Die Kölner Wohnungsgesellschaft GAG hat ihre Ankündigung wahr gemacht und zwei ältere Mieter per Zwangsräumung aus ihrer günstigen Wohnung in Köln-Vingst werfen lassen.
ZwangsräumungGAG lässt Mieter in Köln vor die Tür setzen
Die Gerichtsvollzieherin kam ohne Möbelwagen. Denn was sich am Donnerstagvormittag in der Ansbacher Straße in Köln-Vingst abspielte, war eine so genannte Berliner Räumung. Dabei wird nicht gleich der gesamte Hausrat der betroffenen Personen abtransportiert und eingelagert. Sie müssen ihre Wohnung verlassen, und danach werden die Schlösser ausgetauscht.
Es traf zwei Bewohner einer Wohnung der GAG Immobilien AG, die sich größtenteils im Besitz der Stadt Köln befindet. Hauptmieter Jürgen W. (64) und sein Lebensgefährte und Untermieter Michael H. (62) mussten raus aus ihrem Zuhause, sie konnten nur zwei Koffer und drei große Taschen mitnehmen. Später rückte ein Schlüsseldienst an, um die Schlösser zu wechseln.
Wie berichtet, hatte die GAG beim Amtsgericht Köln auf Zwangsräumung geklagt und einen Räumungstitel erwirkt. Begründung: Seit mehr als vier Jahren habe es in dem Sechsparteienhaus häufige Beschwerden anderer Mieter „über Vermüllung in der Wohnung und im Keller sowie über extreme Geruchsbelästigung“ gegeben. Das Schicksal von W. und H. ist kein Einzelfall: Im Oberlandesgerichtsbezirk Köln wurden im vergangenen Jahr 1695 Wohnungen zwangsgeräumt.
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Zwangsräumung in Köln: Protest mit Plakaten
Vergeblich hatten mehrere Personen am Morgen noch versucht, die Zwangsräumung mit einer Kundgebung vor dem Haus in Vingst zu verhindern. Auf Plakaten forderten sie „Die Stadt gehört allen“ und „Sicherer Wohnraum für alle“. Der Aktivist und Sozialarbeiter Rainer Kippe vom Verein Sozialistische Selbsthilfe Mülheim (SSM) sagte der Rundschau, das Amtsgericht Köln habe einen Antrag auf Vollstreckungsschutz „erwartungsgemäß abgelehnt“. Dagegen habe man Beschwerde beim Landgericht Köln eingelegt, aber noch keine Antwort erhalten.
Laut Kippe ist Jürgen W. schwer krank und hat Pflegestufe 2. Die ihm zustehende Haushaltshilfe habe er nie bekommen. „Hier wird eine bürgerliche Existenz vernichtet. Das ist traurig“, sagte Kippe. Nach der Räumung habe man W. und H. mit ihren Habseligkeiten zur Fachstelle Wohnen der Stadt am Ottmar-Pohl-Platz gefahren, um für die beiden eine städtische Notunterbringung zu organisieren. Das Büro sei um kurz nach zwölf Uhr aber bereits geschlossen gewesen. „Schließlich konnten wir über das Vorzimmer von Sozialamtsleiterin Katja Robinson erreichen, dass jemand den beiden Männern die vorbereitete Einweisung in ein Zimmer eines Hotels für Notunterbringungen in Porz aushändigte“, so Kippe.
Anstatt die Mieter konkret mit Sozialarbeit und Pflegekräften zu unterstützen, würden GAG und Stadt lediglich auf die städtischen Notunterkünfte und auf den Rechtsweg verweisen, sagte Rainer Kippe. „Wie man hier einem anerkannten Pflegefall Hilfe verweigert, sehen wir als Offenbarungseid der städtischen Wohnungspolitik, die sich den Schutz der Wohnungen als oberstes Ziel gesetzt hat.“
Der Aktivist wartet nun auf die Entscheidung des Landgerichts. Problematisch sei, dass die GAG auch das Briefkastenschloss von W. und H. habe austauschen lassen. Somit sei es den beiden eventuell nicht möglich, den Bescheid des Landgerichts entgegenzunehmen.
Ein GAG-Sprecher bestätigte, dass auch das Briefkastenschloss gewechselt wurde. „Der Briefkasten wird aber regelmäßig kontrolliert.“ Wenn Post für die Ex-Mieter ankomme, werde diese im Kundencenter der GAG in Vingst aufbewahrt und könne dort abgeholt werden. Die Betroffenen könnten der GAG auch eine Nachsendeadresse mitteilen.