Der Veedelsbeirat Zülpicher Straße will sich in der nächsten Sitzung rechtliche Wege aufzeigen lassen, um die Entwicklungen vor der Haustür zu stoppen.
Nach dem Elften ElftenUrin, Fäkalien und Erbrochenes - Anwohner wollen sich gegen Auswüchse wehren
Drei Wochen vor dem Elften Elften versuchten die Anwohner des Rathenauplatzes, vor dem Rathaus ein letztes Zeichen zu setzen, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Als am vergangenen Samstag eine Welle von Feierwütigen in ihr und alle anderen benachbarten Quartiere schwappte, konnten sie nur noch zuschauen. Sie sahen mit an, wie sich ein Viertel schon am frühen Morgen in Rekordzeit füllte. Sie sahen, wie die vorwiegend jungen Menschen, teilweise stark alkoholisiert, an Häuserwände urinierten, sich zwischen Autos hockend erleichterten und in Vorgärten erbrachen. Und sie sahen, wie die Massen weiter Richtung Aachener Weiher zogen und dort das Gleiche taten.
In der Woche danach herrscht dementsprechend großer Gesprächsbedarf. Knapp 40 besorgte Bürgerinnen und Bürger trafen sich zum Veedelsbeirat Zülpicher Straße. „Wenn wir nicht am Ball bleiben, wird sich nichts verändern. Wir müssen den Druck aus der Bevölkerung erhöhen“, forderte Innenstadt-Bürgermeister Andreas Hupke, der das Gremium im Sommer 2022 ins Leben rief. Auch der Stadtrat müsse mehr gefordert werden. „Der Rat macht sich einen schlanken Fuß hinter der Verwaltung und lässt die Leute in den Veedeln hängen.“
Bei der Sitzung im Berufskolleg auf den Lindenstraße ging es in erster Linie um die Verarbeitung des Wochenendes. „Es war wie im Schlussverkauf“, berichtet ein Anwohner aus dem Kwartier Latäng. „Die jungen Leute ziehen teilweise schon um 6 Uhr morgens los, um auf die Zülpicher Straße zu kommen.“ In einem Fall hätten Feiernde eine Haustür eingeschlagen, um über den Flur in den Garten einzudringen, weil es von dort einen Zugang auf die zu diesem Zeitpunkt gesperrte Zülpicher Straße gibt. Eine andere Frau beobachtete am Elften Elften junge Leute, die auf Häuserdächer kletterten. „Das kann doch nicht sein. Ich fühle mich von der Stadt verarscht, dass sie so etwas zulässt“, sagte sie.
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Entscheidungsbefugt ist der Veedelsbeirat nicht. Auch wenn die Forderungen innerhalb der Gruppe teilweise stark auseinander gehen, eint sie der Wille, sich gegen die Auswüchse vor der eigenen Haustür und im benachbarten Grüngürtel zu wehren. Am 16. Januar soll der Veedelsbeirat das nächste Mal tagen. Bis dahin wollen die Teilnehmenden einen Rechtsexperten finden, der der Runde rechtliche Optionen aufzeigt. Viele Teilnehmer des Veedelsbeirats wären bereit, sich für einen möglichen Rechtsweg auch finanziell zu beteiligen. Das Gremium fordert zudem die Bezirksvertretungen Innenstadt und Lindenthal auf, einen Beschluss zu fassen, um eine rechtliche Beratung in die Wege zu leiten. Dabei soll es vor allem um die Frage gehen, wie verhindert werden kann, dass der Innere Grüngürtel auch im kommenden Jahr als Entlastungsfläche für die Zülpicher Straße genutzt wird. „Selbst wenn wir mit einer Klage scheitern würden, wäre das ein Zeichen“, sagte Hupke.
Elfter Elfter: Ausnahmesituation auch in anderen Veedeln
Während sich der Blick am Samstag vor allem auf das Kwartier Latäng richtete, erlebten viele Kölner auch anderswo in der Stadt eine Ausnahmesituation. Viele von ihren schilderten ihre Erlebnisse beim Veedelsbeirat. Südstadt-Winzer Thomas Eichert musste etwa mit ansehen, wie sein Weinberg an der Severinstorburg gestürmt wurde und die Feiernden an die Torburg urinierten. Auf dem Chlodwigplatz beobachtete er eine „schreckliche Situation“ mit „düsterer Stimmung“. Eine Anwohnerin des Brüsseler Platzes teilte ihre Geschichten über Spielplatz-Wildpinkler, illegale Bierverkäufer und mobile Discos. „Ich habe mich nicht getraut, die Leute anzusprechen“, sagte sie. Eine Bewohnerin der Brüsseler Straße berichtete von „Pisse, Kotze und Kacke“ vor der Haustür. „Wegen der Scherben muss ich meinen Hund an manchen Stellen noch Wochen später tragen“, sagte sie.
Diskussion gab es auch über Aussagen der Stadt, die Zülpicher Straße sei für die Feiernden der Place-to-be. „Sobald man den Leuten irgendwo anders ein Angebot macht, ist es vor allem denen von außerhalb völlig egal, wo das ganze stattfindet“, meinte eine Teilnehmerin. „Die jungen Menschen wollen umsonst und draußen feiern.“ Daran müsse man sich orientieren. Wichtig sei es, ergänzte eine Anwohnerin aus dem Pantaleonsviertel, die Feiernden aus den Veedeln herauszuhalten. Kein Veedel könne den Andrang stemmen. Ein Teilnehmer aus dem Rathenauviertel sagte: „Man muss den Leuten auch mal vor den Kopf stoßen und sagen: Wir wollen euch hier nicht.“