Prozess vor BundesgerichtshofGericht prüft Freisprüche nach Einsturz des Stadtarchivs
Köln – Der Einsturz des Kölner Stadtarchivs im Jahr 2009 beschäftigt jetzt auch den Bundesgerichtshof. Vor dem obersten deutschen Gericht hat am Mittwoch die Revision gegen die Freisprüche von zwei damaligen Bauleitern verhandelt.
Die beiden Bauleiter waren vom Kölner Landgericht in erster Instanz vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft will das Verfahren gegen die Bauleiter wieder aufnehmen. Ob es soweit kommen wird, will der 2. Strafsenat des BGH am 13. Oktober verkünden.
Bruder des Getöteten ist im Saal
Im schwarzen T-Shirt sitzt Marvin Pagel an dem Holztisch des alten Kino-Saals der ehemaligen Kaserne, die heute Strafsenate des BGH beherbergt. Er wirkt unsicher, soll er in die Kamera des Fotografen lächeln oder nicht? Es sind nicht viele, aber dass überhaupt Journalisten da seien, sagt er nach der Verhandlung, das freue ihn sehr. Es sei schön, dass die Ereignisse und auch der Tod seines Bruders nicht vergessen würde. Er sei auch deshalb hier.
Dann ruft der Gerichtsdiener mit staatstragender Stimme „das Hohe Gericht tritt ein“. Wenig später sind die Gesichter der Richter hinter ihren Masken rot angelaufen. Das mag an der aufgestauten Hitze liegen oder an der technisch hochkomplexen Materie. In die Fachsprache der Feinheiten eines U-Bahnbaus waren die Beteiligten beim Prozess in Köln nach und nach hineingewachsen. Hier komprimiert sich alles auf 120 Minuten.
Bundesanwältin: Die Bauleiter hätten alarmiert sein müssen
Am Ende wird es um die Frage gehen, ob die beiden Bauleiter durch die vielen Fehler, Schlampereien und Vertuschungsversuche ihrer Kollegen eine gesteigerte Sorgfaltspflicht hatten. Die Bundesanwältin Frauke Kathrin Schulten sieht das so, es habe „gefahrenträchtige Hinweise“ gegeben, die zu einer gesteigerten Sorgfaltspflicht geführt hätten, sagt sie. Übersetzt, heißt das: In der Baugrube am Waidmarkt lief so viel schief, dass die beiden hätten alarmiert sein müssen. Die Verteidigungen weisen das zurück.
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Das Landgericht Köln hätte in seiner Urteilsbegründung genau das eben für ihre beiden Mandanten nicht so gesehen. Schade, dass es noch bis Oktober dauert, erklärt, Marvin Pagel. Er macht sich auf dem Weg zurück nach Köln, um seinen Vater von dem Prozess zu berichten.Er werde auch dann wieder nach Karlsruhe kommen, um für seinen Bruder „dabei zu sein“. Die Ereignisse von damals prägen natürlich auch heute noch sein Leben, sagt er. Der Einsturz in Miami vor Tagen mit vielen Toten habe bei ihm vieles von damals noch einmal hochgeholt. Für ihn sei es wichtig, dass am Ende fest steht, ob das Unglück, dass seinen Bruder und einen weiteren jungen Mann in den Tod riss und viele weitere Menschen in Köln schwer getroffen hat, hätte verhindert werden können.
Gegen das Urteil hatte die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Bei dem Unglück am 3. März 2009 waren zwei junge Männer ums Leben gekommen, als neben dem Stadtarchiv auch zwei Wohngebäude einstürzten. Es entstanden gewaltige Schäden. Unzählige historische Dokumente wurden verschüttet.