Köln – Wie geht es den Kölner Bürgerinnen und Bürgern? Wie leben sie, mit welchen Problemen haben sie zu kämpfen? Welche Unterschiede bestehen in den Stadtteilen? Solchen Fragen sind bereits viele Studien nachgegangen. Doch keine war so breit aufgestellt wie der nun vorgelegte „1. Kölner Lebenslagenbericht 2020“.
Auf 368 Seiten präsentieren die Autoren um Dietrich Engels vom Kölner Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG) eine Fülle von Informationen zum sozialen Gefüge der Stadt und geben einen Ausblick auf die künftige Entwicklung. Neu daran sei insbesondere der integrierte Ansatz, mit einer Methode ganz viele wichtige Themen darzustellen, betont Sozialdezernent Harald Rau. Der Stadtrat hatte den Bericht 2017 in Auftrag gegeben, um eine solide Grundlage für künftige Entscheidungen zu erhalten. Ein Überblick:
Altersstruktur
Der für rund 200.000 Euro von April 2018 bis März 2020 erstellte Bericht wurde wegen Corona mit einem Jahr Verspätung präsentiert. Er fußt auf Daten aus dem Jahr 2018 und betrachtet generell vier Lebensphasen: Kindheit und Jugend, junges und mittleres Erwachsenenalter und Seniorenalter.
Er sagt voraus, dass Kölns Einwohnerzahl bis 2040 um fünf Prozent auf 1.145.800 Personen zunimmt. Der Anteil der Älteren ab 65 Jahre wächst besonders stark um 27 Prozent auf 241.500 Personen. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren legt um drei Prozent auf 181.700 Personen zu. Köln wird also zugleich älter und jünger.
Dagegen schrumpft bis 2040 die Zahl der Kölner zwischen 35 und 64 um ein Prozent auf 445.200 Menschen, während die Gruppe der 18- bis 34-Jährigen nur um ein Prozent auf 277.400 Personen wächst. Das hat zur Folge, dass sich das Verhältnis zwischen der arbeitenden Bevölkerung und der von ihr abhängigen Gruppe der Kinder und Rentner verschiebt. Auf 100 Kölner im erwerbsfähigen Alter zwischen 18 und 64 werden im Jahr 2040 rund 33 Rentner kommen sowie 25 Minderjährige. 2018 waren es 26 Rentner und 24 Minderjährige.
Einkommen
Das verfügbare jährliche Pro-Kopf-Einkommen der privaten Haushalte betrug 2017 in Köln 22.319 Euro. Damit lag es unter dem Bundesdurchschnitt (22.623 Euro), aber über dem Schnitt in NRW (22.263 Euro). Der Zuwachs seit dem Jahr 2010 fiel in Köln mit 13 Prozent geringer aus als im Bund (16 Prozent) und in NRW (15 Prozent).
Armutsrisiko
Ausführlich beschäftigt sich der Bericht mit der Frage, welche Faktoren ein Abrutschen unter die Armutsgrenze begünstigen. Demnach haben Kölnerinnen und Kölner mit Migrationshintergrund ein deutlich erhöhtes Armutsrisiko von 38 Prozent, in der Gesamtbevölkerung beträgt es 23 Prozent. Das sei alarmierend, so Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Die Stadt müsse ihr Augenmerk stärker auf Integration richten.
Bildung
Dass Bildung der Schlüssel für ein erfolgreiches Berufsleben ist, bestätigt der Bericht eindrucksvoll. Demnach beträgt bei den 18- bis 34-Jährigen das Armutsrisiko 81 Prozent, wenn sie keinen Schulabschluss haben.
Mit Hauptschulabschluss sind es 49 Prozent, bei Mittlerer Reife 35 Prozent und mit Abitur oder Fachhochschulreife immerhin noch 24 Prozent.
Gesundheit
Der Bericht stellt fest, dass elf Prozent der Kinder und Jugendlichen übergewichtig sind. Mehr als ein Drittel der Erstklässler (37 Prozent ) haben bereits Karies. Kinder aus armen und bildungsfernen Schichten seien häufiger betroffen. Rund 22.000 Kinder zwischen sieben und 17 Jahren sind potenziell von psychischen Störungen betroffen. Geschätzt 10.500 Jugendliche legen ein „riskantes Alkoholkonsumverhalten“ an den Tag.
Sozialstruktur
In den Stadtteilen identifiziert der Bericht unterschiedlich große Belastungen für die Einwohner. Sie wurden in vier Lebenslagen-Typen kategorisiert (siehe Grafik). Erhöhte Problemlagen finden sich etwa in Chorweiler, Mülheim, Kalk oder Meschenich. Das sei „eine in Köln nicht unbekannte Karte“, räumte Sozialdezernent Rau ein. Ziel müsse sein, in allen Veedeln für Vielfalt und eine gemischte Bevölkerung zu sorgen.
Ausblick
Die Verwaltung habe den Auftrag, „ein soziales Auseinanderdriften in der Stadt zu vermeiden“, sagte Rau. Der Bericht, der selbst keine Handlungsempfehlungen enthält, liefere dazu eine Fülle von Erkenntnissen. Er wird nun in den politischen Gremien diskutiert. Rau lud alle dazu ein, sich mit den Daten zu beschäftigen und daraus Ideen abzuleiten.