken-Politikerin.
Dagegen betonte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes, alle Ersatzschulen stünden unter der Aufsicht des jeweiligen Bundeslandes und müssten ihren Unterricht entsprechend den Landesgesetzen durchführen. NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer stellte ebenfalls klar: „Wer in Nordrhein-Westfalen Schule machen will, muss sich an die Spielregeln des NRW-Schulgesetzes halten.“ Für alle Schulen gelte das uneingeschränkt. Dessen Einhaltung werde von den Schulaufsichtsbehörden überwacht. Nichts anderes sei die Verhandlungsgrundlage mit der Türkei. „Es gibt keinen ,diplomatischen Rabatt’“, stellte die FDP-Politikerin klar.
Ankara fordert Gleichbehandlung
Im Hintergrund steht die türkische Forderung nach einer formalen Gleichbehandlung. Um ihren Plänen für drei türkische Schulen in Deutschland Nachdruck zu verleihen, hatte Ankara im Sommer 2018 die Deutsche Schule in Izmir von Polizisten besetzen und vorübergehend schließen lassen, weil es sich um einen angeblich „illegalen“ Schulbetrieb handele. Das Auswärtige Amt bestätigte die aktuellen Verhandlungen und verband dies mit dem Hinweis, dabei gehe es auch um gegenseitige Rechtssicherheit. Nach Auskunft von Gebauer geht es sogar in erster Linie um den Status der drei Deutschen Schulen in der Türkei.
Außenminister Heiko Maas (SPD) ist davon überzeugt, dass an den drei türkischen Schulen niemals Dinge unterrichtet werden können, die nicht mit den Werten in Deutschland übereinstimmen. „Wenn die Schulaufsicht Zugriff hat, dann kann man darüber konstruktiv mit der Türkei sprechen.“Der Türkei wäre es schon jetzt möglich, Privatschulen in Deutschland auf den Weg zu bringen, in denen junge Menschen außerhalb der Schulzeiten unterrichtet werden. Bei Ersatzschulen erfüllen sie jedoch ihre Schulpflicht und können allgemein anerkannte Schulabschlüsse erreichen. Beim Personal haben solche von einem Trägerverein unterhaltenen Schulen zwar weitgehend freie Hand, nicht jedoch bei den Unterrichtsinhalten. Dafür übernimmt der Staat dann auch einen Großteil der Kosten.
140 deutsche Schulen im Ausland
Im Bundesverwaltungsamt gibt es eine eigene „Zentralstelle für das Auslandsschulwesen“. Von den hier beschäftigten 105 Mitarbeitern in Bonn und Berlin werden weltweit unter anderem 1200 Lehrkräfte an Deutschen Auslandsschulen betreut. Es handelt sich dabei um insgesamt 140 Deutsche Schulen mit 84.000 Schülerinnen und Schülern. Davon haben gut 20.000 die deutsche Staatsangehörigkeit, alle anderen sind Ausländer, die sich für Deutschland, die deutsche Sprache und einen Unterricht interessieren, der zum Teil auf Deutsch abläuft.
Die Zahl der Deutschen Schulen im jeweiligen Land ist sehr unterschiedlich. Sie sind jedoch auf der ganzen Welt vertreten, von Ägypten über Afghanistan bis nach Vietnam. Nach Auskunft der Zentralstelle existieren weltweit mehr als 1800 miteinander vernetzte Schulen, in denen Deutsch einen besonders hohen Stellenwert habe.
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Für die Unionsfraktion im Bundestag forderte der stellvertretende Vorsitzende Thorsten Frei, es müsse „in jedem Fall sichergestellt sein, dass Schulen, die aus der Türkei in Deutschland betrieben werden, frei von jeder ideologischen und politischen Einflussnahme des türkischen Staates bleiben“. Nach seiner Einschätzung erfüllten die Deutschen Schulen in der Türkei einen „sehr spezifischen Zweck“, indem sie sich an das deutsche Botschaftspersonal richteten. „Um mehr kann es auch nicht in Deutschland gehen“, unterstrich der CDU-Politiker.
Gebauer betonte, dass die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen seien. Sie wurden dem Vernehmen nach bereits im Sommer vergangenen Jahres aufgenommen. Auf eine zeitliche Perspektive für den Abschluss der Gespräche über einen ersten vorliegenden Entwurf wollte sich ein Sprecher des Auswärtigen Amtes nicht festlegen. Vergleichbare Bildungsabkommen habe Deutschland bereits mit mehr als 20 anderen Staaten abgeschlossen.