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Partner für junge Menschen beim Weg in den BerufRheinenergie-Stiftung fördert seit 25 Jahren Projekte in Köln

Lesezeit 6 Minuten
Junge Frauen sitzen an einem Tisch und malen mit Pinseln.

Mädchen und junge Frauen können im Kölner Handwerkerinnenhaus ihre Fertigkeiten erproben und erweitern.

Seit 1999 engagiert sich die Rheinenergie-Stiftung Jugend/Beruf, Wissenschaft in Köln. Sie fördert Angebote für Jugendliche zur beruflichen Orientierung und unterstützt wissenschaftliche Projekte.

Michael Fuchs sprach mit der Vorstandsvorsitzenden Susanne Hilger und ihrer Vorgängerin Gesche Gehrmann.

Wie kam es zur Gründung der Stiftung?

Gehrmann: Die GEW AG als Vorläuferin der Rheinenergie hat sich 1999 von ihrer Aktienbeteiligung an Felten und Guilleaume getrennt. Vorstandssprecher Dr. Fritz Gautier kam in Absprache mit der Stadt auf die Idee, mit dem Geld eine Stiftung ins Leben zu rufen, um etwas Nachhaltiges zu tun für künftige Generationen.

Zu welchem Zweck?

Gehrmann: Es gab damals viele Probleme mit der Arbeitslosigkeit junger Menschen, die keinen Ausbildungsplatz finden konnten. Da wollten wir helfen, damit sich die Lage verbessert. Außerdem haben wir von Anfang an die Forschung unterstützt, konkret die Technische Hochschule Köln, die damals noch Fachhochschule hieß, und die Universität zu Köln. Daneben war auch die Förderung von besonders begabten Jugendlichen Thema.

Wie viel Geld steht Ihnen zur Verfügung?

Hilger: Wir haben 27 Millionen Euro Stiftungskapital, die natürlich entsprechend rentabel angelegt werden müssen. Davon können wir jährlich knapp eine Million Euro ausschütten.

War die lange Niedrigzinsphase vor 2022 für Sie kein Problem?

Hilger: Unsere Gelder sind gut angelegt. Wir können den Großteil der Erträge des Stiftungskapitals ausschütten, weil die Rheinenergie uns bei den Verwaltungskosten sehr unterstützt, uns Personal und Büros zur Verfügung stellt. Außerdem erhalten wir immer mal wieder eine Spende der Stifterin.

An welches Projekt aus der Anfangszeit erinnern Sie sich gut?

Gehrmann: Körbe für Köln. Ein Basketball-Projekt für Jugendliche, insbesondere aus sozial benachteiligten Vierteln. Damals waren viele junge Menschen in der Übergangszeit von der Schule in den Beruf frustriert und kaum noch erreichbar. Manche gingen nicht mehr zur Schule oder hatten keinen Abschluss. Ein Thema, das nach wie vor aktuell ist. So kam die Idee auf, über Basketball Zugang zu den Jugendlichen zu erhalten und ihnen Beratungsangebote zur beruflichen Orientierung zu vermitteln.

Wie ist das angekommen?

Gehrmann: Der Verein „Körbe für Köln“ hat mit unserer Unterstützung Streetball-Plätze gebaut oder renoviert und Angebote gemacht, die bei den Jugendlichen immer gut angekommen sind. Das ist ein langer Prozess gewesen, den wir damals angestoßen haben. Die Stiftung unterstützt den Verein bis heute. Später kam noch die „Rheinflanke“ dazu, eine gemeinnützige Gesellschaft, die Jugendliche über Fußball anspricht.

Damals waren Jugendliche perspektivlos, weil sie keinen Arbeitsplatz gefunden haben. Heute finden Arbeitgeber keine Arbeitskräfte.

Hilger: Heute haben wir tatsächlich genau die umgekehrte Situation. Manche Jugendliche wirken aus unterschiedlichen Gründen desorientiert. Sie haben Defizite, etwa in Sachen Sprache und Bildung. Wir befinden uns ja in einer gesellschaftlichen Transformation, insbesondere durch die Zuwanderung. Im Grunde genommen müssen junge Menschen einerseits erst einmal abgeholt werden, müssen sprachlich fit gemacht und integriert werden in das System Deutschland. Auf der anderen Seite erleben wir in der Post-Corona-Zeit, dass Jugendliche vielfach mit psychosozialen Problemen zu kämpfen haben. Depressive Verstimmungen sind ein Thema. Außerdem geht es um Inklusion und Teilhabe.

Wie wollen Sie mit der Rheinenergie-Stiftung helfen?

Hilger: Es geht darum, dass man unterschiedliche Gruppen, die marginalisiert sind, reinholt in den Arbeitsmarkt. Und da sind wir wieder genau da, wo wir 1999 auch waren. Die Vereine, die gemeinnützigen Träger und Initiativen, die sich diesen Zielgruppen widmen, sind auch heute unsere wichtigsten Ansprechpartner. Sie bewerben sich bei uns um Fördergelder, oder wir werden auf sie aufmerksam und sprechen sie an.

Welche Projekte unterstützen Sie konkret?

Hilger: Wir engagieren uns zum Beispiel für die Integration von Mädchen in den Arbeitsmarkt. Dass man junge Frauen stärker sensibilisiert für Berufe im Handwerk oder auch im Bereich der Technik. Wir unterstützen das Handwerkerinnenhaus Köln, das seit 35 Jahren Mädchen auf ihrem Bildungs- und Berufsweg stärkt. Oder den Jugendhilfeträger „Lobby für Mädchen“. Im Rahmen unserer Förderstrukturen können wir flexibel agieren und auf neue Bedarfe reagieren.

Die verstärkte Zuwanderung seit 2015 hat neue Bedarfe geschaffen.

Hilger: In diesem Zusammenhang möchte ich den Verein „Coach e. V.“ nennen, wo wir als Stiftung auch Projekte gefördert haben, insbesondere für zugewanderte junge Menschen. Da geht es um Sprachbildung, aber zum Teil auch um die Betreuung der Elternhäuser. Oft muss man die Eltern mit einbeziehen, wenn es darum geht, welchen beruflichen Weg diese Jugendlichen einschlagen sollen. Die Eltern haben vielleicht feste Vorstellungen, aber wir wissen ja alle, dass man natürlich auf die jeweilige Person schauen muss; wo ihre Interessen und Talente liegen. Da gilt es dann schon mal, Überzeugungsarbeit bei den Eltern zu leisten.

Und bei den Jugendlichen?

Hilger: Der psychosoziale Bereich wird immer wichtiger. Dabei arbeiten wir sehr gut und eng zum Beispiel mit der Diakonie Michaelshoven oder den Alexianern zusammen. Sie haben jetzt in dieser Post-Corona-Phase Betreuungs- und Beratungsangebote aufgesetzt, die sich dezidiert an Jugendliche mit depressiven Erfahrungen wenden. Diese jungen Menschen fragen sich: Wie geht es jetzt eigentlich mit mir weiter? Welchen beruflichen Weg soll ich einschlagen? In solchen Situationen – man sollte das nicht unterschätzen – ist eine individuelle Betreuung und Beratung von enormer Wichtigkeit.

Getreu dem Motto: Kein Kind darf verloren gehen?

Hilger: Genau. Es ist wirklich total klasse zu erleben, wie ein junger Mensch mit geringen Sprachkenntnissen, der am Anfang sehr schüchtern, fast ängstlich in die Betreuung geht, richtig fit gemacht wird für den Arbeitsmarkt. Wie dieser Mensch Selbstvertrauen tankt und sich auf einmal ganz anders präsentieren kann. Wir erleben das bei Projektbesuchen, das ist wie eine 180-Grad-Wende. Bei den jungen Menschen kommt das sehr gut an. Deswegen würde ich mir wünschen, dass wir noch viel mehr solche Projekte unterstützen könnten.

Die Jugend-Stiftung hat hunderte Projekte gefördert, ist aber kaum bekannt. Ärgert Sie das?

Hilger: Jeder kennt die Rheinenergie, aber nur wenige kennen diese Stiftung. In 25 Jahren haben wir mehr als 500 Projekte gefördert und dabei rund 20 Millionen Euro ausgeschüttet. Als reine Förderstiftung, die im Hintergrund wirkt, werden wir öffentlich nicht so stark wahrgenommen. Aber wir geben nicht nur Geld, sondern wir bringen uns auch mit unserem Know-how ein.

Was planen Sie für die Zukunft?

Hilger: Wir möchten weiterhin viele wertvolle Projekte in Köln fördern. Außerdem wollen wir die Zusammenarbeit mit den beiden anderen Stiftungen der Rheinenergie ausbauen und unser 2020 in Bocklemünd begonnenes Projekt „Gemeinsam im Quartier“ zur Stärkung der Nachbarschaft auch in anderen Stadtteilen in Angriff nehmen.


Die Stiftungen der Rheinenergie

1999 wurde die Rheinenergie-Stiftung Jugend/Beruf, Wissenschaft ins Leben gerufen. Sie fördert berufliche Orientierungs- und Bildungsangebote sowie wissenschaftliche Projekte und setzt sich für Chancengleichheit ein. Die Erträge aus dem Stiftungskapital werden nur für Projekte in Köln eingesetzt. In 25 Jahren hat die Stiftung mehr als 500 Projekte von über 230 Trägern mit 20 Millionen Euro unterstützt.

Im Jahr 2006 gründete die Rheinenergie zwei weitere Stiftungen. Die Rheinenergie-Stiftung Kultur verfügt über ein Stiftungskapital von 15 Millionen Euro und unterstützt im gesamten Versorgungsgebiet des Konzerns künstlerische Projekte im Bereich Musik, bildende und darstellende Kunst, Film und Medien sowie Literatur.

Die Rheinenergie-Stiftung Familie ist ebenfalls mit 15 Millionen Euro ausgestattet. Sie will „innovative Projekte und soziale Organisationen in Köln und der Region fördern, die zur Familienarbeit und -bildung beitragen“. Geschäftsführender Vorstand aller drei Stiftungen ist Prof. Dr. Susanne Hilger (Foto rechts mit ihrer Vorgängerin Gesche Gehrmann). Stiftungsratsvorsitzende ist Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker. (fu)