Die Zuwachsraten bei den Laufveranstaltungen in Köln können leicht täuschen. Viele Veranstaltungen sind längst kein Selbstläufer mehr.
Marathon und Co. in KölnLaufen wird immer mehr zum Event – kleine Läufe leiden
Der Blick ins Mailpostfach seines Vereins, der LLG Nordpark, hat die Urlaubsentspannung bei Heinz-Josef Fetten in der vorvergangenen Woche noch erhöht. Dutzende Anmeldebestätigungen für den Nachtlauf am Fühlinger See gingen jeden Tag ein. Knapp 400 Läuferinnen und Läufer haben sich bereits registriert, um für kommenden Freitag bei Fackelschein und anschließendem Lagerfeuer am Fühlinger See zu laufen. Ohne Zeitmessung. Einfach aus Freude am Laufen. „Es werden sicherlich 500 werden, das lässt sich noch gut verkraften“, sagt Fetten und zeigt sich „sehr zufrieden“.
Dass sich der Vorstand des Vereins mal Sorgen um die Kapazitätsgrenze der eigenen Saisoneröffnung macht, hätte in den vergangenen Jahren niemand gedacht. Zu markant war der Einschnitt, für den die Corona-Pandemie bei vielen Sportveranstaltungen gesorgt hatte. Seit Wochen schon lagern rund 200 Pechfackeln in Fettens Keller, der 7,5 Kilometer lange Rundkurs soll durch Feuerschein ausgeleuchtet werden. „Die nette Atmosphäre hat sich rumgesprochen. Wir haben sehr viele Gruppenanmeldungen“, berichtet Fetten, der seit vielen Jahren in der Kölner Laufszene verwurzelt ist.
Die zunehmende Laufbereitschaft der Menschen scheint derzeit einem Trend zu folgen. Auch der Generali Köln-Marathon am 6. Oktober verzeichnet ein enormes Anmeldeplus. Im Vergleich zum Vorjahr liegen die Meldezahlen für den Marathon 72 Prozent höher, beim Halbmarathon sind es sogar 83 Prozent. Frisch rechnet im Herbst mit rund 25 000 Teilnehmenden, davon 7000 beim Marathon – das habe es zuletzt vor etwa zehn Jahren gegeben. Die frühen Anmeldungen widersprechen einem anderen Corona-Trend, nämlich dem des Abwartens bis kurz vor der Veranstaltung. Das Ausschleichen der Corona-Einschränkungen hat offenbar zu einer Rückkehr des Vertrauens in das Stattfinden der Läufe geführt.
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„Wir nehmen bei vielen Laufveranstaltungen ein deutliches Plus wahr und werden das Vor-Corona-Niveau von 2019 wieder erreichen. Es gibt deutliche Zuwächse“, skizziert Holger Wesseln, Inhaber der Kölner Veranstaltungsagentur „Pulsschlag“, die Lage. Uneingeschränkten Jubel löst das bei ihm jedoch nicht aus. „Die Entwicklung ist insgesamt bedenklich, denn kleine Vereine haben es immer schwerer. Wir erleben eine Konzentration bei großen, gut organisierten Läufen“, stellt er fest. Insgesamt, so Wesseln, habe sich die Zahl der Laufenden sogar reduziert.
Die Zuwachsraten in Köln täuschen
Tatsächlich können die deutlichen Zuwachsraten bei den Laufveranstaltungen leicht täuschen. Vor gut 20 Jahren gab es in Deutschland nach Angaben des Branchenportals „hdsports“ rund 174 Marathonläufe, inzwischen sind es noch etwa 100. Kölns Marathon-Chef Markus Frisch spricht von einem „Nischenmarkt“ und geht von etwa 100.000 Aktiven in Deutschland aus. Die Teilnahmefelder vieler Läufe haben sich in den vergangenen Jahren ebenfalls verändert. „Wir haben im Vergleich zu 2019 viele alte Läuferinnen und Läufer verloren. Jetzt laufen andere Menschen, die jünger sind und eine geringe Wiederholungsquote haben“, stellt Agenturchef Wesseln fest, der selbst zahlreiche Läufe in Köln und der Region veranstaltet.
Der Eventcharakter von Laufveranstaltungen wird immer wichtiger – diesen Trend stellen viele Veranstalter fest. „Läufe werden häufig mit Städtereisen verbunden“, sagt Markus Frisch. Beim Halbmarathon in Lissabon werden kommenden Sonntag weit mehr als 30 000 Menschen starten. Für den Hamburg-Marathon Ende April haben mehr als 38 000 Läuferinnen und Läufer für einen Anmelderekord gesorgt. Doch nicht nur die Metropolen profitieren vom neuen Lauf-Boom. Auch beim Königsforst-Marathon des TV Refrath werden am kommenden Sonntag so viele Menschen wie nie starten. Erstmals wird am 2. Juni der „Swim & Run“ a, Fühlinger See veranstaltet, eine Vorbereitung auf den Köln-Triathlon.
An der Zahl der Dauerläufer, die mit verlässlicher Regelmäßigkeit beim Marathon in Köln starten, hat sich auch durch die Pandemie nicht viel verändert. „Wir hatten schon immer eine Fluktuation von bis zu 60 Prozent“, sagt Frisch. Die Analyse der Altersstruktur der Kölner Veranstaltung bestätigt jedoch den Verlust der älteren Generation von Läuferinnen und Läufern. Früher habe die Alterskurve zwei Ausschläge gezeigt. Zum einen bei den Teilnehmenden, die jünger als 30 Jahre sind, zum anderen bei jenen ab 45 Jahren. „Der zweite Alters-Höcker fehlt inzwischen komplett im Koordinatensystem“, sagt Frisch.
Wo die ältere Generation der Laufenden abgeblieben ist, gehört zu den ungelösten Rätseln der Branche. Und auch trotz des momentanen Booms sind viele Veranstaltungen kein Selbstläufer. Auf den Osterlauf am Kölner Stadion hat Holger Wesseln in diesem Jahr verzichtet. Denn es fehlt ein Hauptsponsor. „Kommendes Jahr wird es sicherlich wieder einen Osterlauf geben. Generell müssen wir die Läufe deutlich stärker bewerben“, sagt der Agenturchef. Dies sei jedoch ebenfalls ein Privileg der großen Veranstaltungen, die sich Werbung leisten können. Viele Vereine blieben dabei auf der Strecke.
Die einfachste Art, sich zu bewegen
Vielfach scheint jedoch die Motivation, für die Langstrecke zu trainieren, zurückgekehrt zu sein. „Laufen ist die einfachste Art, sich zu bewegen und gesund zu halten“, sagt Markus Frisch und verfällt lächelnd in die Rolle des Motivators: „Setzt Euch Ziele“, meint er, „und versucht sie zu erreichen.“
Diese Läufe stehen in Köln 2024 an
- 15. März: Nachtlauf der LLG 80 Nordpark am Fühliner See, Strecke: 7,5 Kilometer. Beginn: 20 Uhr.
- 17. März: Kölner Frühlingslauf der LT DSHS Köln im Stadtwald, 3,2 sowie 6,5 und 10 km. Start: 10 Uhr.
- 28. April: Dauerlauf im Severinsviertel der, 5 und 10 Kilometer, Beginn: 11 Uhr. 5. Mai: Vogelsanger Mailauf, Bürgervereinigung Köln-Vogelsang e.V.; Strecken: 0,5 / 2,5 / 5 / 10 Kilometer, Beginn: 10.30 Uhr.
- 8. Mai: OBI Nachtlauf des ASV Köln im Tanzbrunnen, 5 oder 10 Kilometer, Beginn: 21.15 Uhr.
- 12. Juni: Unilauf am Aachener Weiher, 1 (KInder), 5 und 10 km oder Staffel. Start: 16.30 Uhr. 30. Juni: Sommerlauf des LSV Porz, Strecken über 1, 5 und 10 Kilometer, Beginn: 9 Uhr.
- 5. Juli: Kölner Zoolauf des Leichathletik Teams T DSHS Köln im Kölner Zoo, Strecken über 1, 5 und 10 km, Beginn: 17.45 Uhr.
- 26. Juli: Sportscheck RUN CGN in der Altstadt , 5 oder 10 Kilometer, Beginn: 19.20 Uhr.
- 6. Oktober: Generali Köln-Marathon, 21,1 und 42,2 km.