Zwei Menschen haben mit viel Hingabe und Zeit einen wundervollen Ort für Pflanzen, Tiere und Menschen geschaffen - und jeder kann ihn nutzen.
Kölner Kirche St. Maria im Kapitol„Das ist morgens ein Gezaubere“ - Garten mit hunderten von Blumen im Kreuzgang
Die weißen Blüten leuchten vor dem Mauerwerk des Kreuzgangs, noch liegen die prächtigen Rispen im Schatten, wie sie es am liebsten mögen, zwischen ihnen hellgrünes Blattwerk. Gut zwei Meter hoch ist die Hortensie schon. Vor langen Jahren schmückte sie als kleines Gewächs den Marienaltar in der romanischen Kirche St. Maria im Kapitol.
Deren Küster Markus Schmitz hatte sie damals am Ende des Marienmonats Mai in den Innenhof des Kreuzgangs gepflanzt. Sie und mit der Zeit viele Dutzend weitere Hortensien in allen Farben, von hellrosa über violett, dunkellila und tiefblau. Dazu wachsen in den Beeten dort über 100 Rosen, Büsche von Rosmarin, Salbei, Thymian, unzählige Stauden, orangefarbene und leuchtend rote Taglilien, sonnenliebende und Schattengewächse.
Es ist ruhig im Kreuzgang und dem kiesbedeckten Innenhof, seine mittelalterlichen Steinbögen sind von weiten Beeten gesäumt, die nahe Cäcilienstraße hört man nicht. Im Licht des Vormittags schwirren winzige Insekten im Schwarm. Bienen fliegen bedächtig von einer Lavendelrispe zu der daneben, auch die offenen Bauernrosen locken sie. „Vor Einbruch der Dämmerung, da ist es am schönsten“, sagt Markus Schmitz. „Und morgens um sechs.“ Dann, wenn der 57-Jährige mit Luna, einem Schäferhund-Mischling aus dem Tierheim, seine erste Runde dreht. „Das ist morgens immer ein Gezaubere, dann summt und brummt es hier wie verrückt“, erzählt er und lacht.
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Das war nicht immer so. Der Küster, der zugleich auch Hausmeister der Kirche, des Kreuzgangs und des 1400 Quadratmeter großen Pfarrgartens ist, sitzt auf einer der beiden Bänke im Hof und blickt zurück. „Als ich 2008 herkam, war alles zugewachsen mit alten Sträuchern, Bodendeckern und Unkraut. Und es stand noch ein großer Ahorn hier, dessen Stamm von innen verfault war. Alles war dunkelgrün, der Kreuzgang finster wegen der vielen Büsche.“ Noch mehr geärgert hat ihn aber der viele Müll, die Glasscherben und Flaschen in den verwilderten Beeten.
Zu jeder Jahreszeit blüht etwas - auch im Januar
Seine Frau Ewa und er gruben den riesigen Kirschlorbeer aus, trugen den harten, steinigen Boden ab bis in gut 40 Zentimeter Tiefe. „Dann haben wir unzählige Säcke mit Blumenerde in den Beeten ausgeleert“, sagt der 57-Jährige. Dahlien sind die ersten Blumen, die das Ehepaar pflanzte, die vielgestaltigen Blüten gefallen beiden. Dann gingen sie eine Ecke nach der anderen an. „Meine Frau liebt Rosen sehr“, erzählt Schmitz schmunzelnd. Sie kümmert sich sogar noch mehr um den Garten als ich.“ Deshalb können in den Beeten neben üppig gefüllten englischen Rosen in vielen Farben auch selten gesehen Kriechrosen in hellrosa, zweifarbige Bauernrosen und blühende kleine Wildrosen bewundert werden. „Uns ist wichtig, dass in jeder Jahreszeit etwas blüht – vom roten und gelben Ginster im Februar bis zu Christrosen im Januar“, sagt Schmitz. „Im Winter sieht man dann vom Kreuzgang aus die Christrosen in tiefviolett und weiß blühen. Auch das ist wunderschön.“
Wie man Staudenbeete anlegt, sie düngt und gegen Schädlinge oder Mehltau vorgeht, haben sich Ewa und Markus Schmitz selber beigebracht; ein befreundeter Gärtner hilft manchmal. Ihre Pflanzen kaufen sie in der Alexianer Klostergärtnerei, auf eigene Kosten. „Es gibt zwar eine Sammelbüchse für uns in der Kirche, aber das reicht bei weitem nicht für Dünger, Pflanzen oder biologische Schädlingsbekämpfung.“ Eine Stunde dauere das Gießen jeden Tag, gestern habe er dreieinhalb Stunden in den Beeten gearbeitet, alte Blüten rausgeschnitten und Unkraut gejätet, so Schmitz. „Die Brennnesseln dürfen bleiben, aus ihnen machen wir Jauche gegen Blattläuse und zum Düngen.“
Wie zum Dank fürs biologische Gärtnern kommen neben Rotkehlchen und Meisen auch ein Pärchen Zaunkönige und zwei Rotschwänzchen regelmäßig in den Innenhof. „Die sind eigentlich Gebirgsvögel“, sagt Schmitz. Ein Kamelienbusch, den er nach dem Tod seiner Mutter aus ihrem Garten mitgenommen hat, spendet jetzt im Hof Schatten. Über Schmitz zieht ein Turmfalke Kreise, der im alten Gemäuer nistet. Das Pärchen hat zum ersten Mal fünf Junge. „Einmal“, erzählt der Küster, „habe ich einen vom Fliegen zutiefst erschöpften Jungvogel, der im Hof lag, wieder hoch in den Turm getragen.“ Auch das.
Hof und Kreuzgang der Kirche St. Maria im Kapitol, Kasinostraße 8, sind geöffnet 8 bis 21 Uhr. Am heutigen Samstag, 29. Juni, 14 Uhr, können Interessierte ohne Anmeldung und Kosten bei einer Veranstaltung im Hof alles über den Garten erfahren; Heike Sicconi vom Domradio moderiert.