AboAbonnieren

Probleme für RollstuhlfahrerSo reagieren KVB und Politik auf die Kritik an mangelnder Barrierefreiheit

Lesezeit 4 Minuten
Ein Höhenunterschied wie dieser in den aktuellen Bahnen ist mit dem Rollstuhl noch zu überwinden. Mit einer Rampe direkt dahinter werde es sehr schwierig, kritisieren Betroffene.

Ein Höhenunterschied wie dieser in den aktuellen Bahnen ist mit dem Rollstuhl noch zu überwinden. Mit einer Rampe direkt dahinter werde es sehr schwierig, kritisieren Betroffene.

Zwei Ausschüsse setzten sich gemeinsam mit der Kritik von Behindertenverbänden zur mangelnden Barrierefreiheit der neuen KVB-Niederflurbahnen auseinander.

„Für Hunderte von Millionen Euro bekommen wir nicht die bestmögliche Lösung. Und nicht mal eine gute“, sagt Horst Ladenberger. Und: „Der Beförderungsauftrag der KVB muss doch für alle Kölnerinnen und Kölner gelten.“ In der gestrigen gemeinsamen Sitzung des Sozial- und Verkehrsausschusses versuchte das Gründungsmitglied des Arbeitskreises Barrierefreies Köln (ABK) ein letztes Mal, den Bau der Niederflurbahnen NF6/NF12 in der beauftragten Form zu verhindern. „Ohne wesentliche funktionale Veränderungen wird es in diesen Bahnen keine Barrierefreiheit geben“, appellierte auch Paul Intveen, Vorsitzender der Stadtarbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik. „Wir werden immer mehr ältere Menschen in Köln haben. Und auch die Verkehrswende kann nur gelingen, wenn die Bahnen wirklich für alle Menschen nutzbar sind.“

Das Problem: Menschen im Rollstuhl oder mit Rollator müssten beim Einstieg zuerst einen Höhenunterschied von fünf Zentimetern überwinden und dann eine schräge Ebene von knapp einem Meter (wir berichteten). „Das geht nur mit viel Schwung und großem Kraftaufwand. Viele Menschen werden das nicht schaffen. Falls man auf der Schräge steht, kann man sich nicht umdrehen und ist in einer gefährlichen Situation, wenn die Bahn anfährt“, schildert der 63-jährige Ladenberger, der das aktuelle Fahrgastraum-Modell getestet hat.

„Es ist deutlich geworden, dass es einen Unterschied zwischen den technischen Anforderungen an Barrierefreiheit, die eingehalten wurden, und den Anforderungen der Mobilitätsbeeinträchtigten gibt“, sagte Mirjam Tomš, Behindertenbeauftragte der Stadt. „Deshalb müssen Tests an Bahnmodellen durch Profis durchgeführt werden. Und nicht nur mit ein oder zwei Betroffenen .“

Alles zum Thema Kölner Verkehrs-Betriebe

Das hatten die KVB auch 2017 so gehandhabt. An den ersten Abstimmungsgesprächen 2017 und 2018 nahmen neben vier KVB-Mitarbeitenden zwei Vertreter von Behindertenverbänden teil. Im März 2018 hatten Horst Ladenberger und Bernd Fahlenbock, der einen E-Rollstuhl fährt, laut KVB-Protokoll konkret gefordert: „Das Fahrzeug soll möglichst stufenfrei ausgeführt werden. Die maximale Neigung soll acht Prozent nicht überschreiten. Die Neigung soll außerhalb der Eingangsbereiche liegen.“ Ladenberger kritisiert, dass darauf nie eine Rückmeldung gekommen sei – schon gar nicht, dass es technisch unmöglich sei, bei einem stufenlosen Fahrzeug ohne Rampen im Einstiegsbereich auszukommen.

Ohne wesentliche funktionale Veränderungen wird es in diesen Bahnen keine Barrierefreiheit geben.
Paul Intveen, Stadtarbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik

Als die KVB damals den Planungsstand präsentierten, war zum Einstiegsbereich in Sachen Rampe nur angeführt: „Zur Überbrückung des Restspalts dient eine manuelle   Faltrampe (max. 12 Prozent Neigung) an der 1. Fahrgastraumtüre.“ Dauerhafte Rampen an den Türen wurden nicht erwähnt.

In dem Modell, das drei Jahre später präsentiert wurde, waren die Rampen dann vorhanden. „Der Termin am 21. Juli 2021 war völlig überfrachtet. Der Wagen wurde mit einer VR-Brille begangen, es wurde ein KVB-Film gedreht und es sollte eine Beurteilung der Fahrzeuge stattfinden“, schildert Ladenberger. Schwierig sei der Prozess auch, weil der ABK erst 19 Wochen nach dem Termin das Protokoll von den KVB erhalten habe. In den Abstimmungsgesprächen vor Auftragsvergabe lagen Protokolle gleichen Umfangs nach maximal gut drei Wochen vor.

Die Mitglieder der Ausschüsse forderten die KVB nun einstimmig auf, maximale Lösungen umzusetzen, um die „faktisch bestehende Problematik“ für bestimmte Gruppen von Rollstuhlfahrenden bestmöglich abzumildern. Dazu könnten auch zusätzliche Festhaltemöglichkeiten im Eingangsbereich und eine Anpassung des Mobilitätstrainings für Rollstuhlfahrende gehören. Zudem sollen die KVB mit dem Hersteller über den Einbau elektrischer Rampen an den Türen neben den Fahrerkabinen verhandeln. Zukünftig sollen die KVB sowohl Behindertenvertreter als auch externe Fachkräfte umfangreich vor einer Ausschreibung einbeziehen.

In der Einbeziehung sei man in der Region schon jetzt vorbildlich, sagte Stefanie Haaks, Vorstandsvorsitzende der KVB, kurz vor Ende der Sitzung: „Andere machen das gar nicht, da werden die technischen Werte eingehalten und dann kommt das Fahrzeug auf die Schiene.“ „Vorbildlich ist gut“, kommentiert einer der Zuschauer im Rollstuhl die Anmerkungen von Haaks. Seinen Namen will er nicht in der Zeitung lesen. „Vorbildlich, das ist doch eigentlich, wenn dabei Bahnen herausgekommen, die wirklich von uns genutzt werden können.“