Im vorigen Jahr wurden in Köln mehr als 9000 Fahrräder gestohlen. Die Dunkelziffer dürfte ebenfalls hoch sein.
Das ist ein Rekord. Deswegen hat Staatsanwältin Anja Heimig Maßnahmen vorgestellt, mit denen die Polizei das wachsende Problem in den Griff bekommen will.
Köln – Dass er sein vor drei Jahren aus einem Keller in der City gestohlenes Fahrrad noch einmal wiedersehen würde, damit hatte er nicht im Traum gerechnet. Doch gestern konnte Michael Lohaus auf der Innenstadtwache der Kölner Polizei sein schwarzes Velo wieder in Besitz nehmen. Den Beamten war das Diebesgut vorige Woche bei einer Kontrolle am Ebertplatz aufgefallen, nun erhielt der rechtmäßige Besitzer sein Eigentum zurück. „Das ist ja wie ein Fünfer im Lotto“, freute sich der 52-Jährige.
So ein Happy End wird nicht vielen zuteil. Denn die Aufklärungsquote bei Fahrraddiebstahl ist erschreckend niedrig, lag zuletzt bei rund fünf Prozent. Voriges Jahr wurden im Bereich des Polizeipräsidiums Köln mehr als 9000 Fahrräder gestohlen – Rekord.
„Das sind nur die angezeigten Fälle. Wir gehen davon aus, dass die Dunkelziffer hoch ist und Diebstähle älterer Fahrräder gar nicht angezeigt werden“, erläutert Kriminaloberrat Dr. Carsten Dübbers.
Mit Staatsanwältin Anja Heimig stellte er am Montag die Maßnahmen vor, mit denen die Polizei das wachsende Problem in den Griff bekommen will. „Fahrraddiebstahl ist kein Kavaliersdelikt“, betont Heimig. Angesichts der hohen Schadenssummen nehme man das Thema sehr ernst. Mit durchschnittlich rund 700 Euro beziffert die Polizei den Wert der in Köln gestohlenen Fahrräder, wobei teure E-Bikes 2000 Euro und mehr kosten können.
So schützen Sie Ihr Rad gegen Diebe
Durch einen Zufallstreffer bei einer Polizeikontrolle erhielt Michael Lohaus (Foto) sein gestohlenes Fahrrad zurück. Damit es gar nicht erst zu einem Diebstahl kommt, rät die Polizei zu folgenden Vorsichtsmaßnahmen: Sichern Sie Ihr Velo mit einem stabilen Schloss, das dem Wert des Rades angemessen ist. Die Faustregel lautet: Je teurer das Rad, desto hochwertiger sollte das Schloss sein. Empfehlenswert sind massive Stahlbügel- oder Panzerkettenschlösser. Billige Seilschlösser bieten keinen Schutz, sie lassen sich in Sekundenschnelle aufhebeln oder mit einem Bolzenschneider durchtrennen.
Außerdem gilt: Ketten Sie Ihr Rad stets an einen festen Gegenstand (Fahrradständer, Laternenmast) an, damit es nicht weggetragen werden kann. Verwenden Sie dazu eventuell ein zweites Schloss, um die Sicherheit zu erhöhen. Gute Schlösser schrecken die meisten Diebe ab. Auch in Kellern und Garagen abgestellte Fahrräder sollten stets abgeschlossen werden.
Wichtig ist der Nachweis, dass man der rechtmäßige Besitzer ist. Daher gilt: Rechnung aufheben, Rahmennummer notieren. Empfehlenswert ist, das Rad codieren zu lassen. Das erleichtert der Polizei die Zuordnung zum Eigentümer und erschwert Dieben den Weiterverkauf, wirkt dadurch abschreckend. (fu)
Um die Aufklärungsquote zu erhöhen, hat die Kölner Polizei voriges Jahr die „Ermittlungsgruppe (EG) Fahrrad“ ins Leben gerufen. Mit Beginn der warmen Jahreszeit kümmert sich die sechsköpfige Truppe unter der Leitung von Jürgen Haese seit 1. April wieder vor allem um Fahrraddiebstahl. „Dabei setzen wir sowohl auf Kontrollen durch uniformierte Beamte als auch auf verdeckte Ermittlungen“, erklärt Kriminaloberkommissar Dustin Hochkeppel (33).
Unterschiedliche Täterprofile
Man habe es mit sehr unterschiedlichen Täterprofilen zu tun. „Da gibt es den Gelegenheitsdieb, der nach einem Kneipenbesuch nicht nach Hause laufen will. Oder Drogenkranke, die Geld für ihre Sucht brauchen. Oft haben wir es mit Intensivtätern zu tun, die immer wieder wegen Fahrraddiebstahl auffallen.“ Auch Jugendliche seien häufig unter den Tätern. In der Regel spielten Hehler und Zwischenhändler eine Rolle, das Diebesgut werde über das Internet oder auf Flohmärkten verhökert.
Außerdem gebe es gewerbsmäßig agierende Banden, die gestohlene Räder ins Ausland schaffen würden. So sei im Februar ein rumänischer Transporter in Bayern an der Grenze zu Österreich gestoppt worden, der 35 gestohlene Fahrräder an Bord hatte, darunter acht aus Köln. „Die waren im ganzen Kölner Stadtgebiet entwendet worden“, berichtet Hochkeppel. Man beobachte zunehmend, dass Täter gezielt in Häuser, Keller und Garagen eindringen, um Fahrräder und E-Bikes zu stehlen. Aber auch der Gelegenheitsdiebstahl habe Hochkonjunktur.
Dass sich ein schlecht gesichertes Rad in Sekundenschnelle klauen lässt, verdeutlicht ein Video, das die Polizei am Montag veröffentlicht hat. Ein Täter zieht die Sattelstange heraus und benutzt sie, um das Seilschloss mit wenigen Drehbewegungen aufzuhebeln. Mit solchen Informationen für die Bürger und mehr Kontrollen in nächster Zeit sagt die Polizei den Diebesbanden den Kampf an.
Gestern wurden zum Beispiel auf der Hohenzollernbrücke zahlreiche Radfahrer angehalten, die Beamten kontrollierten die Rahmennummern auf gestohlene Räder. Jens Voigtländer (50) aus Bergisch Gladbach, der mit dem Rad nach Köln pendelt, begrüßte die Aktion. „Mir wurde schon zweimal ein Rad gestohlen. Ich finde es gut, wenn die Polizei mehr gegen Fahrraddiebe unternimmt.“