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Angebot besteht seit drei JahrenKölner „Arche für Obdachlose“ hilft täglich 60 Menschen

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Sie sind an jedem Werktag vor Ort: Sozialarbeiterin Sarah Pollert, die stellvertretende Leiterin Barbara Senzig und Ida Beil, eine studentische Aushilfe. Zwei der  Frauen schauen aus einem Fenster des Containers, eine steht davor.

Sie sind an jedem Werktag vor Ort: Sozialarbeiterin Sarah Pollert, die stellvertretende Leiterin Barbara Senzig und Ida Beil, eine studentische Aushilfe.

Die Zahl bedürftiger Menschen im Stadtbild steigt erkennbar. Ein rein spendenfinanziertes Angebot hilft ihnen jetzt schon im dritten Jahr. 

Es begann auf einem unbelebten Schotterplatz mit zwei Containern und einem kleinen Team, bis heute ist es bis auf den letzten Cent durch Spenden finanziert: Vor gut drei Jahren öffnete im Mai 2022 ein in Köln einmaliges Hilfsangebot am Rand des Mülheimer Stadtparks seine Türen. Heute ist die „Arche für Obdachlose Mülheim“ ein fester Anlaufpunkt für wohnungslose und hilfebedürftige Menschen, auf dem Schotterplatz steht mittlerweile eine rege genutzte einfache Holzterrasse mit Sonnenschutz.

In den Containern wird den Gästen auf vielgestaltige Weise geholfen, in der Arztpraxis „Caya“ (Come as you are – Komm wie Du bist), die Teil der Arche ist, werden Menschen ohne Krankenversicherung medizinisch versorgt. Wer kommt in die Arche? Wie viele Menschen nutzen das Angebot? Und hat es eine Zukunft? Wir haben nachgefragt.

Arche sucht nach Räumlichkeiten

550 Menschen umfasst der Kreis der Menschen, die das Angebot der Arche nutzen. Zu den regelmäßigen Gästen gehören viele wohnungslose Menschen, von denen ein Teil in Unterkünften der Stadt schläft und ein Teil vollends auf der Straße lebt. „Ein Drittel unserer Gäste sind einkommensschwache Kölnerinnen und Kölner, die noch eine Wohnung haben“, so Fabian Daniels vom Sozialdienst Katholischer Männer (SKM), der die Einrichtung im Auftrag des Vereins „Arche für Obdachlose“ leitet.

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In die Jahre gekommen sind die Container der „Arche für Obdachlose“ am Rand des Mülheimer Stadtparks. Die Container sind mit grafischen Elementen bunt gesaltet

In die Jahre gekommen sind die Container der „Arche für Obdachlose“ am Rand des Mülheimer Stadtparks.

380.000 Euro hat der Betrieb der Arche im Jahr 2024 gekostet. Der gesamte Betrag wurde durch Spenden aufgebracht; der Großteil davon waren kleine Beträge. Für das Jahr 2025 werden 422.000 Euro benötigt — Gründe sind Tarifsteigerungen sowie höhere Kosten für Lebensmittel und Energie. Letztere fallen bei der Arche besonders ins Gewicht.

„Die Container wurden vorher zur Unterbringung geflüchteter Menschen genutzt, sie sind schon älter, nicht isoliert und wir müssen sie mit Strom heizen, was sehr teuer ist. Deshalb suchen wir dringend Räume in der Nähe des Wiener Platzes“, so der Vereinsvorsitzende Jörg Frank.

Sozialleben: Einsamkeit wird spürbar

60 Gäste kommen täglich im Schnitt in die Arche und nutzen eines oder mehrere der Angebote dort. In den Containern können sie sich aufhalten, dort gibt es ein warmes Essen, Kaffee, Tee und Wasser, die Möglichkeit, Wäsche zu waschen oder sich zu duschen. Es gibt eine Sozialberatung, eine Kleiderkammer und direkt gegenüber die Arztpraxis Caya. Fünf Sozialberatungen täglich führen die zwei Sozialarbeitenden im Schnitt durch.

„Dass die Gäste unser niederschwelliges Beratungsangebot annehmen und so erste Schritte zu Verbesserung ihrer Lebenssituation tun, ist unser Ziel. Wenn Menschen ein Schreiben ihres Vermieters erhalten haben oder Nachzahlungsforderungen nicht begleichen können, können wir oft helfen und einen Wohnungsverlust verhindern“, so Daniels. Auch die Einsamkeit älterer armer Menschen werde immer mehr spürbar. Wer kein Geld habe, könne kaum am sozialen Leben teilhaben. „Bei uns in der Arche können sie für 50 Cent bei einem Kaffee zusammensitzen. Dazu können sie im Kontakt mit unserem Team erleben, dass es noch Teile der Gesellschaft gibt, die sich für sie interessieren“, sagt Fabian Daniels.

„Obdachlosigkeit verlagert sich aus der Innenstadt in die Veedel“

1300 Behandlungen wurden in der Caya-Praxis von den 20 ehrenamtlichen Ärztinnen und Ärzten 2024 durchgeführt. „Für andere Hilfeangebote ist es oft schwer, die Menschen dazu zu bringen, zum Arzt zugehen. Die Hemmschwelle, in eine reguläre Arztpraxis zu gehen, ist oft sehr groß. Hier brauchen sie nur einmal über den Flur gehen und sind schon in der Caya-Praxis. Diese vielgestaltigen Hilfen bauen Vertrauen auf und eine Basis, auf der wir versuchen, gemeinsam mit den Betroffenen eine Verbesserung ihrer Situation zu erreichen“, schildert Daniels.

Wir sehen hier schon im dritten Jahr, wie groß der Bedarf an den vorgehaltenen Hilfen ist. Und auch, dass er weiter steigt. Deshalb kann ein solches Angebot nicht auf Dauer über Spenden getragen werden. Hier ist eine städtische Finanzierung nötig.
Jens Röskens, stellvertretender Vorstandssprecher des SKM

1600 Euro spendet das Sozialwerk der Kölner Polizei der Arche. „Polizeipräsident Johannes Hermanns hat die soziale Arbeit der Arche am sozialen Brennpunkt Wiener Platz gewürdigt. Sie wirke aus polizeilicher Sicht auch konfliktlindernd“, so Jörg Frank. Neu in der Arche ist die mobile Tierarztpraxis Tiemo, die rege genutzt wird. Einmal im Monat behandelt ein Tierarzt aus Mülheim die Hunde der wohnungslosen Menschen, die sich Untersuchungen wegen der stark gestiegenen Kosten nicht mehr leisten können.

Obdachlosigkeit verlagert sich immer mehr aus der Innenstadt in die Veedel, hier sind deutlich mehr Menschen im Stadtbild zu sehen als noch vor einigen Jahren“, haben Fabian Daniels und das Team der Arche für Obdachlose festgestellt. „Wir sind an der Kapazitätsgrenze, wir können nicht noch mehr Menschen unterstützen.“

Doch die Zahl der Menschen, die psychisch und physisch in einem sehr schlechten Zustand seien, steige immer weiter. „Wir sehen hier schon im dritten Jahr, wie groß der Bedarf an den Hilfen ist, die wir hier anbieten. Und auch, dass er weiter steigt“, sagte Jens Röskens, stellvertretender Vorstandssprecher des SKM. „Deshalb kann ein solches Angebot nicht auf Dauer über Spenden getragen werden. Hier ist eine städtische Finanzierung nötig.“