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„Ohne Beteiligung geht es nicht“Was Köln von München in Sachen Parken lernen kann

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Außengastronomie statt Parkplätze: Was sich in Köln zunehmend entwickelt, nennt sich in München „Schanigärten“.

  1. Ein Drittel Stellplätze weniger in Köln. Das ist beschlossene Sache.
  2. Doch wann werden die Plätze wo wegfallen? Das ist offen. Die Stadt München ist weiter. Ist die bayerische Landeshauptstadt ein Vorbild für Köln?
  3. Mit dem dortigen Mobilitätsreferenten Georg Dunkel sprach Ingo Schmitz.

In Köln wurde vor dem Jahreswechsel der „Masterplan Parken“ beschlossen“. In München gibt es entsprechende Beschlüsse schon länger. Was konkret wurde bei Ihnen vereinbart?

Der Münchner Stadtrat hat sich schon vor einigen Jahren dazu bekannt, dass München die Verkehrswende braucht. Zuletzt wurde in diesem Sommer der Entwurf der „Mobilitätsstrategie 2035“ verabschiedet: Das ist unser Fahrplan für die Mobilitätswende in München – ein Bekenntnis, dass wir unsere Stadt, die in den vergangenen Jahrzehnten vor allem für die Autos geplant wurde, wieder für die Menschen planen müssen. Gleichzeitig müssen wir als Wirtschaftsstandort weiterhin die Erreichbarkeit für den Wirtschafts- und Lieferverkehr sicherstellen. Bis 2025 sollen in München mindestens 80 Prozent des Verkehrs umweltfreundlich, also durch abgasfreie Kraftfahrzeuge, den ÖPNV und den Rad- und Fußverkehr, zurückgelegt werden.

Verkehrswende in München

Georg Dunkel leitet seit Ende 2020 in München das Mobilitätsreferat, vergleichbar mit dem Kölner Verkehrsdezernat. Auf Vorschlagsrecht der Grünen kam der gebürtige Eifler (Simmerath) in die bayrische Landeshauptstadt.

Der Ansatz in der Verkehrspolitik ist in München vergleichbar mit dem in Köln, wie er hier seit der jüngsten Kommunalwahl verfolgt wird. Begrünte Parkstreifen und Gastronomie auf ehemaligen Stellplätzen laufen in München unter dem Begriff Schanigärten. Vergleichbar mit den Forderungen Kölner Fahrradinitiative Initiative Ringfrei sind die Münchner Bürgerbegehren Radentscheid“ und Altstadt-Radlring“.

Die Verkehrswende in München allerdings in ein Gesamtkonzept eingebettet, in die dort erst im vergangenen Sommer beschlossene Mobilitätsstrategie 2035. Die beinhaltet aus das „Management des öffentlichen Straßenraums“. (ngo)

Allein in den bewirtschafteten Bewohnerparkgebieten sollen über 15 000 Stellplätze in Köln wegfallen. Wie hoch ist die Zahl in München?

Eine konkrete Zahl zu nennen, ist schwierig, da die Parkplätze meist projektbezogen umgewandelt werden – und das teilweise auch nur saisonal. Und eine rein quotenbezogene Reduktion erscheint uns auch nicht zielführend. Während der Sommerzeit haben wir in diesem Jahr zum Beispiel zehn Straßen zu sogenannten „Sommerstraßen“ umgewandelt, also zu temporären Spiel- oder verkehrsberuhigten Straßen. Mir ist ganz wichtig zu betonen, was wir dafür gewinnen: Im Januar steht in München ein 500-Millionen-Euro-Bauprogramm auf der Tagesordnung des Stadtrats, vor allem für den Ausbau des Trambahnnetzes. Natürlich werden dafür Stellplätze entfallen. Aber wenn dieses Programm beschlossen wird, werden alle von diesem massiven Ausbau des Tramangebots profitieren.

Noch ist unklar, wie die Kölner Stadtverwaltung beim Abbau der Parkplätze vorgehen will. Das verunsichert Anwohner, sie haben keine Planungssicherheit. Welche Vorgehensweise wurde in München gewählt?

Die Reduktion passiert nach und nach und auf unterschiedliche Art und Weise. Es entfallen also nicht auf einen Schlag mehrere Hundert Parkplätze. Und natürlich werden meist auch die Bürger*innen bei der Umgestaltung mit einbezogen oder zumindest gut über die Vorhaben informiert. Bei solchen Veränderungen haben wir gute Erfahrungen damit gemacht, einige Energie in Mobilitätsbildung und -kommunikation zu investieren. Parallel dazu schauen wir uns die Parklizenzgebiete genau an und erhöhen dort zum Teil die Quote an Bewohnerparkplätzen. Damit kompensieren wir den Entfall, weil wir das Parkangebot für die Anwohnenden weiterhin sichern.

Wie wichtig ist es aus Ihrer Erfahrung, die Bürger bei solchen Programmen einzubinden und wie wird das in München erreicht?

Ohne die Beteiligung der Bevölkerung geht es nicht. Die Verkehrsplanung, die Mobilitätswende: Das alles machen wir als Verwaltung ja nicht aus Eigeninteresse, sondern weil wir Verbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger erreichen wollen. Darum starten wir im Laufe des Jahres 2022 auch einen Beteiligungsprozess für unsere „Mobilitätsstrategie 2035“: Wir möchten hören, welche Anliegen die Münchner*innen haben, was ihnen wichtig ist, oder was sie ablehnen.

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Welche Resonanz bekommen Sie bisher aus der Bevölkerung, gibt es Streit?

Da prallen dann schon die Fronten aufeinander und es geht durchaus heiß her: Auf der einen Seite stehen diejenigen, die sich aus den verschiedensten Gründen gegen Veränderungen stemmen. Auf der anderen Seite sprechen jene, denen die Umverteilung des Straßenraums gar nicht schnell genug gehen kann. Alle werden Kompromisse eingehen müssen, denn wir können es nicht beiden Seiten immer recht machen.