Nach Corona-Impfpanne in KölnWas man jetzt zur Nachhol-Impfung wissen muss
Lesezeit 4 Minuten
Köln – Die 2000 abgelaufenen Impfstoffdosen, die rund um den Jahreswechsel bei mobilen Impfaktionen der Stadt verabreicht wurden, haben wohl Auswirkungen auf die Wirksamkeit. Das teilte das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) laut Stadt am Montag mit. Von einem Komplettverlust gehe das PEI nicht aus. Auswirkungen auf zukünftige Impfungen könnte die Impfpanne für Betroffene dennoch haben. Für Betroffene, die eine Auffrischungsimpfung mit dem abgelaufenen Wirkstoff bekommen haben, empfiehlt das PEI „eine weitere Boosterung frühestens vier Wochen und spätestens drei Monate nach der fehlerhaften Drittimpfung“. Die mit dem falsch gelagerten Impfstoff Zweitgeimpften sollten nach drei Monaten durch die Drittimpfung geboostert werden.
„Eine schädliche Reaktion aufgrund der Abbauprodukte ist aus meiner Sicht nicht zu befürchten“, sagt Birgitta Wöhrl, Professorin für Biochemie an der Universität Bayreuth. Aber: „Wenn der Impfstoff elf Tage länger als empfohlen im Kühlschrank aufbewahrt wurde, kann bereits ein Großteil der mRNA abgebaut worden sein.“ Dann ließe die Wirkung nach. Bei den Geimpften könnte der Erfolg der Impfung durch die Bestimmung des Antikörpertiters festgestellt werden. Verlässliche Schwellenwerte, die unterschritten sein müssten, damit eine Nachimpfung sinnvoll wäre, gibt es bislang nicht. Auch weil der Wert von mehreren Einflüssen abhängig sei, zum Beispiel vom individuellen Immunsystem. „Es ist ein bisschen wie mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum auf Lebensmitteln“, sagt Wöhrl. „Natürlich ist ein Joghurt bei korrekter Kühlung noch nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums essbar, aber ab wann das nicht mehr der Fall ist, hängt von verschiedenen Dingen ab.“
Der Ärger bei den Betroffenen ist auch drei Tage nach Bekanntwerden der Panne groß. Dass alle 2000 Menschen wissen, dass sie betroffen sind, ist unwahrscheinlich. Die Stadt hat bisher nur über die Presse kommuniziert. „Es kann doch nicht sein, dass ich aus der Zeitung erfahre, dass ich mit einem abgelaufenen Impfstoff geimpft worden bin“, sagt eine Betroffene gegenüber der Rundschau. Die Frau hatte sich am 28. Dezember in St. Matthias in Bayenthal impfen lassen. „Ich hätte erwartet, dass sich jemand persönlich bei mir meldet. Auch eine Entschuldigung wäre angebracht gewesen.“
Persönliche Benachrichtigungen gab es aber auch zum Wochenstart nicht. Das soll sich nun ändern. Die Stadt ermittelt laut eigenen Angaben aktuell die Adressen der Betroffenen.
Impfaktionen gehen weiter
Derweil läuft die Aufarbeitung der Panne. Klar ist: Die Information, dass der Impfstoff aufgrund seines aufgetauten Zustands erheblich kürzer als im gefrorenen Zustand haltbar war, hat die Dienstleister bei der Übergabe durch die städtische Impfeinheit mittels eines Beiblatts erreicht. Das bestätigte auch einer der verantwortlichen Dienstleister, der Malteser Hilfsdienst (siehe Infotext). Verhindert hat das die Panne nicht. Nun prüft die Stadt, wie an dieser Stelle für mehr Sicherheit gesorgt werden kann. Möglich seien zum Beispiel „materielle Maßnahmen“. Denn zum Fehler kam es vermutlich auch aufgrund unterschiedlicher Verfallsdaten auf Impfstofffläschchen und Verpackung.
„Nicht das Vertrauen verlieren“
Auch für den Malteser Hilfsdienst, einen der verantwortlichen Dienstleister, gehen die Impfaktionen weiter. „Wir bedauern die Panne zutiefst“, sagt Landessprecher Kai Vogelmann. Gemeinsam mit der Stadt laufe derzeit die Aufarbeitung der Abläufe. „Sollte der Fehler uns und unseren Mitarbeitern passiert sein, tut uns das extrem und aufrichtig Leid.“
Wenn es zu einem Fehler gekommen sei, liege es daran, „dass wir hier unter hohem Druck in einem System arbeiten, dass früher noch nie stattgefunden hat“. Bei der Übergabe des Impfstoffs müsse „durch den Faktor Mensch“ etwas schiefgelaufen sein. „Es macht jetzt aber keinen Sinn, jemanden zu suchen, der dafür verantwortlich gemacht wird.“
Der Vorfall sei ärgerlich, weil er nicht nur die beiden Dienstleister, sondern die ganze Impfkampagne in ein schlechtes Licht rücke. „Wir sind froh, dass für die Betroffenen keine gesundheitlichen Schäden zu sehen sind, und appellieren, nicht das Vertrauen in die Impfkampagne zu verlieren.“ Eine solche Panne werde nicht mehr stattfinden, sagt Vogelmann. (sim)
Während die Verpackungen der Flaschen das Datum für den aufgetauten Impfstoff enthielt, wies das Datum auf den Fläschchen nur die Angabe für den gefrorenen Zustand auf. Wer den Impfstoff aus den Fläschchen aufzieht, sieht also nur das missverständliche längere Haltbarkeitsdatum. Möglichkeiten, den Vorgang sicherer zu gestalten, werden laut Stadt geprüft. Alle mobilen Impfaktionen wurden am Montag wieder aufgenommen.