- Da trifft man sich mit einem Rapper, harte Jungs im Allgemeinen.
- Und welchen Ort schlägt er vor?
- Das Café Krümel.
- Bernd Imgrund wunderte sich vor dem Gespräch mit MC Omar SyDe.
Was macht die Elektroniker-Lehre?
Die habe ich abgebrochen. Ich fühlte mich ausgenutzt von dem Betrieb. Einmal haben die mich als Lehrling ganz allein auf eine Baustelle geschickt. Wenn ich da ans falsche Kabel gekommen wäre, wäre ich zwei Tage liegen geblieben, bevor es jemand gemerkt hätte. Jetzt mache ich eine Ausbildung als Verkäufer beim Rewe am Waidmarkt.
Und wie läuft es dort?
Es ist toll. Und bei meinen Klausuren an der Berufsschule hatte ich bisher nur Einsen.
Sie haben schon in Syrien Elektrotechnik gelernt. Helfen Ihnen die Kenntnisse als Musiker?
Ich kann alles Mögliche reparieren. Letztens habe ich auf dem Sperrmüll einen Lautsprecher gefunden und wieder fit gemacht.
Und damit Kohle verdient?
Für 20 Euro weiterverkauft, ganz okay, fand ich.
Zur Person
Omar Sheikh Khamiis wurde 1997 in Latakia, Syrien, geboren, an einem 11.11. Einem größeren Publikum wurde er durch seinen Auftritt bei „Köln zeigt Haltung“ 2018 auf dem Heumarkt bekannt. Dort sang er unter anderem das Lied „Kriegsstart“, das sich gegen alle kämpfenden Parteien in Syrien richtet und ein friedliches Miteinander propagiert.
In der Schule in Syrien war er stets der Klassenbeste und machte eine Ausbildung zum Elektrotechniker. Nach kurzer Zeit an der Universität floh er 2015 nach Deutschland und landete in Köln.
Seit acht Jahren rappt er, seine Songs schreibt und komponiert er selbst. MC Omar SyDe, wie er sich nennt, singt oft zweisprachig auf Arabisch und Deutsch. Das MC seines Künstlernamens steht für Mic Control, das SyDE für Syrien/Deutschland. Omar Sheikh Khamiis wohnt in Sülz.
Der Job als Verkäufer bringt Sie mit vielen Leuten zusammen.
Ich bin ein sehr sozialer Mensch und freue mich über den Kontakt mit anderen. Ich glaube, das merkt man auch im Supermarkt.
Sie rappen aber nicht beim Warenscannen?
Nein, das nicht. Aber ich werde echt oft erkannt wegen dem Auftritt 2018 am Heumarkt bei „Köln zeigt Haltung“.
Ist Rappen Handwerk?
Für mich nicht. Ich will Probleme ansprechen, eine Message haben. Viele junge Rapper haben keine Ahnung, worüber sie reden. Da ist jedes zweite Wort „Motherfucker“, „Kokain“ oder so, das finde ich traurig. Wir sollten positiver auftreten.
Sie wollen authentisch sein?
Genau. Wenn ich traurig bin, schreibe ich einen traurigen Song, und wenn ich verliebt bin, ein Liebeslied.
Ihr Markenzeichen ist es, zweisprachig zu singen.
Ich wollte, dass mich sowohl Deutsche als auch Araber verstehen können. Aber eigentlich ist es so: Wenn ich auf Arabisch rappe, tue ich das für die Deutschen. Damit die diesen Flow mitkriegen. Ich trete jetzt seit anderthalb Jahren in Deutschland auf. Ich singe in einer mir fremden Sprache, das war anfangs echt krass. Auf der Bühne habe ich praktisch kein Wort zum Publikum gesprochen, sondern immer direkt losgelegt.
Gibt es Klischees über Deutsche in Syrien?
Dass ihr den ganzen Tag Kartoffeln esst! (lacht)
Schreiben Sie die Texte zuerst in einer Sprache und übersetzen dann die Hälfte?
Das hängt davon ab, wie ich drauf bin. Meistens fange ich auf Deutsch an, aber wenn es um krasse Flows geht, wird es arabisch.
Deutsch unterscheidet sich fundamental vom Arabischen. Was waren für Sie die Hürden?
Artikel! Das ist das Härteste. Bei uns sagt man „der Tür“ und „die Schrank“, bei euch ist es umgekehrt.
Sie sind an einem 11.11. geboren. Würden Sie mal gern auf Kölsch rappen?
Würde ich! Aber bisher reicht es nur für „Et kütt wie et kütt“. (lacht)
Sie sind 2015 nach Deutschland gekommen. Was ist Ihnen hier aufgefallen?
Alle Häuser sind so neu und viereckig. Und jeder hat ein Haustier. Mega nerven tun mich die ganzen Ampeln. Hier auf der Universitätsstraße kommt man nur bis zur Hälfte, und dann ist schon wieder Rot.
Sie sind in vielen Städten aufgetreten. Sind Kölner anders?
Definitiv! Für mich gibt es keine bessere Stadt als Köln, hier fühle ich mich super wohl. Die Menschen hier sind offen und höflich. Auch mit Leuten, die du gar nicht kennst, kannst du reden und Spaß haben. In Hamburg habe ich mal nach dem Bahnhof gefragt, aber der Mensch hat mich einfach stehen lassen. Und in Düsseldorf scheint zuviel Geld zu stecken. Aber da habe ich mich auch mal verquatscht.
Inwiefern?
Bei einem Auftritt habe ich gesagt, dass ich aus Köln komme. Alle haben gebuht, und da meinte ich, es muss doch wohl jeder zugeben, dass Köln die Hauptstadt von Nordrhein-Westfalen sein sollte. Da sind dann alle völlig ausgerastet.
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Bei „Köln zeigt Haltung“ haben Sie auch Ihr bekanntestes Lied „Der Kriegsstart“ gesungen.
Es geht um den Krieg in Syrien. Ich weiß alles, was da abgeht, die meisten Medien haben überhaupt keine Ahnung. Isis, Assad, die Freie Armee – alles Mist. Genauso Russland, die USA, Iran und all die anderen. Das syrische Volk ist das Opfer, ich hoffe, dass dieser Krieg endlich aufhört. Und das sage ich in diesem Song.
Welche Reaktionen haben Sie auf dieses Lied bisher bekommen?
Beim Konzert verstehen viele den Text ja gar nicht richtig, die applaudieren eher wegen dem Flow. Aber die Kommentare auf Youtube und Instagram sind schon klasse, es gibt gar kein negatives Feedback.
Beschimpfen manche Araber Sie nicht als Nestbeschmutzer?
Überhaupt nicht. Die schreiben, der Song ist megacool, und dass sie stolz auf mich sind. Ich beschuldige in dem Song halt alle Seiten und bin für niemanden, der Krieg führt. Wenn mir einer sowas vorwirft, sage ich dem, er soll dann eben zurück nach Syrien gehen und kämpfen.
Auf dem Heumarkt haben Sie über schwul-lesbische Freunde geredet und dass deswegen andere nicht mehr mit Ihnen sprechen.
Ich habe echt viele schwule Freunde, und solange die nicht auf mich stehen, ist alles gut. (lacht) Die sind alle besonders nett und besonders lieb, aber manche Hetero-Freunde von mir können da nicht mit umgehen.
In der arabischen Welt ist Homophobie weit verbreitet: Fakt oder Vorurteil?
Das kommt auf die Gegend an. In Damaskus oder Latakia, wo ich herkomme, gibt es viele Schwule. Aber oben im Norden ist es echt schlimm für Homosexuelle.
Sie haben im Vorgespräch gesagt, Sie bekämen in Interviews zu viele dumme Fragen gestellt. Zum Beispiel, ob es in Syrien Autos gebe.
Ja, das stimmt. Oder ob Frauen in Syrien Auto fahren dürfen. Als wenn es bei uns wie in Saudi-Arabien zugeht! Die beiden Länder kann man gar nicht vergleichen.