Die Ereignisse der Untersuchung haben ein innerkirchliches Erbeben ausgelöst, das auch in Köln spürbar ist.
Missbrauch größer als befürchtetStudie erschüttert die evangelische Kirche auch in Köln
Es wurde schlimmes erwartet – und es kam noch schlimmer. Die Missbrauchstudie Forum der Evangelischen Kirche in Deutschland hat deutlich gemacht, auch die Evangelische Kirche steht vor einem Abgrund von sexueller Gewalt und Missbrauch in ihrer Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg. Und wie die katholische Kirche muss auch sie sich fragen lassen, ob sie wirklich in der Lage ist, Fehlverhalten und Verbrechen all umfänglich aufzuarbeiten. Die Ereignisse der Untersuchung haben ein innerkirchliches Erbeben ausgelöst, das auch in Köln spürbar ist.
Der Stadtsuperintendent der Evangelischen Kirche in Köln und Region, Bernhard Seiger, hat nach Veröffentlichung der rund 2600 Seiten umfassenden, ein e Stellungnahme abgegeben. „Entscheidend ist unsere Haltung: Wir müssen wahrnehmen, dass über Jahrzehnte auch in unserer Kirche viele Menschen großes Leid an Leib und Seele erlitten haben, durch Amtsträger, durch Mitarbeitende, auch durch Ehrenamtliche in der Kinder- und Jugendarbeit. Viele Betroffene tragen daran ihr ganzes Leben“, sagt er. Dazu könne es nur eine Haltung geben: „Auf der Seite der Betroffenen stehen, in Kontakt sein, danach fragen, was jetzt dran ist und ihnen hilft. Sexualisierte Gewalt widerspricht allem, was wir in der evangelischen Kirche glauben und wollen“, so Seiger. Die nächsten Schritte müssten laut des Stadtsuperintendenten sein: Die Studie studieren, auf allen kirchlichen Ebenen diskutieren und dann Veränderungspotenzial ableiten.
Gemeinde Köln gibt Beispiel für weiteres Vorgehen
Die Evangelische Gemeinde in Köln scheint da schon einen Schritt weiter. Genau genommen ist sie bereits aktiv geworden, bevor die Forum-Studie veröffentlich wurde. Und sie könnte beispielhaft dafür werden, wie evangelische Gemeinde nach der Studie mit dem erschreckenden Ergebnis umgehen können.
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Es fing an mit einem unguten Bauchgefühl, denn: „Wir hatten einiges an Gerüchten gehört, über einen mutmaßlichen Täter, aber wenig Konkretes“, sagt die Sprecherin der Gemeinde, Claudia Keller. Ein Betroffener hatte sich nicht an die Gemeinde gewandt, zu der die Anthoniter-, Christus-, Kartäuser-, Luther- und Thomaskirche gehören. „Man kommuniziert immer hinterher statt proaktiv, das wollten wir vermeiden“, erklärt Keller die weiteren Schritte. „Darum haben wir haben bereits 2019 einen Arbeitskreis gebildet und sind 2020 in eigene Nachforschungen und die konkrete Suche nach betroffenen Menschen eingetaucht.“ Mehr noch: Bereits vor Veröffentlichung der Forum-Studie hat sich die Gemeinde zusammen mit dem Kirchenkreis Köln-Mitte und der Landeskirche an die Uni Wuppertal mit dem Auftrag für eine Studie gewandt. „Die Arbeit daran beginnt in diesem Jahr“, kündigt Keller an. Und schon jetzt zeigt sich, das Bauchgefühl am Anfang hatte nicht getäuscht: „Mittlerweile hat sich eine Betroffene an uns gewandt“ , berichtet die Sprecherin.
Was verspricht sich die Gemeinde von ihrer Studie? „Sie ist als Projektbegleitung und Analyse geplant. An uns als eigeninitiav gestarteter Gemeinde soll exemplarisch herausgearbeitet werden, wie künftige Aufarbeitungsprozesse aussehen könnten und möglichst gestaltet sein sollten. Sie soll greifbar und handhabbar machen, wie aufgearbeitet werden kann - gegebenenfalls sogar ohne Betroffene und trotz interner Schwachstellen“, sagt Keller.