- Die Stunksitzung geht schwungvoll in die 35. Session im Kölner Karneval.
- Zum Auftakt gab es direkt eine Hommage an Jacques Offenbach.
- Die Top-Nummern, Top-Songs und schwächsten Auftritte im Überblick.
Köln – Am Anfang steht eine Absichtserklärung. „Wir machen uns heute noch mal einen schönen Abend, bevor wir in zwei Wochen mit der buckligen Verwandtschaft feiern“, sagt Sitzungspräsidentin Biggi Wanninger. Ein Vorhaben, das bei der Premiere der Stunksitzung im Mülheimer E-Werk voll und ganz in die Tat umgesetzt wird. Auch im 35. Jahr hat die Urmutter der kölschen alternativen Karnevalssitzungen kein bisschen Patina angesetzt. Mitreißend von der Hausband Köbes Underground begleitet, ist von zynischer Abrechnung über einen bewegenden Erfahrungsbericht bis hin zum kölschen CanCan (fast) alles möglich.
Die Top-Nummern
„Parents for Future“, die den Nachwuchs bei der Demo anfeuern und dabei sogar konstruktiv mitdenken: „Mein Cayenne ist doch super – beim sich erhöhenden Meeresspiegel, da sitzt man doch viel höher.“ Und sich vor dem Urlaub auf den Malediven achtsam fragen, ob es da wohl auch adäquate Protestmöglichkeiten für klimabewegte Kinder wie Kreta oder die Zwillinge Petra und Kelly gibt.
Das Programm
56 Mal wird die Stunksitzung aufgeführt, das letzte Mal am Karnevalsdienstag. In der vergangen Session waren es 62 Vorstellungen gewesen.
Die Aufführung dauert vier Stunden (mit Pause und Zugaben). Alle Stunksitzungen sind so gut wie ausverkauft, Einzelplätze für einige Termine unter www.koelnticket.de. Der Tipp: zusammenhängende Kartenkontingente können noch auf der Kartenbörse der Stunker erworben werden. www.stunksitzung.de
An Weiberfastnacht, am Donnerstag, dem 20. Februar 2020, läuft um 22.10 Uhr ein 90-minütiger Zusammenschnitt der Stunksitzung im WDR-Fernsehen.
„Maria 2.0“ (Anne Rixmann) hat keinen Bock mehr auf den Muttergottes-Job und kündigt der katholischen Kirche ihre Mitwirkung als heilige Leihmutter auf: „Ich könnt’ gleich ins Weihwasser kotzen. Was hab’ ich eigentlich in einem Verein zu tun, wo ich noch nicht mal die Präsidentin sein darf?“ Und der sich frauenfeindliche Propaganda von Anbeginn an auf die Fahne geschrieben hat: „Eva und der Sündenfall – das hätte Goebbels nicht besser hinbekommen.“
Die Top-Songs
Statt Trübsal zu blasen, spitzen die „FC Pfeifen“ (Köbes Underground) die Lippen und stellen, mit echten Orgelpfeifen, zur Melodie von „Always Look On the Bright Side of Life“, gutgelaunt fest: „Die Meisterschale ist doch auch nur Geschirr“. „Stavros & Ali“: Der „Ich bin der Ouzo“-„Ich bin der Raki“-Rap von Neuzugang Charalampos „Babis“ Lavassas und Ozan Akhan kommt so gut an, dass noch eine Zugabe sein muss.
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Auch hitverdächtig: „CanCan“, eine kölsche Hommage an Geburtstagskind Jacques Offenbach, die in die Beine geht: „Danz, mädche, danz, ich kann CanCan. Ja, ich will dich han, han, han. Ich kann CanCan. Ich bin der Mann, der CanCan kann.“ Beim „Brexit Medley“ werden im Finale Hits von Adriano Celentano, Karel Gott oder Udo Jürgens thematisch passend umgedichtet: „Britischer Wein, den kannst du selber saufen, den braucht kein Schwein.“ Gloria Gaynors Überlebenshymne „I will survive“ gewinnt dabei eine ganz andere Qualität: „Es ist vorbei mit der EU“.
Die schwächsten Nummern
Bei „Game of Trump“ zündet die Idee, Figuren aus der Kult-Fantasy-Serie für Staatsoberhäupter zu adaptieren, nicht richtig. Außer zu ballern, zu brüllen und zu pinkeln haben „Shitter of Twitter“ und seine schmutzigen Spießgesellen nicht allzu viel drauf. Auch „Sherpa“ kann nicht richtig überzeugen. Als musikalische Vorlage dient „Chirpy Chirpy Cheep Cheep“. Im Oldie von 1971 geht es um den Sklavenhandel. Die Nähe zu den Sherpas, die als Wegbereiter gipfelsüchtiger Europäer als ausbeutbare Arbeitskräfte missbraucht werden, liegt zu deutlich auf der Hand.