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Landgericht KölnIm Drach-Prozess droht der nächste Paukenschlag

Lesezeit 3 Minuten
Der Angeklagte Thomas Drach (r) sitzt im Landgericht neben seinem Anwalt Andreas Kerkhof (l)

Der Angeklagte Thomas Drach (r) sitzt im Landgericht neben seinem Anwalt Andreas Kerkhof (l)

Der an Volten und Wendungen nicht gerade arme Prozess gegen den früheren Reemtsma-Entführer vor dem Landgericht könnte nun endgültig zu einer Seifenoper werden.

Laut Informationen der Rundschau aus Justizkreisen soll der Angeklagte Thomas Drach (62) bei der 21. Großen Strafkammer beantragt haben, seine beiden Verteidiger Andreas Kerkhof und Dirk Kruse zu entpflichten. Ein solches Vorgehen würde darauf hindeuten, dass der 62-Jährige kein Vertrauen mehr in die beiden Verteidiger hat. Weiter erfuhr die Rundschau, dass Drach den angeblichen Antrag am Freitag — dem dann 98. Verhandlungstag in dem Prozess — mündlich begründen wolle. Die Hintergründe für Drachs Antrag blieben aber zunächst unklar. Das Landgericht wollte sich auf Nachfrage nicht äußern. „Ich kann das weder bestätigen noch dementieren“, sagte Landgerichtssprecher Dr. Hans Logemann am Donnerstag auf Nachfrage.

Wilde Verschwörungstheorien von Reemtsma-Entführer Drach

Dass im Drach-Prozess aber etwas im sprichwörtlichen Busch stecken könnte, darauf deutet Logemanns Bestätigung hin, dass die Kammer beabsichtige am Freitag zu verhandeln. Dabei gibt es laut mehrfacher Aussage des Vorsitzenden Dr. Jörg Michael Bern kein Beweisprogramm mehr. Vor diesem Hintergrund sowie mehrerer noch nicht entschiedener Befangenheitsanträge gegen die Kammer, waren bereits die Termine für Dienstag und Mittwoch dieser Woche aufgehoben worden. Gleiches galt lange auch für den Freitagstermin.

Ein Antrag auf Entpflichtung der Verteidiger hätte jedoch nur bei einem „endgültig zerstörten“ Vertrauensverhältnis zwischen Anwälten und Angeklagtem Erfolg, wie es in der Strafprozessordnung heißt. Aus dem bisherigen Verlauf des Verfahrens ergeben sich — zumindest dem Augenschein nach — jedoch keine Anzeichen hierfür. Lediglich in den Verhandlungen am 11. August und 9. Oktober dieses Jahres hatte es zumindest für den bisherigen Prozessverlauf eher außergewöhnliche Vorgänge gegeben, die auf Dissonanzen im Binnenverhältnis zwischen Verteidigern und Drach hindeuten könnten. Entgegen des üblichen Vorgehens hatten da nicht die Verteidiger für Drach gesprochen, sondern der 62-Jährige hatte persönlich das Wort ergriffen — und dabei das ganz große Verschwörungsrad gedreht (die Rundschau berichtete).

Bereits Verschwörungstheorien präsentiert

Drach behauptete und gab zu Protokoll, dass er Opfer einer Verschwörung von Jan Philipp Reemtsma sei. Jenem Mann also, den Drach 1996 entführt und 33 Tage in seiner Gewalt hatte, bevor der 62-Jährige den Tabak-Konzernerben und Sozialforscher nach Zahlung eines Lösegelds in Höhe von rund 15 Millionen D-Mark und 12,5 Millionen Schweizer Franken wieder frei ließ. In dem von Drach verlesenen Statement hieß es, dass eben jener Reemtsma der Strippenzieher einer angeblichen Verschwörung gegen ihn sei. Dabei, so Drach, bediene sich Reemtsma neben einem Privatdetektiv auch staatlicher Institutionen, wie dem Hamburger Landeskriminalamt. Zudem behauptete Drach, die Staatsanwaltschaft habe ein Verfahren ohne Substanz gegen ihn ins Rollen gebracht, das sich auf die Aussagen drogenabhängiger Spitzel und die Expertise unbrauchbarer Sachverständiger stütze.

Ziel von Reemtsma sei es, Drach in die Sicherungsverwahrung zu bringen, so dass er niemals mehr frei käme. Schon damals hatten Prozessbeobachter geunkt, dass Kerkhof und Kruse Drach hätten selbst sprechen lassen, weil sie persönlich nicht mit „kruden Hirngespinsten eines Schwerverbrechers“ in Zusammenhang gebracht werden wollten.