Solidarität mit UkraineTausende Kölner protestieren auf Roncalliplatz
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Köln – Der Wind, der wie üblich über die Domplatte fegt, lässt die blau-gelben Flaggen über den Köpfen der Demonstranten vor dem sonnigen Himmel flattern. Mehrere tausend Menschen sind am Sonntag auf dem Roncalliplatz zusammengekommen, um sich mit der Ukraine zu solidarisieren.
Zwischen den Flaggen werden Plakate hochgehalten, die eindeutige Botschaften senden: „Stop the war“ (Stoppt den Krieg), steht auf den Pappen. „Blutige Hände“ umrahmen einige Schriftzüge, der russische Präsident Wladimir Putin wird als eine Mischung aus Putin und Hitler dargestellt.
Zu der Kundgebung hatten die Organisationen „Pulse of Europe Köln“ und das „Blau-Gelbe Kreuz Köln“ aufgerufen. Zu Beginn wird die ukrainische Nationalhymne angestimmt. Immer wieder werden Teile aus den Reden zu einer Art Sprechgesang.
Tamta Nozadze ist mit ihren beiden Kindern gekommen. Auf die Wangen haben sie die ukrainische und die georgische Flagge gemalt. „Ich komme aus Georgien und uns ist das Gleiche passiert in 2008.“ Sie spricht vom Kaukasuskrieg, in dem der Konflikt zwischen Russland und Georgien um die georgische Provinz Südossetien eskalierte. „Wir sind heute hier, um die Ukraine zu unterstützen. Wir sind wie Brüder und Schwestern. Ich habe keine Angst, aber Schmerzen in meinem Herzen. Ich weine schon seit drei Tagen“, sagt Nozadze. Dann bricht sie ab, ihre Stimme erstickt in Tränen.
Umfrage: Wie groß ist die Angst?
„Ich komme aus der Ukraine. Ich habe Angst um das Leben meiner Familie und meiner Freunde in der Ukraine. Sie leben in Kiew. Es ist alles so unsicher gerade. Aber ich bin froh, zu sehen, dass sich die Leute mit der Ukraine solidarisieren. Nicht nur hier, sondern in ganz Europa und in der ganzen Welt.“ Mynyu Olha
„Für uns ist einfach unfassbar, dass wir das in unserem Alter doch noch erleben. Ich bin jetzt 65 Jahre alt und wir haben gedacht, wir sind die einzige Generation, die nie einen Krieg erleben wird. Wir sehen jetzt, dass hier auch dafür geklatscht wird, dass in Deutschland wieder aufgerüstet werden soll. Statt dass die ganze Welt endlich abrüstet und einfach versteht, dass es so nicht geht. Aber da kommt dann einer und beherrscht jetzt die ganze Welt. Da fehlen einem die Worte.“ Maria Knabe
„Ich habe um uns gerade keine Angst, sondern die Sorge, dass das in einen größeren Konflikt ausartet. Putin hat schon angedroht, gegebenenfalls auch Atomwaffen einzusetzen. Das ist meine größte Angst. Aber dass hier aktuell jemand einmarschieren wird, das glaube ich aktuell nicht.“ Maja Bündgen„Ich hoffe, dass auch die Jugend wach wird und merkt, dass die Welt nicht nur aus Spaß besteht. Ich komme aus einer Generation, die gelernt hat, wie es stufenweise aufwärts geht. Den Aufbau sollten wir mal wieder anerkennen und nicht sagen: ,Es war schon immer alles so. Uns steht das zu und wir haben ein Recht darauf.’ Nein, wir haben ein Recht auf Freiheit und die Freiheit zu verteidigen.“ Bianca Deutsch
„Ich habe heute Morgen die Regierungserklärung gehört und die sehr große Mehrheit, die sich da im Bundestag hintergestellt hat, die hat mir Hoffnung gegeben. Persönlich Angst habe ich nicht, aber dieser Zeitenwandel, dass wir uns nicht mehr auf unseren Frieden verlassen können, der ist jetzt sehr deutlich.“ Brigitte Thiée (khe)
Mit einer Schweigeminute wird den ukrainischen Soldatinnen und Soldaten gedacht. Der ganze Platz kniet nieder. Danach fordert Sängerin Mariana Sadovska: „Wir brauchen Luftraumsperren über der Ukraine. Close sky now“, und die Menschenmasse wiederholt den Ruf: „Close sky now! Close sky now!“ Sadovska spricht weiter: „Wir brauchen jede Schutzweste, jeden Helm.“Nicht nur Menschen, die eine persönlich Beziehung zur Ukraine haben, sind auf dem Roncalliplatz versammelt.
Simone Lehmann erklärt: „Ich fühle mich persönlich nicht bedroht. Ich fühle mich eher ohnmächtig, weil man einfach sehr mitfühlt mit den Menschen in der Ukraine. Wir müssen alles tun , um unsere Solidarität zu zeigen, egal in welcher Form, ob finanziell oder mit Unterstützung, wenn die Menschen ihre Heimat verlassen müssen.“
Im Hintergrund wird auf der Bühne dazu aufgerufen, dass alle Menschen, die Freunde in Russland haben, auch diese um Hilfe bitten sollen, „Putin zu Gericht“ zu bringen. Wieder hallt es vom Dom bis zum Heinzelmännchenbrunnen „Putin zu Gericht!“
Für Sachspenden ist eine Sammelstelle an der Marktstraße 27 eingerichtet. Der Verein Blau-gelbes Kreuz bittet um Matratzen, Isomatten, Schlafsäcke, Decken, Kissen, Bettwäsche, Hygieneartikel, Handtücher, haltbare Lebensmittel, blutstillende Medikamente, Verbandsmaterial, Gaskocher, Kartuschen, Campingkocher. Zusätzlich werden Wasserflaschen benötigt. Die Spenden können Montag bis Freitag von 16 bis 20, und Samstag und Sonntag von 12 bis 20 Uhr abgegeben werden. Die Stadt Köln hat die Mailadresse ukraine@koelnhilft.koeln eingerichtet, um Hilfsangebote zu koordinieren.