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NRW-Oberfinanzpräsident im Interview„Steuerfahndung ist unser Marketing“

Lesezeit 5 Minuten
NRW-Oberfinanzpräsident Werner Brommund

NRW-Oberfinanzpräsident Werner Brommund

Der Chef der NRW-Finanzbehörden spricht im Interview über rachsüchtige Partner und einen vergoldeten Mercedes

Als Oberfinanzpräsident ist Werner Brommund (64) Chef der knapp 34 000 Finanzbeamten in NRW. Michael Fuchs sprach mit ihm über Schwarzgeld, Steuerflucht und teure Autos.

Sie sind Herr über 129 Finanzämter in NRW, davon sieben in Köln. Haben Sie eigentlich Freunde, Herr Brommund?

Ja, klar. (lacht) Ich habe eine Menge Freunde. Die wissen natürlich, was ich beruflich mache und für welche „Firma“ ich unterwegs bin. Da sagt schon mal einer „Werner, hör mal weg“, wenn es um Finanzen geht. Aber das ist natürlich nur Spaß.

Die Oberfinanzdirektion (OFD) hat zwei Dienstsitze: Köln und Münster. Was sind ihre Aufgaben?

Wir sind die Dienst- und Fachaufsicht der Finanzämter in NRW und unterstützen sie bei der Steuerfestsetzung und Steuererhebung. Außerdem haben wir das, was ich unsere „Marketingabteilung“ nenne, nämlich die Steuerfahndung. Bei uns heißt es scherzhaft: Wir machen auch Hausbesuche.

Das stand mal auf Kugelschreibern der Finanzverwaltung, die Ex-NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans hatte produzieren lassen.

Er ließ auch schwarze Sparschweine herstellen mit der Aufschrift „Wir geben Ihrem Schwarzgeld ein Zuhause“. Nicht jeder hat so viel Humor.

Hat Walter-Borjans einen Paradigmenwechsel eingeläutet? Plötzlich kaufte der Staat CDs mit Daten von Steuerflüchtlingen auf, die Schwarzgeld in der Schweiz versteckt hatten, und begann, Jagd auf prominente Steuersünder zu machen.

Unter seinem Vorgänger Helmut Linssen wurden auch schon solche Daten erworben und in der Folge Steuerflüchtige überprüft. Neu an Walter-Borjans war, dass er mit dem Thema in die Öffentlichkeit gegangen ist. Ich denke, das war gut für unser Image. Man hat deutlich gemacht, dass die Finanzverwaltung auch bei großen Einkommen genau hinschaut, ob alles mit rechten Dingen zugeht. Oder ob jemand sein Geld an der Steuer vorbei im Ausland deponiert und damit das Gemeinwesen betrügt. Das bleibt ein Dauerthema für uns. Wir wollen die großen Geldströme in den Blick nehmen, stellen uns da unter dem jetzigen Minister Dr. Marcus Optendrenk gerade neu auf mit dem Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität.

Wie kommen die Finanzämter an Informationen über Steuersünder, wenn es nicht gerade Daten von Schweizer Banken sind?

Vor allem durch die hervorragende Ermittlungsarbeit unserer Steuerfahndung, die illegale Geldströme aufdeckt – das gilt auch für digitale Transaktionen und Kryptowährungen. Eine gute Informationsquelle sind aber auch immer mal wieder betrogene Ehefrauen oder Ehemänner. Das habe ich selbst mehrfach erlebt. Man bekommt einen Brief ins Amt, in dem jemand darlegt, dass sein früherer Partner oder seine Partnerin jahrzehntelang Steuern hinterzogen hat. Da wird man in einen persönlichen Konflikt hineingezogen, mit dem man nichts zu tun haben will. Man erhält aber Informationen, die für die Steuerbehörde oft wertvoll sind.

Was haben Sie sonst noch Kurioses erlebt?

Ich war mal bei einer Steuerprüfung in einem großen Kölner Unternehmen. Es ging auf 16 Uhr zu, und die Verantwortlichen der Firma meinten zu mir und meinem Kollegen: „Sie wollen doch sicher bald Feierabend machen. Können wir uns jetzt nicht einigen?“ Wir haben dann erklärt, wir hätten den ganzen Abend Zeit. Da fiel denen die Kinnlade runter. Die hatten darauf spekuliert, dass Beamte irgendwann Ja und Amen sagen würden, um pünktlich Feierabend zu haben.

Was schätzen Sie an Ihrem Beruf besonders?

Das Spannende daran ist, dass man viele verschiedene Bereiche kennenlernt, besonders in der Betriebsprüfung. Ich war bei Unternehmen in der Produktion, habe eine Weinkellerei kennengelernt, vieles mehr.

Sonderlich beliebt ist man als Steuerprüfer aber vermutlich nicht, oder?

Steuergerechtigkeit ist ein hohes Gut. Mit unseren Kontrollen sorgen wir dafür, dass sich möglichst viele an die Steuergesetze halten und Verstöße geahndet werden. Nur so kann unser Gemeinwesen funktionieren. Ich habe großen Respekt vor den Menschen, die das Geld verdienen. Unseren jungen Kolleginnen und Kollegen sage ich immer: alles nach Recht und Gesetz, aber mit Maß und Ziel. Ansonsten finde ich: Berufliches und Privates kann man gut trennen. (lacht)

In vielen Branchen fehlen Mitarbeiter. Hat auch die Oberfinanzdirektion Probleme, Personal zu finden?

Dieses Jahr konnten wir mehr als 1600 Menschen neu einstellen und hoffen, dass uns das nächstes Jahr erneut gelingt. Wir bieten eine fundierte Ausbildung, einen krisenfesten Arbeitsplatz und eine gute Vergütung. Quereinsteiger nehmen wir gerne und bilden sie entsprechend fort. Zum Beispiel haben wir schon Mitarbeiter von Galeria Kaufhof übernommen.

Ist das deutsche Steuerrecht zu kompliziert?

Ja. Mein Eindruck ist: Wenn man sich stärker auf Pauschalierungen einlassen würde, wäre es für alle einfacher.

Wie kommen Sie beim Thema Grundsteuerreform voran?

Rund 90 Prozent der Fälle in Köln sind inzwischen erledigt. Wir sind gerade dabei, diejenigen zu schätzen, die gar nichts abgegeben haben. Ab Mitte 2024 werden wir den Kommunen alle Daten zur Verfügung stellen.

Die Grundsteuerreform soll ja aufkommensneutral sein. Geraten finanziell unter Druck stehede Kommunen wie auch Köln jetzt nicht in Versuchung, die Hebesätze höher anzusetzen, um mehr Geld einzunehmen?

Dazu muss man wissen, dass die Landesregierung angekündigt hat, dass sie nächstes Jahr die aufkommensneutralen Hebesätze als Empfehlung transparent veröffentlichen wird. Gebunden sind die Kommunen daran aber nicht.

Die Oberfinanzdirektion versteigert einmal im Monat Kraftfahrzeuge auf einer Auktion in Düsseldorf. Was für Wagen sind da alles dabei?

Wir versteigern ausgemusterte Dienstfahrzeuge der Polizei und anderer Landesbehörden, vom Kleinwagen bis zum Lkw. Aber auch beschlagnahmte Wagen und andere Fundstücke. Wir hatten schon einen Lamborghini, einen Ferrari und ein elektrisch angetriebenes Motorboot. Das Kurioseste, was ich gesehen habe, war ein vergoldeter Mercedes. Der hatte keine Straßenzulassung, weil die Vergoldung andere Verkehrsteilnehmer blenden würde. Aber es hat ihn trotzdem jemand gekauft.