Köln – „Möchtest Du mich heiraten?“, übersetzte die Dolmetscherin den Antrag des Angeklagten (34) aus dem Niederländischen. Die Zeugin (32), an die der Antrag gerichtet war, sagte gerührt: „Ja, ich will.“ Für einen Heiratsantrag gibt es romantischere Orte als Saal 210 im Landgericht und romantischere Umstände als einen Prozess wegen versuchten Mordes. Dem muss sich seit vergangener Woche der 34-Jährige stellen. Er soll im Mai einen Nebenbuhler in den Königsforst gelockt, ihm eine unbekannte Flüssigkeit ins Gesicht geschüttet und ihm mit einem scharfkantigen Gegenstand lebensgefährliche verletzt haben. Der Geschädigte wäre fast verblutet, so die Anklage.
Aussage der Zeugin nicht von großer Relevanz
Wie es zu dem Heiratsantrag kam, hatte Züge einer Farce – vor allem, da die Aussage der Zeugin für den Prozess wohl eher nicht entscheidend sein wird. Zwei Stunden hatten Verteidigung, der Rechtsbeistand der Frau und der Vorsitzende Peter Koerfers unerbittlich und sich gegenseitig ins Wort fallend darüber gestritten, ob die 32-Jährige ein Zeugnisverweigerungsrecht habe, das ihr als Verlobte des 34-Jährigen zweifelsfrei zustünde.
Von dem Recht wollte die Frau, unter Berufung auf eine Verlobung im August 2019 auf Ibiza, auch Gebrauch machen. Koefers sah das jedoch als gelöst an, da die Zeugin kurz nach der Tat an den 34-Jährigen geschrieben hatte: „I am finished with you! It“s over!“ (zu Deutsch: Ich bin mit dir fertig! Es ist aus!) Die Frau erklärte, sie sei „emotional aufgewühlt“ gewesen, als sie das geschrieben habe, das Verlöbnis bestehe aber fort. Das Gericht maß dem keinen Wert bei, und so kam es zum Heiratsantrag.
Verlöbnis als Mittel zum Zweck
Doch das Gericht gab sich nicht geschlagen und teilte nach kurzer Beratung mit: „Die Kammer geht davon aus, dass es bei dem Verlöbnis hier nur darum geht, eine Aussage zu verhindern.“ Dann wurde die Zeugin vernommen. Sie machte Angaben zu ihren Beziehungen mit dem Angeklagten und dem Geschädigten und zum Geschehen kurz vor der Tat. Was im Königsforst geschehen war, dazu konnte sie keine Angaben machen.
Die Verteidigung kündigte einen Befangenheitsantrag an. Ferner wird sich der Bundesgerichtshof nach einem etwaigen Urteil in einer Revision über die Rechtmäßigkeit der Zeugenvernehmung entscheiden müssen.