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InterviewKlubkomm-Vorstand beklagt Hürden für die Open Air-Saison

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Gut angenommen: Auftritte wie der von Reggae-Star Patrice auf der neuen  Bühne des „Schrotty“ in Bickendorf. Für dieses Jahr fordern die Veranstalter mehr Bereitschaft zu unkonventionellen Lösungen für Open Air-Konzerte.  

Köln – Der Kulturausschuss will beraten, wie künftig Open-Air-Veranstaltungen möglich sein können. Die Klubkomm, der Verband Kölner Clubs und Veranstalter, hat die Sorge, dass die bürokratischen Prozesse zu langsam sind. Dominic Röltgen sprach mit Hannah Hoss, Norbert Oberhaus und Jens Ponke.

Viele hegen die Hoffnung, dass Open Air wieder Veranstaltungen im Sommer möglich sein werden.

Oberhaus: Das ist das Hauptproblem. Eigentlich alle wissen, wenn etwas möglich sein wird, dann wird das Open Air sein. Das weiß auch die Politik, und es gibt von deren Seite auch durchaus den Willen, mehr solcher Flächen zu schaffen. Wir sind als Interessenverband seit längerem mit der Stadt im Gespräch und haben auch ein coronakonformes Konzept erarbeitet, um Bühnen für die gesamte Szene zu schaffen. Einerseits ist also die Bereitschaft da. Woran es aber hapert, ist an den Genehmigungsverfahren. Da werden uns als Veranstalter und Betreiber nun doch formale Steine in den Weg gelegt, solche Flächen, sei es auch nur temporär während der Pandemie, herzustellen.

Woran hapert es genau?

Hoss: Es wurde etwa in den Koalitionsvertrag aufgenommen, dass man Kulturflächen im Sommer und kulturelle Perspektiven schaffen möchte. Bei der Umsetzung hapert es aber doch konkret. Da kommen wir in den bürokratischen Dschungel. Man muss beachten, dass wir zeitlich sehr begrenzt arbeiten. Wir haben uns bereits beim Beginn der Pandemie überlegt, wie wir Kultur in einem sicheren Rahmen schaffen können. Wir brauchen aber Planungssicherheit und müssen die kurze Vorlaufzeit nutzen können. Wir sind startklar, jetzt liegt es an der Politik und der Verwaltung, Absichtserklärungen auch umzusetzen.Ponke: Es geht nicht nur darum, dass wir startklar sind. Vielmehr suchen alle Veranstalter händeringend nach Flächen. Veranstaltungen werden seit einem Jahr verschoben, wodurch ein unfassbarer Stau entstanden ist. Andererseits stehen auch über das Rettungsprogramm „Neustart Kultur“ Bundesmittel zur Verfügung – in Köln geschätzt etwa drei Millionen Euro. Diese könnten in Veranstaltungen fließen, es sind aber de facto dafür überhaupt keine Bühnen da.

Mit der Summerstage und dem „Schrotty“ haben Sie, Frau Hoss und Herr Ponke, 2020 erfolgreiche Projekte mit auf die Beine gestellt. Warum können die Konzepte nicht übernommen werden?

Hoss: Wir hatten gehofft, dass wir die Erfahrungen vom letzten Jahr noch optimieren können. Bei den Gesprächen im Dezember stellte sich das aber doch als schwieriger heraus. Wir laufen jetzt in ein Genehmigungsverfahren hinein, das auf 50 Jahre geprüft wird. Unsere Konzepte sollen aber nur während Corona gelten. Da wünschen wir uns und benötigen wir eine dem temporären Charakter angemessene Genehmigungsgrundlage.

Gesprächspartner

Norbert Oberhaus ist Mitbegründer des Musik-Festivals c/o Pop. Hannah Hoss ist eine der Betreiberinnen des „Schrotty“. Der Veranstaltungsort in Vogelsang wurde 2020 erstmals genutzt. Jens Ponke ist Inhaber der „Wohngemeinschaft“, organisiert „Ehrenfeld Hopping“ und das Festival „At the B-Sides“.

Ponke: Wir suchen auch nicht nach Lösungen, die uns selbst unsicher vorkommen oder Verordnungen entgegenlaufen. Für sichere Lösungen brauchen wir aber auch geeignete Genehmigungsverfahren. Derzeit scheitern wir bereits an den Baugenehmigungen, weil wir da in diese Regelung für eine dauerhafte Nutzung reinlaufen. Diese Verfahren sind extrem kompliziert und dauern Monate bis Jahre. Für eine temporäre Nutzung dagegen würde es sechs Wochen dauern, was angemessen wäre.

Oberhaus: Ich kann mir vorstellen, dass es Sorge gibt, Präzedenzfälle zu schaffen. Das könnte man aushebeln, indem man Pandemie-Ausnahmen schafft, die nicht über dieses Jahr hinaus gelten. Das Verhalten des Bauamtes ist derzeit nicht lösungs-, sondern problemorientiert.

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Was könnte das konkret für Folgen haben?

Hoss: Es ist durchaus möglich, dass wir in diesem Sommer weniger oder gar keine Kultur erleben werden. Zumal einige Veranstalter sich auch schon in andere Städte, etwa ins Ruhrgebiet, orientieren. Insgesamt zeigt unsere aktuelle Notlage auch nur, wie sich das generell in Köln entwickelt – unabhängig von Corona. Es sind immer mehr Kulturräume untergegangen, und immer weniger machen neu auf.

Oberhaus: Es würde für Betreiber finanziell auch gar keinen Sinn machen, so etwas erst im Juli aufzuziehen. Wir reden hier von Kosten, die ins Sechsstellige gehen. Die Konsequenz wird sein, dass die Hilfsgelder zurück nach Berlin gehen, und wir werden dann hier einen sehr öden Sommer haben. Es ist schon fast zu spät, um mit den Planungen anzufangen.

Ponke: Auch die Macher der Lit.Cologne haben bereits nach Flächen gefragt. Daran sieht man, dass die wichtigen Akteure auf dem Kulturmarkt keine anderen Konzepte oder Ausweichmöglichkeiten haben. Wir brauchen einfach sehr schnell, eigentlich binnen der nächsten 14 Tage, zumindest eine Perspektive, dass das Genehmigungsverfahren sich in einen für uns zeitlich und vom Aufwand her machbaren Korridor bewegt. Die Zeit wird tatsächlich langsam knapp.