Für sie gibt es weder Schmerztherapie noch einen geschützten Platz zum Sterben. Das will eine Stiftung ändern.
Kölner Stiftung sammelt für Hospiz„Obdachlose Menschen sterben unter Brücken oder in Parks“
Wenn Schwester Christina an Jaczek W. denkt, fallen ihr als erstes die Bilder ein, die er immer mit sich trug. „Bilder von seiner Familie. Von früher. So gepflegte Fotos habe ich noch nie gesehen“, sagt sie. Die Ordensschwester der Franziskaner kümmert sich um obdachlose Menschen in Köln, um die, die alles verloren haben, die zu dritt in Hotelzimmern der Stadt oder in der Notunterkunft an der Vorgebirgstraße schlafen und auf der Straße leben. „Manche dieser Menschen sterben draußen, allein und ohne Schutz, in einer Nische auf dem Pflaster, unter Brücken oder in Parks“, sagt sie.
Um diesen Menschen zumindest ein Sterben in Würde zu ermöglichen, haben Schwester Christina und ihre Mitstifter, das Ehepaar Kirsten Lange-Wittmann und Philipp Wittmann sowie Rudger von Plettenberg für den Gesamtverband der katholischen Kirchengemeinden Kölns vor gut einem Jahr die Stiftung „pace et bene“ („Frieden und Heil“) gegründet. Ihr Ziel: sterbenden Menschen zu ermöglichen, ihre letzten Wochen in einem Hospiz zu verbringen. „Dort können auch die starken Schmerzen, die Krebspatienten oft haben, durch Medikamentengaben gelindert werden“, so die Ordensschwester. „Dank der Spenden für unsere Stiftung ist uns das für zwei schwer krebskranke Menschen gelungen.“ Sehr dankbar ist sie auch dem Team der Pflegekräfte im Hospiz der Alexianer in Rondorf, die die 49-jährige Monika N. und Jaszek W. in ihren letzten Wochen begleitet hatten.
Schwester Christina Klein ist katholische Wohnungslosenseelsorgerin für das Stadtdekanat Köln im „Gubbio“ an der Ulrichsgasse. Sie geht täglich an Orte, an denen sich obdachlose Kölnerinnen und Kölner aufhalten. Im Hauptbahnhof ist sie Monika N. begegnet. Die Frau, die als Kind mit ihren Eltern aus Polen nach Köln gekommen war, wollte lange nicht wahrhaben, dass sie sterbenskrank war. Vom Angebot der Stiftung wollte sie nichts wissen. „Sie wollte weiter Flaschen sammeln, einfach weiter leben“, erinnert sich die Franziskanerin.
Auch Monika N. schlief in der Notunterkunft des Sozialdienstes katholischer Männer (SKM), als eine von wenigen Frauen. „Oft blieb sie aber auch nachts draußen, lag auf einem Spielteppich, ein Freund versorgte sie mit Essen. Nur draußen konnte sie Cannabis rauchen gegen die Schmerzen.“ Eine medizinische Palliativversorgung oder eine dauerhafte Schmerztherapie sind in der Notunterkunft nicht möglich. An einem Tag habe sie dann plötzlich zu ihr gesagt: „Ich krepiere bald. Dann durfte ich mit ihr ins Hospiz fahren“, sagt Schwester Christina.
Lange Wartelisten auf Hospizplätze
Zwei Menschen habe man helfen können, doch der Bedarf sei viel höher, so die 63-Jährige. Allein von den obdachlosen und suchtkranken Menschen, die sie regelmäßig im Gubbio waren, seien im vergangenen Winter drei draußen in der Innenstadt gestorben. „Ein größerer Teil der Männer der Vorgebirgstraße aus den osteuropäischen Staaten hat lange hier gearbeitet, meistens illegal, so lange, bis sie sich verletzt haben oder krank wurden. Jaszek war einer von ihnen. Weil sie nicht versichert sind, können Krankenhäuser nur lebensrettende Maßnahmen durchführen. Danach werden sie zur Notunterkunft gebracht, in der sich die Mitarbeitenden sehr für die Menschen einsetzen. Aber eine pflegerische Versorgung ist dort nicht möglich.“
Um zu erfahren, wo der Hilfebedarf am aller dringendsten ist, arbeitet das Stifter-Team mit dem SKM, den Sozialarbeitenden und dem medizinischen Dienst der Stadt zusammen. Weil es in Köln nur 40 Hospizplätze und überall Wartelisten gibt, ist das Ziel der Stiftung, eine Wohnung zu unterhalten, um obdachlose Menschen dort im Sterbeprozess zu begleiten und medizinisch zu versorgen. Die sei möglicherweise in Aussicht, aber es gebe noch sehr viel Organisatorisches zu klären, so Schwester Christina für das Stifter-Team.
Jaszek W. habe sich in den letzten Wochen wohl gefühlt im Hospiz, begleitet vom Pflegeteam und palliativ versorgt. „Ihm ist eine Katze zugelaufen und er hat sich sehr gefreut, dass er einen kleinen Balkon hatte zum Rauchen“, erzählt Schwester Christina. Monika N. habe ihr auf die ihr eigene raue Weise gesagt, das sei jetzt am Ende des Lebens doch noch der Jackpot, „mal mit ganz normalen Menschen zusammenzuleben“. Beide sind Anfang Oktober gestorben. Jaszek W. wurde 62 Jahre alt. Monika N. starb mit 49 Jahren.