Wirte proben den AufstandKölner Gastronomie will eigene Interessenvertretung gründen
- Kölner Wirte sind unzufrieden mit ihrer Vertretung durch den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband.
- Zwei Gastronomen haben deshalb die „Interessengemeinschaft (IG) Gastro” ins Leben gerufen.
- Nach nur zwei Tagen, haben bereits 60 Wirte angekündigt mitmachen zu wollen.
Köln – Ein Wirt, der nicht für voll genommen wird? Das klingt zunächst nach einem etwas abgestandenen Thekenwitz. Doch den Kölner Gastronomen ist es ernst: Sie wollen mehr Gehör finden und sich neu organisieren. Der Redebedarf ist offenbar groß. Zwei Tage nach dem ersten Aufruf haben bereits 60 Wirte mit 80 Lokalen angekündigt, bei der „Interessengemeinschaft (IG) Gastro“ mitmachen zu wollen.
Darunter sind bekannte Namen wie die Brauerei in der Malzmühle oder Alexander Manek mit dem Sülzer Haus Unkelbach. Einige haben die Mitgliedschaft im Deutschen Hotel-und Gaststättenverband (Dehoga) bereits gekündigt oder wollen dies nun tun.
„Die Gastronomie ist der drittgrößte Arbeitgeber in der Stadt“, heißt es auf der diese Woche ins Leben gerufenen Facebook-Seite der IG Kölner Gastro. „Dennoch haben wir kaum eine Lobby und in vielen Situationen werden wir von Behörden, Institutionen und politischen Regelungen eher nicht für voll genommen.“ Ins Leben gerufen haben die Seite der umtriebige Südstadt-Wirt Daniel Rabe und der Chef des Sülzer ABS, Raimund Stuka.
Der Wirt als Feind wahrgenommen
Ziel ist es, im nächsten Jahr rund 200 Gastronomen zusammenzubringen, um sich dann zu organisieren und die Interessen entschieden zu vertreten. „Wir brauchen eine Stimme, und wir brauchen mehr Tempo“, sagt Rabe. Viele Kollegen fühlten sich von den Mitarbeitern des Ordnungsamtes regelrecht drangsaliert. Ob es um die Außenbestuhlung, Lärmschutz und Streit mit Nachbarn oder fehlende Toiletten im Karneval geht: Der Wirt werde von der Stadt häufig als Feind wahrgenommen, klagen die Wirte.
Der Verband
1300 Gastronomen und 200 Hotelbetriebe in Köln zählen zum Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Mit dem Bezirk Nordrhein deckt der Verband die Regierungsbezirke Köln und Düsseldorf ab.
Das Gebiet reicht also von Euskirchen im Süden bis nach Kleve im Norden. Der Jahresbeitrag liegt je nach Unternehmensgröße zwischen 400 und 2500 Euro im Jahr.
Der Verband ist Tarifpartner in Nordrhein-Westfalen und hilft bei arbeitsrechtlichen Fragen. Er sieht sich als politischer Vertreter und hat etwa bei der Bettensteuer erfolgreich gegen die Stadt geklagt. Mitglieder der Dehoga bekommen Rabatte auf Gema-Gebühren, Pay-TV-Abos oder beim Kauf von Dienstfahrzeugen. (mft)
Dabei wäre mit der Dehoga die Interessenvertretung schon da. Doch die Gastronomen kritisieren sie scharf. Zu langsam, zu weit weg, zu wenig Netzwerk. „Ich habe die Dehoga schon letztes Jahr verlassen“, sagt Alexander Manek, der neben dem Unkelbach auch das Alte Brauhaus auf der Severinstraße und den Bieresel betreibt. Es sei heute kaum möglich, einen Koch zu bekommen. Dem Verband sei das egal, es werde nicht mit einer Imagekampagne gegengestartet. „Da kommt nix.“
Auch Rabe will Ende des Jahres mit all seinen Betrieben (unter anderem „Bagatelle“ und „Brasserie“) raus aus dem Verband. Den Vorwurf der Tarifflucht wollen die Wirte nicht auf sich sitzen lassen: „Wenn ich nicht über Tarif bezahlen würde, würde ich gar kein Personal bekommen“, sagt Manek. Als „zahnlosen Tiger“ bezeichnet Raimund Stuka, der seit 30 Jahren Chef des ABS ist, den Dehoga.
Dehoga bleibt gelassen
Der Verband könne bei konkreten Fragen kaum weiterhelfen, fördere nicht den Austausch, der aber notwendig sei, etwa auch um besser mit den Brauereien verhandeln zu können. „Ich brauche eine Interessenvertretung, die sofort handeln kann“, sagt Stuka. Der Dehoga sei zu groß. „Die leben in einer eigenen Welt.“
Der kritisierte Verband reagierte auf Nachfrage der Rundschau betont gelassen. „Wir finden es gut, wenn sich die Gastronomen vernetzen“, sagt Dehoga-Geschäftsführer Christoph Becker. Das sei kein Widerspruch. Der Dehoga Nordrhein sei schließlich für ein riesiges Gebiet und eben auch Hotelbetriebe zuständig. Es sei aber nicht hilfreich, jedes Thema in den sozialen Netzwerken loszutreten.
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So habe es einen Aufschrei um die Nutzung der Außengastronomie gegeben. Die Stadt hatte, um die Barrierefreiheit gewährleisten zu können, keine Konzessionen mehr vergeben. „Es wird sich im Ergebnis nicht viel ändern“, sagt Becker. Solche Prozesse müsse man in Ruhe bewerten. Angst vor einem Ausbluten des Verbandes hat er nicht: „Dafür sind wir zu stark und zu groß.“
Jens Meifert zum Ärger der Wirte
Da ist offenbar viel Frust aufgelaufen. Wenn sich innerhalb von 48 Stunden 60 Gastronomen einem Aufruf anschließen, der auf eine eigene Interessenvertretung hinaus läuft, gibt es Redebedarf. Dafür ist die Kneipe im Prinzip der richtige Ort.
Die Wirte fühlen sich von Kontrollgängen der Stadt bedrängt und sie wollen sich besser vernetzen. Das kann helfen, wenn wieder einmal Personal fehlt, wenn die nächste Eckkneipe leer steht oder bei den Preisverhandlungen mit den Brauereien.
Der Verband Dehoga muss sich fragen lassen, warum er als Interessenvertretung als so wenig tauglich empfunden wird. Es drängt sich der Eindruck auf, dass hier gründlich aneinander vorbei geredet wird. Das sollte an der Theke auf keinen Fall passieren.koeln@kr-redaktion.de