„Jedes Menü eine Weltreise“Spitzenköchin Julia Komp über ihr neues Restaurant in Köln
- Julia Komp erfüllt sich mit dem Sahila den Traum vom ersten eigenen Restaurant.
- Simon Westphal sprach mit ihr über das besondere Konzept und die Einflüsse, die Komp dafür auf ihrer Weltreise gesammelt hat.
Köln – Sie waren 14 Monate auf Weltreise und haben Inspiration für Ihr erstes eigenes Restaurant gesammelt. Die offizielle Eröffnung steht kurz bevor. Ist das jetzt ein Gefühl von Angekommensein oder fängt alles jetzt erst richtig an?
Im Moment habe ich dieses Gefühl noch nicht. Mit 16 Stunden Arbeit am Tag bin ich mehr als ausgelastet. Es gibt so viel zu tun: Reservierungssystem, Speisekarte, Kasse, Webseite, Bestellungen, Gerichte entwerfen – die Liste ist noch so lang. Bis zur offiziellen Eröffnung in der nächsten Woche müssen wir noch den Innenhof komplett einrichten.
Sahila heißt übersetzt „Anführerin der Sterne“. Das ist eine klare Ansage.
Klar, ich träume davon, wieder einen Stern zu erkochen. Aber jetzt müssen wir erstmal anfangen, die Gäste glücklich zu machen und jeden Tag ein Stückchen besser zu werden. Ein Stern irgendwann wäre natürlich für mein Team und mich eine tolle Auszeichnung.
Was muss man erfüllen, um sich einen Michelin-Stern zu verdienen?
Allgemein muss man sehr kreativ sein, seine eigenen Ideen und seine eigene Handschrift haben. Aber aus meiner Sicht muss man auch menschlich sein. Es sollte ein attraktiver Arbeitsplatz sein, wo sich alle wohlfühlen und gemeinsam für den Traum kämpfen.
Für was wollen Sie mit Ihrem neuen Restaurant stehen?
Auf jeden Fall für echten, authentischen Geschmack. Aber auch für gute Produkte mit artgerechter Haltung bei Fleisch und Fisch. Ich möchte wissen, wo die Waren herkommen und wer sie gemacht hat. Wir kriegen zum Beispiel Rindfleisch von zwei Brüdern aus Spanien oder Hähnchen aus Frankreich. Dort habe ich mir alles vor Ort angeschaut.
Ihr neues Restaurant besteht eigentlich aus zwei Restaurants: das Sahila und die Mezze-Bar Yu*lia. Was ist die Idee dahinter?
Es geht neben der Wirtschaftlichkeit auch darum, alle Gäste glücklich zu machen. Es gibt immer wieder Leute, die auf den ersten Blick von Spitzenküche abgeschreckt sind. Wenn sie aber in die Mezze-Bar kommen, sehen sie die hübsch gemachten Teller und möchten dann vielleicht doch auch das andere Konzept probieren.
Seit dem 21. Dezember befindet sich das Restaurant im Soft Opening. Wie sind die Rückmeldungen?
Extrem gut. Wir hatten jeden Tag volles Haus. Wir haben innerhalb von zweieinhalb Monaten umgebaut. Die Zeit fühlt sich an wie zehn Jahre. Wir hatten Probleme mit Lieferungen, Handwerkern, dazu haben Corona und die Flut die Preise für die Waren in die Höhe getrieben. Wir haben alles sehr großzügig geplant. Trotzdem war alles noch teurer als gedacht. Hätten es nicht alle Beteiligten als Herzensprojekt gesehen, dann wären wir nicht so weit gekommen. Ohne das tolle Team wäre das alles nicht möglich gewesen.
Zur Person
Julia Komp ist Deutschlands ehemals jüngste Sterneköchin. Mit 27 Jahren erkochte sie im Schloss Loersfeld in Kerpen einen Michelin-Stern.
Ende 2018 brach sie zu ihrer 14 Monate langen Weltreise auf und sammelte Eindrücke in vielen internationalen Gourmet- und Familienrestaurants. Die Erlebnisse hat Komp in ihrem ersten Kochbuch „Meine Weltreise in Rezepten“ niedergeschrieben.
Nach einem Zwischenstopp als Küchenchefin im Deutzer Lokschuppen übernahm sie im September das Restaurant „L’Accento“ in der Kämmergasse gegenüber des Agrippabads und begann den Umbau.
Das neue Restaurant besteht aus zwei Konzepten, die auch räumlich voneinander getrennt sind. Im Sahila präsentiert Julia Komp für 25 Gäste neuinterpretierte internationale Klassiker auf Spitzenküchen-Niveau. Direkt daneben befindet sich die Mezze-Bar Yu*lia mit 35 Plätzen. Mezze ist eine Tradition aus dem Orient, bei der sich mehrere Gäste eine Vielzahl von kleinen Gerichten teilen.
Nach einer Testphase seit Dezember eröffnet das Restaurant offiziell am 19. Januar. (sim)
Sahila, Kämmergasse 18, geöffnet Di bis Fr 18.30 – 0 Uhr, Sa 12.30 – 14 und 18.30 bis 0 Uhr www.sahila-restaurant.de
Auf dem Teller stehen Asien und der Orient im Fokus. Was fasziniert Sie an diesen Kulturen?
Die asiatische Küche hat mich schon immer begleitet. Der Orient ist mein persönlicher Geschmack. Unser Konzept ist, dass jedes Gericht ein Land ist. Ein Menü ist also eine Weltreise. Das gibt mir auf der Speisekarte auch eine gewisse Freiheit.
Was macht die Küche im Orient aus?
Das was es am meisten beschreibt, sind die Gewürze. Die Leute sind viel mutiger, man hat viel mehr Geschmack. Ein bisschen Rosenwasser oder Orangenblütenwasser, Safran, Trockenfrüchte, Sternanis, Kardamom, Zimt – das schmeckt einfach nach mehr. Wir Deutsche benutzen Salz, Pfeffer, Paprikapulver und vielleicht noch ein bisschen Muskat. Aber das ist dann auch das Höchste der Gefühle. Es gibt nichts Besseres als wenn man Kardamom-Kapseln frisch aufschlägt. Dieser Duft ist einfach unbeschreiblich.
Wie macht man das dem deutschen Publikum schmackhaft?
Wir versuchen es hier so authentisch wie möglich zu machen. In ein thailändisches Gericht kommt Zitronengras, Ingwer und Kafir-Limette, in ein japanisches eher Miso oder Wasabi, in ein chinesisches Sojasoße, Sternanis und Austernsoße. Man kann nicht in jedes asiatische Gericht alles von allem reinmachen. Da bin ich schon sehr streng.
Müssen die Gerichte dem europäischen Gaumen angepasst werden?
Bei uns ist es schon so, dass man mehr von der jeweiligen Kultur erfahren soll. Aber bei uns ist nichts so extrem scharf wie zum Beispiel Kimchi in Korea. In Indonesien benutzt man eine fermentierte Fischsauce. Das ist zu viel des Guten, das könnte hier kritisch werden. Sowas muss man dann etwas dezenter einsetzen. Aber das war ja auch die Idee meiner Reise. Ich musste einmal erfahren, wie die Dinge wirklich schmecken.
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Sie waren in 30 Ländern an vielen schönen Orten. Gab es irgendwann und irgendwo mal die Überlegung, einfach da zu bleiben?
Ja, oft. Aber ich habe ja allen versprochen, dass ich wiederkomme. Und jetzt ist mein großer Traum mit dem eigenen Restaurant in der Heimat in Erfüllung gegangen.
Wo war es denn besonders schön?
Ich hätte überall bleiben können, wo die Sonne scheint. Ich mag die Emirate, den Oman, aber auch Bali hat es mir angetan. Die schönste Metropole war für mich Kuala Lumpur. Da hätte ich direkt bleiben können, um ein Restaurant zu eröffnen.
Wie wird aus einem traditionellen Gericht ein Julia-Komp-Gericht?
Jeder kennt den klassischen Geschmack von Börek mit Feta und Spinat. Wir backen knusprige Chips und schichten dazwischen ein pikantes Bäckchenragout mit Feta. Außenrum kommen Spinatsauce, Fetacreme und Olivenöl-Crumbles. Ein klassisches Gericht interpretiere ich so neu.
Sie wollen den Wow-Effekt erzielen. Was muss ein Gericht dafür erfüllen?
Es muss Salzigkeit, Säure und Süße in einem haben, so dass man eine richtige Geschmacksexplosion im Mund hat. Es muss einfach richtig abgeschmeckt sein. Klar, der eine mag ein bisschen mehr Salz, der andere ein bisschen mehr Säure. Aber es muss eine allgemeine Grundwürze haben. Ich esse super gerne Salat. Eine Salatsoße mit einer tollen Würzung kann mich begeistern, die typische Joghurtsauce eher weniger.
Salatsoßen verkaufen Sie noch nicht, dafür aber Olivenöl, Kaffee und auch ein Kochbuch. Was kommt als nächstes?
Wir planen als nächstes eigene Gewürze. Das war das, was wir schon vor fünf, sechs, sieben Jahren machen wollten.