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Spiel auf ZeitKölner Grüne wollen OB-Kandidaten erst im Januar präsentieren

Lesezeit 4 Minuten
Die Kölner Landtagsabgeordnete Berivan Aymaz (Grüne) auf einem Wahlkampffoto von 2022.

Die Kölner Landtagsabgeordnete Berivan Aymaz galt zuletzt als Favoritin für die OB-Kandidatur 2025 der Grünen in Köln.

Die Kölner Grünen erleben einen Mitgliederzuwachs und haben ihre Bundestagskandidaten nominiert, zögern aber die Vorstellung ihres OB-Kandidaten bis Januar hinaus. Berivan Aymaz und William Wolfgramm gelten als mögliche Anwärter.

„Willst du auch für alle Probleme der letzten 30 Jahre verantwortlich gemacht werden? Jetzt Mitglied werden!“ Mit diesem Spruch werben die Kölner Grünen zurzeit auf ihrer Homepage um neue Mitglieder. Und die Selbstironie scheint sogar zu wirken. Der Kreisverband Köln bewegt sich auf die Marke von 3500 Mitgliedern zu, 2018 zählte er nur rund 1000 Personen. „Seit dem Bruch der Ampel-Koalition in Berlin vor drei Wochen haben mehr als 300 Menschen bei uns einen Mitgliedsantrag gestellt“, berichtet Grünen-Sprecherin Beatrix von Kalben.

Trotz der Probleme im Bund läuft es also nicht schlecht für die Kölner Grünen, die am Samstag ihre vier Bundestagskandidaten nominiert haben. Unklar ist aber weiterhin, wer die Partei als Spitzenkandidat in die Oberbürgermeisterwahl im Herbst 2025 führen soll. Man werde die Kür auf Januar verschieben, kündigte Parteichefin Katja Trompeter auf der Mitgliederversammlung an. Ursprünglich war das für den Herbst 2024 vorgesehen.

OB-Wahl: SPD und CDU legen vor

Damit sind die Grünen bei der Kandidatenfindung unter den drei großen Parteien die Letzte. Die SPD hat ihren OB-Bewerber Torsten Burmester am Freitag präsentiert und will ihn, Stand jetzt, am 22. März offiziell von der Parteibasis nominieren lassen. Die Kölner CDU trifft sich am Samstag zum Parteitag, bei dem sich Parteichef Karl Alexander Mandl als OB-Kandidat aufstellen lassen will.

Bei den Grünen dagegen ist die Kandidatenfrage noch immer ungeklärt, obwohl sie ihre Findungskommission bereits im Mai 2023 als Erste eingesetzt hatten. Zuletzt galt Berivan Aymaz (52), Vizepräsidentin des NRW-Landtags, als Favoritin (wir berichteten). Zwar hat sie parteiintern ihre Ambitionen auf das OB-Amt bestätigt. Doch eine finale Zusage, dass sie tatsächlich bereit ist anzutreten, liegt der Findungskommission offenbar bis heute nicht vor. Aymaz selbst wollte sich auf Nachfrage der Rundschau nicht zu dem Thema äußern.

Damit rückt – nach der Absage von Stadtkämmerin Dörte Diemert, die nur als gemeinsame Kandidatin von Grünen und SPD bereit gewesen wäre, ins Rennen zu gehen – erneut William Wolfgramm (47) ins Blickfeld. Der Beigeordnete für Umwelt, Klima und Liegenschaften der Stadt Köln zählte von Anfang zu den möglichen Kandidaten der Grünen für die OB-Wahl 2025 und hat eine Bewerbung bisher nicht ausgeschlossen.

Grünen-Chefin Trompeter: „Wir sind in den letzten Zügen“

Zum weiteren Vorgehen der Findungskommission sagte Parteichefin Katja Trompeter: „Wir sind in den letzten Zügen.“ Die Verschiebung der OB-Kandidatenkür in den Januar sei vor allem der vorgezogenen Bundestagswahl geschuldet, die den Zeitplan durcheinander gebracht habe. Auf die Nachfrage, ob es nicht eher so ist, dass die Grünen einfach noch keinen Kandidaten haben, sagte Trompeter: „Wir sind auf einem sehr guten Weg.“ Sie verwies auch auf das Bibelzitat „Die Letzten werden die Ersten sein“. Eine Präsentation der Kandidatin oder des Kandidaten im Januar sei zeitlich kein Nachteil, zumal die Parteibasis unmittelbar danach die offizielle Nominierung vornehmen werde.

Nachdem bis auf Aymaz alle Bundestags- und Landtagsabgeordneten der Kölner Grünen von Beginn an eine OB-Kandidatur abgelehnt hatten, hatte die Findungskommission ihre Fühler über Köln hinaus ausgestreckt. Es gab Gespräche mit dem grünen Wuppertaler Oberbürgermeister Uwe Schneidewind (58), der aus Köln stammt, ob er Vorschläge für geeignete Bewerber habe. Doch bisher hat sich kein neuer Name aufgedrängt.

Unter Beobachtern in der Partei gibt es Zweifel am Verfahren. Die Frage sei, ob man die richtigen Prioritäten setze. Viele seien vor allem deshalb für Aymaz, weil sie als Frau mit Migrationshintergrund perfekt in die Anforderungen der „grünen Blase“ passe. Sie habe aber keinerlei Verwaltungs- und Führungserfahrung und sei nicht die Richtige, um die Verwaltung der Millionenstadt Köln zu führen, sagen Kritiker.

Dagegen verfügt William Wolfgramm durchaus über entsprechende berufliche Erfahrung. Er leitet das Kölner Umweltdezernat, führte zuvor das Kölner OB-Büro von Henriette Reker und war davor Büroleiter der Düsseldorfer Regierungspräsidentin Anne Lütkes. „Viele Grüne wollen aber unbedingt eine Frau“, sagt ein Ratsmitglied. Nun überlegt man bei den Grünen offenbar bereits, wie man eine Kandidatur von Aymaz personell unterstützen könnte. Gedacht sei etwa an ein Modell mit Arbeitsteilung ähnlich der früheren Doppelspitze aus Oberbürgermeister und Oberstadtdirektor, heißt es aus Kreisen der Partei.