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Kölner Bürger sollen mitredenWird der Kalkberg zu einem Landschaftspark?

Lesezeit 5 Minuten
Kalkberg vom LVR Turm aus gesehen

Blick auf den Kalkberg

Köln – Es ist eine Art von Friedhofsruhe eingekehrt auf dem Kalkberg. Ruhig steht die ehemalige Deponie der Kalker Chemiefabrik mit ihrem eingemotteten Hangar für Rettungshubschrauber über der Stadt. Ein Geldgrab. Die Sanierung der Halde und der Bau der Station haben über 30 Millionen Euro verschlungen. Zukunft? Ungewiss. Das einzige, was sicher scheint: Rettungshubschrauber sollen oben nicht mehr zu stehen kommen. So hat es der Stadtrat Ende 2019 entschieden. Doch nun kommt Bewegung in den Berg.

Am 22. Oktober findet ein „Gipfeltreffen“ im Hangar statt. Fürs Erste versammelt nur ein kleiner Kreis. In Vorbereitung zu einer Bürgerbeteiligung. Mit ihr soll Zukunftsfrage des Kalkbergs beantwortet werden. Ideen liegen aber bereits auf dem Tisch und werden auch schon bei diesem ersten Treffen zur Sprache kommen. Ganz oben auf der Liste: ein Landschaftspark.

Bürgerbeteiligung wird gerade vorbereitet

Bei der Stadt möchte man über den Termin am 22. Oktober lieber nicht sprechen. Der sollte noch gar nicht in die Öffentlichkeit kommen. Weil es sich eben noch nicht um die Bürgerbeteiligung, sondern erst um die Vorbereitung dazu handle. Nach Informationen der Rundschau findet sich an dem 22. Oktober ein kleiner Kreis von rund 30 Menschen zusammen. Der Dezernent für Umwelt, Klima und Liegenschaften, William Wolfgramm, wird dazugehören. Sozialraumkoordinatoren und Mitarbeiter des Büros für Öffentlichkeitsbeteiligung werden sich an diesem Tag auf dem Weg zum Gipfel machen. Kölnerinnen und Kölner, die sich bereits rege in die Diskussion um die Weiternutzung des Kalkbergs eingebracht haben, sind ebenfalls eingeladen.

Es gibt bereits einige Visionen für den Kalkberg

Allen voran Boris Sieverts, Kopf der Interessengemeinschaft (IG) Kalkberg. So zugeknöpft die Stadt bleibt, so offen geht er mit dem ersten „Gipfeltreffen“ zur Zukunft des Kalkbergs um. Ja, es gehe dabei hauptsächlich um die Vorbereitung der Bürgerbeteiligung, bestätigt Sieverts. Diesen Teil nennt er „die Pflicht“. Und die Kür? „Wenn wir gar nicht über Szenarien für die zukünftige Nutzung reden, wird das für Unruhe sorgen“, sagt er. „Darum geben wir auch dieser Diskussion Raum“, so Sieverts.

Zumal diese Diskussion nicht bei Null anfängt. In zahllosen Veranstaltungen und Protestversammlungen haben sich bereits Visionen herausgeschält, Favoriten entwickelt. „Eine Idee, die auf ein breites Echo stößt und der sich auch die Verwaltung gegenüber offen zeigt, ist den kleinen und den großen Kalkberg zu einem Landschaftspark zu vereinen“, sagt Sieverts. Wie der große, so ist auch der kleine Kalkberg eine Altlastenhalde. Weil er für eine Bebauung nie in Frage kam, trat er nur selten aus dem Schatten seines großen Bruders heraus. „Ich finde diese Idee super“, positioniert sich Sieverts sogleich. Beide Halden würden sich für dieses Projekt perfekt ergänzen.

Bleibt die Frage nach dem Hangar auf dem Kalkberg

Doch was wird aus dem Hubschrauberhangar mit angegliedertem Sozialgebäude? Zu rund 90 Prozent wurden die Bauarbeiten an dem Gebäudekomplex abgeschlossen, wie der ehemalige Kölner Stadtdirektor Stephan Keller (CDU) vorrechnete, kurz bevor er in Düsseldorf die Wahl zum Oberbürgermeister gewann. Keller wagte damals einen letzten Vorstoß, den Hangar doch noch seiner eigentlichen Bestimmung zuzuführen – und scheiterte am Rat, in dem damals die Grünen von der Seite ihres Bündnispartners CDU wichen, um die Hubschrauber vom Kalkberg zu verbannen.

Sieverts könnte sich für den rund 600 Quadratmeter großen Hangar eine Nutzung als Veranstaltungshalle vorstellen. Eine Idee, die seit dem damaligen Ratsbeschluss für eine dauerhafte Stationierung der Hubschrauber am Flughafen immer wieder aufkam. „Vielleicht kombiniert mit einer Kletterhalle. Die Außenflächen eignen sich zudem hervorragend für eine Gastronomie, ein Kalkbergrestaurant“, schwärmt der IG-Vorsitzende.

Bürgerbeteiligung zum Kalkberg soll 2023 starten

Alles Wolkenkuckucksheim? Die Ideen, die Sieverts nennt, kommen aus den Gesellschaftskreisen, die sich auch bei der Bürgerbeteiligung einbringen werden. Die soll offiziell Anfang 2023 starten. Und bis dahin könnten diese Ideen ein weit offeneres Ohr als bisher in der Verwaltung finden. Denn für den Kalkberg wechseln die Zuständigkeiten. Noch ist die Stadtdirektorin Andrea Blome zuständig. Blome riet vor einem Jahr der CDU-Fraktion dazu, den Kalkberg als Hubschrauberstation vorzuhalten. Denn das Genehmigungsverfahren für einen dauerhaften Standort am Flughafen werde sich über Jahre ziehen und sei im Ergebnis offen.

Doch nun geht der Kalkberg in die Hände William Wolfgramm über. Er wird mehr als einst Stadtdirektor Keller und nun Blome daran interessiert sein, schnell eine Nutzung auf der Halde zu etablieren. Oder wie Sieverts es ausdrückt: „Wir müssen jetzt starten, damit mehr Bewegung in die dauerhafte Stationierung der Hubschrauber am Flughafen kommt.“

Hintergrund: Der Kalkberg in Zahlen

30.000 Euro kosten laut der IG Kalkberg der ungenutzte Hangar mit angeschlossenem Sozialgebäude im Monat an Unterhaltskosten. Das Geld summiert sich demnach vor allem durch Heizkosten in den kälteren Monaten (um Schimmelentwicklungen vorzubeugen) und durch Security-Dienste.

2005 wurde das Gelände nach einem Ratsbeschluss für eine Rettungshubschrauberstation vorgesehen. Bis zur Fertigstellung sollten die Hubschrauber auf dem Flughafen Köln/Bonn stationiert werden. 2011 beschloss der Rat, auf dem Kalkberg ein gemeinsames Luftrettungszentrum für den Rettungshubschrauber „Christoph 3“ und den Intensivtransporthubschrauber „Christoph Rheinland“ zu errichten. Die 32 Meter hohe Chemiekippe wurde vor Baubeginn aber nur bis in eine Tiefe von acht Metern untersucht. Eine 20 Meter starke durchfeuchtete Kalkschicht blieb unentdeckt.

2013 nahm die Staatsanwaltschaft Köln ein Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche der Stadt im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb des Kalkbergs auf, konnte aber keine Unregelmäßigkeiten feststellen. Im September 2013 begannen die Bauarbeiten.

2015 wurde im Juni bekannt, dass Teile des Fundamentes um bis zu sieben Zentimeter abgesackt sind. Es wurde ein Baustopp verfügt. Ende September lagen die Unterschiede der Bodenplatte bei 13 Zentimetern. Zudem traten Risse an den Wänden auf. Schließlich wurde die Kuppe mit der Aussichtsplattform abgetragen, um Gewicht zu mindern.

2019 beschlossen Grüne, SPD und Linken, die Hubschrauber sollen dauerhaft am Flughafen stationiert, der Hangar aufgegeben werden.