„Unbeschwerte Jugend“ -der Begriff ist wohl endgültig überholt. Das zeigt auch das Ergebnis der Projektwoche im Hansa-Gymnasium.
WeltlageProjektwoche zu Frieden im Kölner Hansa-Gymnasium trifft den Nerv der Zeit
Die Brust der Friedenstaube ist von einem Projektil durchbohrt. Hinter den schönen Symbolen wie Peace-Zeichen, Regenbogen oder einem Herz, klafft eine offene Wunde. Ein schussbereiter Revolver zielt auf den Betrachter. „Hinterhalt“ haben drei Schülerinnen aus der Jahrgangsstufe 10 ihr doppelbödiges Kunstwerk genannt. Die Botschaft ist klar: Der Frieden ist nicht nur bedroht, er ist tot.
„In der Klasse meines kleinen Bruders ist ein Junge aus der Ukraine. Der erzählt über den Krieg und mein Bruder erzählt es dann zu Hause“, sagt Lea (Name geändert). Der Krieg ist nah. Und das macht etwas mit den Kindern und Jugendlichen. „Das Bedürfnis, sich auszudrücken war sehr auffällig“, hat Kunstlehrerin Isabelle Föllmer bei der diesjährigen Projektwoche zum Thema Frieden festgestellt. „In den Werken zeigt sich auch Schmerz, Zerrissenheit und Trauma“, findet sie.
„Wir haben alle ähnliche Gedanken“, glaubt Mara. Sie ist ebenso wie Lea in der Abschlussklasse, in einigen Monaten haben die beiden 17-Jährigen ihr Abi in der Tasche. „Ich finde die Lage in der Welt beängstigend“, sagt Mara. Obwohl die beiden planen, nach dem Abi zu reisen und die Welt zu erkunden, sind sie nicht unbeschwert. Ebenso wenig wie die meisten ihrer Altersgenossen.
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Zerrissen zwischen Aufbruchstimmung und Zukunftsangst
„Viele in unserem Alter haben negative Gedanken. Das hat nicht nur mit den Kriegen und dem Klimawandel zu tun, es ist auch wegen Corona“, urteilt Lea. Aber: „Durch Fridays for Future haben wir aber auch gemerkt, dass wir eine Stimme haben“, sagt sie. Dass sie angesichts der drängenden Probleme nicht einfach warten könnten, bis sie erwachsenen sind, ist ein Gefühl, dass beide Mädchen haben. Dennoch fühlten sie sich „zerrissen“. Einerseits wären sie gerne unbeschwert, andererseits können sie ihre Augen nicht vor der Realität verschließen. Heute Party, morgen Panik. Ein Wechselbad der Gefühle.
Waches Bewusstsein für die deutsche Vergangenheit
Dennoch: Es gibt Hoffnungsschimmer. Nicht alles ist grau. Die beiden angehenden Abiturientinnen, die die Leistungskurse Englisch und Kunst gewählt haben, beurteilen die aktuellen Demonstrationen gegen Rechts sehr positiv. Der Wert der Demokratie ist ihnen ebenso bewusst wie die Verbrechen der Nationalsozialisten.
Anlässlich des Holocaust-Gedenktages sind die beiden Schülerinnen mit dem Hansa-Chor bei der zentralen Kölner Veranstaltung in der Antoniterkirche aufgetreten. Sie waren auch schon auf Exkursion in Auschwitz. „Wir wissen genau, was in der Vergangenheit in Deutschland passiert ist“, sagt Mara, „Gerade deshalb ist das, was hier mit der AfD und den Rechten passiert, richtig gruselig.“ Ein kleiner Mitschüler mit ausländischen Wurzeln habe letztlich bitterlich geweint und den Geschichtslehrer gefragt, ob er jetzt aus Deutschland wegmüsste. „Er hatte richtig Angst.“
„Es gibt inneren Frieden und äußeren Frieden“, finden Mara und Lea. Die Frage, „Was für ein Frieden ist denn gemeint?“, hat Lehrerin Föllmer zu Anfang der Projektwoche erst einmal beantworten müssen. Die Schülerinnen und Schüler konnten zu beiden Arten Projekte machen. Auch zum inneren Frieden sind welche entstanden. Ein Spiegel fordert dazu auf, sich selbst anzunehmen. „Man kann in seinem eigenen Umfeld Gutes bewirken“, sagt Lea. „Krieg ist immer ein bisschen da“, findet sie. Ihr gefällt ein Spruch von Mahatma Gandhi, der in der Schule hängt. „Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg.“
An einer Tafel konnten alle Schülerinnen und Schüler ihre Gedanken zur Frage „Was bedeutet Frieden?“ aufschreiben. Auf den Kärtchen steht unter anderem: „Zusammenhalt“, „sich respektieren“, „freundlich miteinander umgehen“ oder „einfach Fußball spielen“.