Die Sanierung der Kölner Bühnen verschlingt gewaltige Summen. Nach der jüngsten Kostenexplosion haben wir genauer nachgefragt.
Kosten pro TagSo teuer ist die Bühnen-Baustelle in Köln wirklich
Augen zu und durch – das scheint inzwischen das Motto bei der Sanierung der städtischen Bühnen am Offenbachplatz zu sein. Nach der erneuten Verzögerung und Kostensteigerung auf fast 800 Millionen Euro will derzeit zwar niemand einen neuen Eröffnungstermin nennen. Gearbeitet wird aber durchaus auf der Baustelle. Trotzdem steht weiterhin die Frage im Raum, ob die Bühnen überhaupt fertiggestellt werden können. Doch die Forderung der SPD nach einem Baustopp wurde vom Ratsbündnis als Populismus abgetan.
Die Rundschau wollte sich auf der Baustelle selbst ein Bild vom Fortgang der Arbeiten machen und hat dazu vor mehr als sechs Wochen eine Anfrage an die Stadt Köln gestellt. In der Antwort des Presseamts heißt es, man werde prüfen, wann dies möglich sei: „Aktuell liegt der Fokus darauf, die Geschwindigkeit und die Abläufe auf der Baustelle zu erhöhen und zu verbessern. Daher finden beispielsweise bis auf weiteres keine Führungen für Bürgerinnen und Bürger statt, um den Bauablauf nicht zu stören und zu verzögern.“
Daraufhin haben wir einen Fragenkatalog an die Stadt geschickt. Die Antworten haben es in sich.
Die Kosten der Baustelle
Als Erstes wollten wir wissen, wie viel Geld die Bühnenbaustelle pro Tag verschlingt. Im Stadtrat hatte CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau gesagt, sie verursache zurzeit jeden Monat Kosten von fast vier Millionen Euro – egal ob dort gearbeitet werde oder nicht. Kann es wirklich so viel sein? Nicht ganz, aber fast.
Die Stadt teilt mit: „Die täglichen Kosten der Baustelle werden hauptsächlich durch die sogenannten Gemeinkosten der Baustelle bestimmt. Diese bestehen im Wesentlichen aus Kosten für die Baustelleneinrichtung (Container, Bauzaun, Wasser, Strom, Gerüste, Sicherheitspersonal, Bauaufzüge etc.) sowie die örtliche Bauleitung und Objektüberwachung (Personalkosten). Aktuell belaufen sich diese zeitabhängigen Kosten auf rund 2,5 bis 3 Millionen Euro pro Monat.
Drei Millionen Euro pro Monat – das sind auf zwölf Monate und 365 Tage gerechnet im Schnitt 98.630,14 Euro am Tag. Bei 2,5 Millionen Euro im Monat sind es 82 191,78 Euro am Tag. Nimmt man den Mittelwert aus beiden Angaben (2,75 Millionen Euro im Monat), reden wir über durchschnittliche Kosten der Baustelle von 90 410,96 Euro pro Tag. Diese Summe geben die Bühnen täglich aus, damit überhaupt weitergebaut werden kann. Die eigentlichen Bauleistungen sind dabei noch nicht eingerechnet.
Eine Burg an Baucontainern
Wer sich der Baustelle nähert, sieht zuerst eine Burg aus aufeinandergestapelten Baucontainern. Die Stadt nennt sie auch so, spricht von „Containerburg I“ und „Containerburg II“. Zusammen kosten sie rund 27.000 Euro netto im Monat. Die Stadt erklärt: „Die Bühnen der Stadt Köln sind verpflichtet, den Firmen auf der Baustelle Tagesunterkünfte zur Verfügung zu stellen. Die Firmen haben für die Nutzung der Container anteilig je 300,00 Euro pro Monat zu entrichten.“
Personaleinsatz auf der Baustelle
Laut Stadt arbeiten zurzeit täglich „knapp über 200“ Handwerker auf der Bühnenbaustelle, vor allem im Opernhaus. „Die Arbeiten umfassen sämtliche Gewerke des Innenausbaus, wie beispielsweise Trockenbauer, Schlosser, Schreiner, Maler, Elektro, Sanitär etc. Zudem finden Bautätigkeiten bei den Außenanlagen sowie im Schauspielhaus und in der Kinderoper statt“, so die Stadt. Welche Arbeiten als nächstes anstehen, werde „anhand einer detaillierten Wochenplanung mit allen beteiligten Firmen sowie den Teilprojektleitern und allen Objektüberwachungen täglich besprochen“.
Abgelaufene Hydraulikschläuche
Im Stück „Grmpf“ von Autor Mike Müller und Regisseur Rafael Sanchez, mit dem das Team des Kölner Schauspiels das Desaster um die Bühnensanierung am „Geschlossenbach-Platz“ aufs Korn nimmt, wird Folgendes kolportiert: Neu eingebaute Hydraulikschläuche für die Bühnentechnik mussten ersetzt werden, weil ihr Haltbarkeitsdatum bereits abgelaufen ist. Ist das wahr?
Ja, räumt die Stadt ein: „Die Hydraulikschläuche der Untermaschinerie müssen nach fachtechnischer Einschätzung in Intervallen von acht bis zehn Jahren getauscht werden. Wie seit langem bekannt, ist die Bühnenmaschinerie in weiten Teilen fertiggestellt, teilabgenommen und befindet sich im Testbetrieb. Der Tausch wurde im Frühjahr 2024 durchgeführt.“ Es mussten also bereits Teile einer Bühnentechnik erneuert werden, die noch nie bei einer Aufführung im Einsatz waren.
Wartung der Bühnentechnik
Was muss denn noch alles erneuert werden? Die Stadt nennt auf Anfrage keine Beispiele, sie erklärt: „Eine regelmäßige Überprüfung der Gewährleistung und zulässigen Nutzungsdauer aller Technikkomponenten durch die Betriebs- und Projektleitung findet kontinuierlich statt.“ Der Wartungsaufwand für die bereits installierte Technik werde „im Gesamtprojektablauf mit terminiert. Eine regelmäßige Wartung durch die Betriebs- und Projektleitung findet statt.“ Die Kosten dafür sind beträchtlich, räumt die Stadt ein: „Die Anlagen der Bühnenmaschinerie werden etwa jährlich gewartet. Die Kosten dafür belaufen sich auf zirka 250.000 Euro brutto.“ Pro Jahr.
Fortschritte auf der Baustelle
Täglich sind rund 200 Arbeiter auf der Baustelle, aber wird auch etwas fertig? Der vorherige Chefsanierer Bernd Streitberger hatte das Projekt, das die Sanierung von Oper und Schauspielhaus sowie den Bau von Kinderoper und Kleinem Haus umfasst, in 312 Bereiche unterteilt. Davon waren bis Ende Mai erst 131 fertiggestellt.
Der neue Betriebsleiter, Baudezernent Markus Greitemann, und Projektmanager Jürgen Marc Volm haben die Baustelle in elf Teilprojekte eingeteilt. Davon ist bisher noch keines fertiggestellt. „Wie kommuniziert, ist die bauliche Fertigstellung der Teilprojekte für die zweite Hälfte 2025 geplant“, so die Stadt.
Immer wieder müssen bereits fertige Abschnitte erneut bearbeitet werden – etwa wegen Mängeln oder Brandschutzauflagen. So galt zum Beispiel die Außenfassade an der Krebsgasse bereits als fertiggestellt, nun ist sie wieder eingerüstet. „Das Gerüst dient zur Beseitigung von Mängeln, welche im Rahmen der Abnahme der Außenfassade festgestellt wurden“, heißt es von der Stadt.
Empfindliche Polster
Im Stück „Grmpf“ wird thematisiert, dass restaurierte Polstersitze für den Zuschauersaal im Baustellenbereich offen gelagert werden, während es ringsum kräftig staubt. Die Stadt erklärt dazu: „Es trifft zu, dass etliche Kartonagen mit Stuhlpolstern über einen längeren Zeitraum im Bereich der Seitenbühne aufbewahrt wurden. Nach Einbau der Polsterung wird diese grundsätzlich gereinigt und anschließend werden die Sitzreihen mit einer Abdeckplane geschützt.“
Ein Klima-Raum für Konzertflügel
Die lustigste Geschichte aus „Grmpf“ geht so: Es gebe bei den Bühnen einen klimatisierten Raum für die Lagerung von Konzertflügeln, damit diese nicht vor jedem Konzert neu gestimmt werden müssten. Bei der Planung habe man jedoch die Klimaanlage vergessen. Man habe sie nachträglich eingebaut, doch nun sei der Raum zu klein. Der Flügel passe jetzt nur noch senkrecht hinein und müsse deshalb jedes Mal neu gestimmt werden.
Echt jetzt? Die Stadt teilt dazu mit, das treffe nicht zu: „Der Konzertflügel im Opernhaus wird nach Aufnahme des Spielbetriebs in unmittelbarer Bühnennähe gelagert. So kann dieser ohne großen Aufwand für Proben per Podium auf die Bühne verfahren werden. Auch das Schauspielhaus verfügt über keinen gesonderten Klimaraum für Konzertflügel.“
Na, Gott sei Dank.