In Reaktion auf die Feier in Mettmann wurden am Mittwochabend auch in Köln gleichgeschlechtliche Paare gesegnet.
Auch für HomosexuelleSo lief die Segnungsfeier für alle liebenden Paare am Kölner Dom
Es ist nicht gerade ein Ort, an dem die Seele durchatmet. Reisende sind in Eile. Obdachlose campieren in den Ecken. Irgendwo wird gegrölt. Und über allem thront der Dom. Nein, der Bahnhofsvorplatz fällt einem nicht als erster ein, wenn es um einen Ort für einen Gottesdienst geht. Oder vielleicht gerade deshalb? Dort jedenfalls, an der Basis des prallen Großstadtlebens und unter Gottes freiem Himmel, fand er nun statt, der Segnungsgottesdienst für alle Liebenden — egal ob hetero-, homosexuell oder wiederverheiratet.
Nicht nur der Platz ist ein besonderer, auch der Tag. Am 20. September vor neun Jahren wurde Rainer Maria Kardinal Woelki mit einer Messe im Dom in das Amt des Kölner Erzbischofs eingeführt. Doch das Organisationsteam, bestehend aus einem großen Kreis von Pastoral- und Gemeindereferenten aus dem Erzbistum, will den Segnungsgottesdienst weniger als Protest gegen Woelki gewertet sehen. Vielmehr sei er eine Solidaritätsnote an Harald Ullmann, Leitender Pfarrer der Lambertusgemeinde in Mettmann (siehe Infotext am Seitenende) und an alle Paare, die sich aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder weil sie sich nach einer Krise zu einer neuen Liebe gefunden haben von der ihrer Kirche diskriminiert fühlen.
Und vor allem die wurden von einem großen Kreis von rund 500 Gottesdienstteilnehmern sowie zahlreichen Pastoral- und Gemeindereferenten sowie Priestern aus dem Erzbistum Köln und auch anderen Bistümern. Wie gut der Ort gewählt war, unterstrich sogleich das erste Lied des Gottesdienstes: „Der Himmel geht über allen auf.“ Auch über den rund 20 Gegendemonstranten einer Bruderschaft, die sich hinter dem kleinen Lkw versammelt hatten, der den Altarbereich abgrenzte. Diese wiederum wurde umlagert von rund 60 Demonstrierenden aus der links-autonomen Szene, die von der Polizei zurückgedrängt werden mussten.
In dieser Gesamtkulisse ging die ein oder Fürbitte akustisch unter — und dennoch zeigten sich viele Teilnehmer tief bewegt vom Gottesdienst. Besonders, als es an die Segnungen ging. Unter den Segnenden auch Pfarrer Meurer. Ebenfalls hochemotional: Mitglieder des Mädchenchors am Dom sangen „Die Gedanken sind frei.“
Bei Gregor und seinem Partner fließen nach dem Segen Tränen der Freude. „Wir sind katholisch, und das ist uns wichtig in unserem Leben“, sagt Gregor. „Ich hoffe, dass dieser Segnungsgottesdienst erst der Anfang ist, das nun noch viele folgen.“ Doch unter dem Himmel über dem Hauptbahnhof ist Platz für noch mehr. Die liturgischen Gewänder wurden ausgezogen. Mitorganisatorin und Gemeindereferentin Marianne Arndt griff zum Mikrofon und eröffnete den kirchenpolitischen Teil: „Heute haben wir ein Zeichen gesetzt, wie unsere Kirche bescheiden, aber wirkmächtig sein kann.“
Am Vortag hatte der Generalvikar des Erzbistums Köln, Gudio Assmann, im Rundschau-Interview betont, er präferiere die Segnung von einzelnen Menschen — und hielt damit an der Ablehnung von Segnungen für homosexuelle Paare und Wiederverheiratete fest. Arndt dazu in ihrem Statement: „Wir können doch nicht sagen, der Einzelne ist gesegnet aber nicht das Paar, welcher Hohn, welche Diskriminierung von Menschen, dazu dürfen wir nicht schweigen.“
Der Fall Mettmann
Initialzündung für den Segnungsgottesdienst in Köln war ein Segnungsgottesdienst im vergangenen März in der Gemeinde St. Lambertus in Mettmann. Organisiert von einer Arbeitsgruppe mit dem Titel „Regenbogenkirche für alle“ segnete dabei Pfarrer Herbert Ullmann auch schwule, lesbische und wiederverheiratete Paare. Ullmann selbst geht davon aus, anonym in Rom angezeigt worden zu sein. Der Generalvikar des Erzbistums, Guido Assmann hingegen behauptet, der Vatikan habe über Medienberichte von dem Gottesdienst erfahren.
Wie auch immer: Nach Intervention aus Rom folgte eine Dienstanweisung Assmanns an Ullmann, die formaljuristisch als Abmahnung verstanden werden kann. Der Priester aus Mettmann wurde darüber belehrt, das er Vergleichbares künftig zu unterlassen habe. Die Konsequenz die andernfalls drohe, beschreibt Ulmann selbst so: „Sonst riskiere ich meine Existenz. Das muss man leider so sagen.“ Droht den Segnenden beim Kölner Segnungsgottesdienst nun Vergleichbares? Generalvikar Assmann dazu im Interview mit der Kölnischen Rundschau vom 20. September: „Wir schauen hier auf eine Situation zurück (Mettmann), die nicht dadurch besser wird, dass wir sie wiederholen.“ Doch was, wenn Rom wieder intervenieren sollte? Assmann: „Ich kann bei jeder Art von Konflikten nur transparent mit den Betroffenen sprechen und gemeinsam mit ihnen Lösungen suchen.“