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Ist Köln vorbereitet?E-Mobilität nimmt Fahrt auf

Lesezeit 6 Minuten
Ladesaeule

Eine Ladestation für E-Autos 

Köln – Die Zukunft ist nicht aufzuhalten. Noch sind E-Autos klar in der Minderheit im Straßenverkehr, doch das wird sich wandeln. Und zwar rasant. Die Europäische Union proklamiert für 2035 den Ausstieg aus der Verbrenner-Technologie beim PKW. Die Hersteller geben noch mehr Gas. VW, Mercedes und Ford beispielsweise wollen schon 2030 aussteigen. In acht Jahren erwartet die Bundesregierung 15 Millionen E-Autos auf deutschen Straßen. Grob heruntergebrochen bedeutet das für Köln rund 190.000 Stromer. Die wollen alle aufgeladen werden.

Fachleute gehen davon aus, dass zwischen 15 bis 40 Prozent der Ladevorgänge an öffentlich zugänglichen Säulen stattfinden werden. Auf dem Land eher weniger, in der Stadt eher mehr. Da kommt also was zu auf Köln. Und, ist die Stadt darauf vorbereitet? „Das Thema ist auf der Agenda weit oben“, versichert Kölns Verkehrsdezernent Ascan Egerer. Roman Suthold, Verkehrsexperte des ADAC Nordrhein sagt allerdings: „Die Stadt ist viel zu spät dran.“ (siehe Interview auf Seite 2 dieses Artikels).

E-Auto Grafik

In der Tat: Im direkten Vergleich mit Berlin, München, Hamburg schneidet Köln nicht gut ab. Letzter Platz. Doch der Vergleich hinkt, wenn man Ascan Egerer glaubt: „Die haben über Pilotprojekte Anschubfinanzierungen vom Bund erhalten“, sagt der Verkehrsdezernent. „Wir hinken hinterher, weil wir das aus eigener Kraft leisten müssen. Allein in 2023 und 2024 investieren wir mehr als zehn Millionen Euro in die öffentliche Ladeinfrastruktur.“ Das sagt er durchaus auch in Richtung des Bundesverkehrministers Volker Wissing (FDP). Der mahnte kürzlich, die Städte müssten mehr tun für eine Ladeinfrastruktur. Bis jetzt habe Wissing keine Fördergelder fließen lassen, erwidert Egerer. „Wir warten immer noch auf Taten von ihm.“

Vier Jahre von der Idee bis zur Realisierung

Also Hände in den Schoß und warten aufs Geld? Mitnichten. Die Stadt Köln schickt in Kooperation mit ihrem Stadtwerkekonzern „Lis“ ins Rennen. Was wie die „flotte“ Abkürzung von Elisabeth klingt, steht für „Ladesäuleninfrastruktur im öffentlichem Straßenraum“. „Lis 1“ geht gerade in die finale Phase. Bis Ende des Jahres sollen 200 Ladesäulen mit jeweils zwei Ladepunkten entstehen. In Summe also 400 Ladepunkte. Doch „Lis“ hat „Ladehemmungen“.

„80 der geplanten 200 Standorte ließen sich sich anfangs nicht realisieren“, räumt Dr. Michael Paul, Projektleiter für die Ladeinfrastruktur im Stadtwerkekonzern ein. Das Problem: „Von der Idee für einen Standort bis zu dem Tag, an dem der Bagger anrollt, brauchte es bis zu vier Jahren“, so Paul. In der Zwischenzeit hatte sich an den vorgesehenen Standorten einiges geändert. Parkplätze sind weggefallen oder werden für Außengastronomie genutzt, um nur zwei Beispiele zu nennen. Zwar konnten mittlerweile 173 Ladesäulen von „Lis 1“ in Betrieb genommen werden, zudem wurden weitere sechs aufgestellt, die noch auf einen Anschluss warten, dennoch bleibt das Programm hinter den Erwartungen zurück. „Da wollen wir deutlich schneller werden“, sagt Paul.

Nicht ganz vorne, aber auch nicht ganz hinten

„Lis 1“ sei Neuland gewesen. „Wir brauchten bei diesem neuen Thema diese Erfahrungswerte“, ergänzt Egerer. Einfließen sollen sie in „Lis 2“: 500 Säulen mit insgesamt 1000 Ladepunkten in zweieinhalb Jahren. Anfang kommenden Jahres soll „Lis 2“ aus den Startlöchern kommen. Um den Fehlstart der „kleinen Schwester“ Lis 1 ein wenig wett zu machen, werden allerdings 20 Ladepunkte aus dem Anschlussprogramm vorgezogen.

Zitate

Dr. Michael Paul, Projektleiter: „Wenn sich das Auto wie prognostiziert entwickelt, werden wir jede Lademöglichkeit brauchen.“

Ascan Egerer, Verkehrsdezernent: „Wir hinken hinterher, weil wir das aus eigener Kraft leisten müssen. Allein in 2023 und 2024 investieren wir mehr als zehn Millionen Euro in die öffentliche Ladeinfrastruktur.“

Was kann „Lis 2“, was „Lis 1“ noch nicht konnte? Planungsprozesse seien optimiert worden. Statt gleich für das gesamte Stadtgebiet geeignete Standorte zu ermitteln, wird nun nach Stadtbezirken vorgegangen. Zwar sei die Standortprüfung immer noch „komplex“, aber das kleinteiligere Vorgehen erhöht die Geschwindigkeit. „So konnten 90 Prozent der vorgezogenen 20 Standorte bereits abgestimmt werden“ sagt der Verkehrsdezernent.

Alles in allem sehen sich die Verantwortlichen damit gar nicht so schlecht aufgestellt. „Wir sind vielleicht nicht ganz vorne, aber auch nicht ganz hinten“, sagt Paul. Würden alle Ladepunkte im öffentlichen und im nichtöffentlichen Raum – also vor Supermärkten, Möbelhäusern oder vor Ärztehäusern – zusammengezogen, käme Köln auf die Summe von 543. Berlin hat bei dreifacher Bevölkerungszahl 1916 Ladepunkte. Paul gibt zudem zu bedenken: „Anfang 2022 gab es in Köln rund 6000 E-Autos.

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Die EU rät zu einem Verhältnis von E-Autos zu frei nutzbaren Ladepunkten von 1:10. „Wir sind jetzt bei 1:11“, rechnet Paul vor. Überschäumende Erwartungen aber will er dämpfen: Die Stadt sei kein Tankstellenbetreiber. „Die Aufgabe muss gesamtheitlich betrachtet werden“, springt Egerer bei. Es gebe bereits Anfragen aus dem freien Markt nach Flächen. Auch könnten die Bürgerinnen und Bürger Vorschläge machen für Standorte. Paul: „Wir stehen noch am Anfang eines gesamtgesellschaftlichen Prozesses. Ich setzte dabei auch auf die Kraft des Marktes.“ Doch der Projektleiter gibt sich keiner großen Illusion hin: „Wenn sich das E-Auto wie prognostiziert entwickelt, werden wir jede Lademöglichkeit brauchen.“

Experte im Interview: Lange Zeit verschlafen

Roman Suthold ist Verkehrsexperte beim ADAC Nordrhein, unter anderem für die E-Mobilität.

E-Technik ist die Zukunft der Mobilität. Wie bewerten Sie den Zustand der E-Ladeinfrastruktur in Köln?

Besonders im Vergleich zu anderen Großstädten wie Berlin oder München hat Köln den Ausbau der Ladeinfrastruktur lange Zeit verschlafen. Nun holt die Domstadt langsam, aber sicher auf. Wichtig ist, dass der Ausbau weiterhin eine hohe Priorität hat und in den letzten beiden Quartalen in 2022 Fahrt aufnimmt. Entscheidend wird zukünftig die Anzahl an Schnellladepunkten sein, die für einen Ladevorgang nur eine halbe Stunde brauchen. Davon gibt es in Köln noch viel zu wenige.

Ist die Stadt da alleine in der Bringschuld?

Es müssen sich auch Einzelhandel und Parkhausbetreiber dem Thema stärker widmen und mehr Ladepunkte einrichten. Transparente Informationen an der Säule, nutzerfreundliche Preise und ein einfacher Zugang für alle sollten dabei Standard sein. Und auch Arbeitgeber sind in der Pflicht, mehr Stellplätze für ihre Mitarbeiter mit Ladepunkten auszustatten.

Gerade bei der Zugänglichkeit zu Ladesäulen wird es oft schwierig. Wie bewerten sie bei diesem Punkt Köln?

Die Stadt betreibt da immer noch eine Closed-Shop-Strategie. Wer sich nicht als Kunde registriert, hat es schwer an den Ladesäulen in Köln. Nutzer ohne Vertragsbindung müssen sich auf einer Internetseite mühsam mit ihren Daten anmelden. Das ist schlecht, denn die Säulen werden nicht nur von Kölnern, sondern auch von Besuchern von außerhalb genutzt. Auch da sind andere Städte weiter und offener, beispielsweise Düsseldorf. Köln muss sich da dringend öffnen und den Zugang für alle erleichtern.