Die Feiernden urinierten am Elften Elften an Hauswände und erleichterten sich in den Gebüschen des Inneren Grüngürtels. Was hat die Respekt-Kampagne also gebracht?
Elfter Elfter in KölnRespekt und Freibier - so bewertet die Stadt ihre Karnevals-Kampagne
Friedlich und respektvoll sollte der Tag ablaufen. Am besten mit zurückhaltendem Alkoholkonsum. Um dieser Wunschvorstellung für den Elften Elften im Univiertel in diesem Jahr etwas näher zu kommen, hatte die Stadt ihre Informationskampagne zum Sessionsauftakt neu ausgerichtet. Neben lebhaften Beschreibungen von pinkelnden Jugendlichen im SWAT-Kostüm, fliegenden Bierflaschen und volltrunkenen 16-Jährigen lautete der Aufruf im Internet: „Lasst uns zeigen, dass Karneval im Kwatier-Latäng auch anders funktionieren kann!“ Als am Elften Elften Zehntausende Jugendliche und junge Erwachsene das Univiertel fluteten, entstanden im Laufe des Tages genau die Bilder, die die Stadt so gerne vermieden hätte. Die Feiernden urinierten an Hauswände, erbrachen in Treppenhäusern und erleichterten sich im Gebüsch des Inneren Grüngürtels. Und das alles in einem Ausmaß, das Köln so vorher noch nicht gesehen hatte.
Was hat die Kampagne also gebracht, für die die Verwaltung immerhin 70.000 Euro in die Hand genommen hat? „Natürlich ist eine Wirkung auf das konkrete Verhalten der Menschen, wie bei Kampagnen dieser Art immer, sehr begrenzt“, gibt ein Stadtsprecher auf Anfrage zu. War die Investition also herausgeschmissenes Geld? „Aus unserer Sicht wurde das Thema Respekt durch den neuen Ansatz sehr gut in die Öffentlichkeit getragen und hat eine deutlich größere Aufmerksamkeit bekommen als bei den Respektkampagnen der Vorjahre.“
Um den Einstieg ins Thema zu finden, setzten die Macher der Kampagne auf das Spiel mit der Neugier. „freibier!“ stand auf manchen der Plakate, „gästeliste zülpicher!“ auf anderen. Der nebenstehende QR-Code wurde laut Stadt bis zum Elften Elften 30.000 Mal gescannt. Wer auf Informationen zu einem kostenlosen Kaltgetränk oder gar eine Gästeliste für die begehrten Plätze auf der Zülpicher Straße hoffte, wurde allerdings bitter enttäuscht. Der Code führte auf die Webseite wasfuerrespekt.de.
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Respekt-Kampagne: „koelnistkool“ unterstützte die Stadt
Für die Kampagne holte sich die Stadt die Macher von „koelnistkool“ ins Boot. Knapp 300.000 Menschen folgen der vor allem bei jungen Leuten beliebte Instagram-Seite. Zum Vergleich: Dem städtischen Auftritt auf Instagram folgen knapp 70.000 Nutzer. Neben der erhöhten Reichweite sollte vor allem die Ansprache neu ausgerichtet werden. Auch 2022 gab es eine Respekt-Kampagne. Auf Plakaten und in den sozialen Medien warben Anwohner, Gastronomen, Rettungssanitäter aber auch Oliver Niesen von Cat Ballou für einen respektvollen Umgang – teilweise mit verschränkten Armen und düsterer Miene. Einige der beteiligten Protagonisten waren im Nachgang alles andere als begeistert über das Ergebnis.
Der neue Ansatz zielte darauf ab, die jungen Menschen auf Augenhöhe anzusprechen. Ein Video, in dem Kölner Influencer, aber auch Rapper Eko Fresh, für einen respektvollen Umgang warben, wurde 1,1 Millionen Mal wiedergegeben. „Die Reaktionen waren überwiegend sehr positiv“, teilt die Stadt mit. In den sozialen Medien musste die Kampagne aber auch Kritik einstecken. Anstatt Jugendliche vom Feiern auf der Zülpicher Straße abzuhalten, zögen die beschriebenen Bilder eher noch mehr von ihnen an, behaupteten viele.
Ein weiteres Ziel der Stadt sei es gewesen, Jugendliche über die Respekt-Kampagne auf die Informationsseite karneval.koeln aufmerksam zu machen. Dort konnten sich Besucher über die vielen Möglichkeiten des Feierns informieren, auch abseits der Zülpicher Straße. Die Seite verzeichnete zwischen dem 24. Oktober und dem 13. November rund 42.000 Aufrufe. „Die Abrufzahlen zeigen, dass es uns zumindest gelungen ist, diese Seite als Informationsangebot bekannt(er) zu machen“, heißt es von der Stadt. Das sei auch für die Zukunft eine wichtige Erkenntnis. Sollte es irgendwann weitere dezentrale Veranstaltungen geben, sei es dadurch möglich, diese Informationen an die Zielgruppen zu bringen. Die Stadt sieht die Internetseite zudem als Vorstufe für eine App. Eine Arbeitsgruppe des Runden Tischs Karneval hatte diese Idee in diesem Jahr entwickelt. Mittlerweile hat das Festkomitee das Projekt übernommen.
Ob und wie die Kampagne weitergeführt wird, will die Stadt in den kommenden Wochen entscheiden.