In Köln wurde der Gerichtssaal während des Prozesses um den getöteten 15-Jährigen geräumt, als die Familie des Opfers die Entschuldigung des Angeklagten ablehnte und es zu Tumulten kam.
Prozess um getöteten 15-JährigenTodesdrohungen und Tumulte im Kölner Gerichtssaal
In einem Strafprozess haben Angeklagte das letzte Wort. Sie können anschließend noch etwas zu ihrer Verteidigung in die Waagschale der Justitia werfen, ihre Unschuld beteuern oder ihre Tat bereuen, sie können sich noch mal rechtfertigen, um Milde bitten oder geloben, sich in Zukunft zu bessern.
Als im Prozess um den brutalen Tod eines 15-Jährigen im März dieses Jahres im Mülheimer Hafen am Montag jener Angeklagte (19) — der eingeräumt hatte, die tödlichen Messerstiche gegen das Opfer gesetzt zu haben — sein letztes Wort ergriff, und an die Hinterbliebenen des Opfers eine Entschuldigung aussprechen wollte, kam es zum Eklat. Der Vater des Verstorbenen, der in dem Prozess als Nebenkläger auftritt, ergriff das Wort und schrie in das Saalmikrofon vor sich: „Ich will keine Entschuldigung hören!“ Sofort verbat der Vorsitzende Ansgar Meimberg dem Nebenkläger jedes weitere Wort, ansonsten müsse er den Saal verlassen.
Doch der Mann weigerte sich, den Saal zu verlassen und insistierte lautstark: „Der hat meinen Sohn getötet, und ich will keine Entschuldigung vom Angeklagten hören.“ Dann fingen auch die Mutter des Opfers und dessen Schwester an zu schreien. Anschließend sprang der Funke des Tumults auf Teile des Publikums, vermutlich ebenfalls Angehörige oder Bekannte der Opferfamilie, über.
Prozess um toten 15-Jährigen startete bereits mit Tumult
Unter anderem wurden Todesdrohungen gegen jenen 20 Jahre alten Angeklagten ausgestoßen, dessen Haftbefehl am siebten Verhandlungstag aufgehoben worden war, nachdem gegen ihn nur noch ein Verdacht wegen versuchter Strafvereitelung im Raum gestanden hatte. Der Vorsitzende ließ daraufhin den Saal räumen. Der 20-Jährige wurde nach Ende der Verhandlung unter Polizeibewachung aus dem Justizzentrum eskortiert. Es war nicht der erste Eklat in dem Prozess. Schon der erste Verhandlungstag hatte mit einem lautstarken Tumult begonnen. Nachdem damals der 19-Jährige von einem Wachtmeister aus seiner Zelle in den Saal gebracht worden war, war die Mutter des Verstorbenen sowie weitere Freunde und Angehörige im Publikum in ein schrilles, wütendes und ohrenbetäubendes Wehklagen ausgebrochen. Beleidigungen und Drohungen waren gegen die Angeklagten ausgestoßen worden.
Auch damals hatte der Vorsitzende den Saal räumen lassen. Erst als sich die Gemüter beruhigt hatten, hatte der Prozess mit erheblicher Verzögerung starten können. Um die juristische Einordnung der Geschehnisse in der Nacht auf den 10. März ging es am Montag aber auch.
Verteidiger Ingmar Rosentreter, der einen 27 Jahre alten Angeklagten vertritt, wies den Vorwurf des gemeinschaftlichen Mordes gegen seinen Mandanten zurück: „Objektiv hat man gegen meinen Mandanten keine Beweise“, sagte Rosentreter. Sein Mandant habe den Jungen zwar gemeinsam mit dem 19 Jahre alten Angeklagten vor der Mülheimer Kneipe „Zum Krug“ entführt und auf die Mülheimer Insel verschleppt. Dort habe dann aber der 19-Jährige auf den 15-Jährigen eingestochen — sein Mandant habe hingegen versucht, das zu unterbinden, was ihm aber nicht gelungen sei. Dass der 19-Jährige behaupte, er habe auf Anweisung des 27-Jährigen gehandelt, sei als Retourkutsche zu verstehen. Der 19-Jährige habe die Einlassung seines Mandanten, in der er den 19-Jährigen belastet hatte, wohl als „Verrat“ empfunden. Rosentreter beantragte, seinen Mandanten wegen Freiheitsberaubung milde zu bestrafen.
Prozess in Köln: Ankläger greift sich ans Herz
Die Verteidiger der beiden 20 Jahre alten Angeklagten, Bernhard Scholz und Markus Haupt, plädierte auf Schuldsprüche wegen versuchter Strafvereitelung gegen ihre Mandanten. Haupt kritisierte in seinem Schlussvortrag Oberstaatsanwalt Bastian Blaut dafür, dass sein Mandant überhaupt wegen gemeinschaftlichen Mordes angeklagt war. Das Motiv für die Tötung des 15-Jährigen sei in Bezug auf seinen Mandanten „an den Haaren herbeigezogen“ gewesen. Als Blaut Stellung zum Vorwurf des Verteidigers nehmen wollte, wurde es dramatisch: Mitten in seiner Gegenrede schrie Blaut plötzlich auf und griff sich ans Herz. Er musste von einem Notfall-Sanitäter im Beratungszimmer der Kammer behandelt werden, konnte dieses wenig später aber aus eigener Kraft wieder verlassen.