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Alkoholtest, Parken und mehrDiese neuen Features bieten E-Scooter in Köln

Lesezeit 4 Minuten
E-Scooter in Köln

Kreuz und quer: Wild abgestellte E-Scooter Roller sind ein Problem für Städte. 

Köln – Ein Alkoholtest per App – eine schöne Idee. Adapter anschließen, einmal kräftig pusten und das Smartphone gibt den Hinweis: heute bitte lieber zu Fuß nach Hause gehen. Ganz so weit ist die Technik zwar noch nicht. Die Fahrtüchtigkeit zu überprüfen, ist aber dennoch bereits ohne Puste-Aufsatz mit dem eigenen mobilen Endgerät möglich. Der schwedische E-Scooter-Anbieter Voi, der auch in Köln mit seinen orangenen Rollern auf den Straßen vertreten ist, setzt dabei auf einen Reaktionstest.

Voi testet die Reaktion seiner Nutzer per App

Will ein Nutzer am Wochenende ab 22 Uhr einen elektrischen Roller ausleihen, muss er erst einen Reaktionstest bestehen. In der App tauchen dafür kleine behelmte Köpfe auf, die der Nutzer möglichst schnell antippen muss. Passiert das nicht schnell genug, gilt der Test als nicht bestanden. „Wir wollten, dass es spielerisch, aber trotzdem ernst ist“, sagt Voi-Manager Kristoffer Nolgen.

App von Tier (1)

Schnell tippen: Per App testet der Anbieter Voi die Reaktionsfähigkeit der Nutzer. 

Der virtuelle Reaktionstest ist nicht die einzige Technologie, mit der die fünf aktuell in Köln vertretenden E-Scooter-Anbieter konkrete Probleme angehen wollen. Bei vielen E-Scooter-Unfällen ist den vielen Polizei-Berichten der vergangenen Monate und Jahre zufolge schließlich Alkohol im Spiel. Auf der anderen Seite könnten technologische Innovationen, wie zuvor schon in anderen Städten, auch ein Kriterium der geplanten Ausschreibung des E-Scooter-Angebots sein, dass die Verwaltung noch für dieses Jahr plant.

E-Scooter in Köln

Die elektrischen Roller haben sich in den vergangenen drei Jahren, in denen sie auf den Straßen zugelassen sind, stark gewandelt. Seit dem Start veränderte Merkmale sind je nach Anbieter etwa breitere und längere Trittbretter, größere Reifen, Blinker, Handy-Halterungen, bessere Federung, sanftere Beschleunigung oder eine höhere Akku- Kapazität.

Der Anbieter Dott hat den Kölner Betrieb im Juli eingestellt. Grund sind die im Vergleich zu anderen Städten hohen Gebühren. Grundlage ist eine neue Sondernutzungssatzung, die auch die Anzahl der Roller in der Innenstadt pro Anbieter auf 500 beschränkt. Noch im Laufe des Jahres will die Stadt das Angebot der E-Scooter ausschreiben. (sim)

Zwei ähnliche Projekte der Anbieter Bird und Lime beschäftigen sich mit dem Park-Problem. Wenn die elektrischen Roller kreuz und quer in der Stadt verteilt sind, Gehwege, Radstreifen oder Hauseingänge blockieren, dann belastet das die Akzeptanz des noch vergleichsweise jungen Verkehrsmittels. Denn wenn Tausende Roller ungeordnet herumstehen, beeinflusst das ein Stadtbild – da sind sich viele einig – zum Negativen. Wie also Ordnung schaffen? Lime und Bird haben sich dazu den Technologie- und Software-Riesen Google ins Boot geholt.

Anhand von Standortdaten und einer Lokalisierungs-Technologie von Google, bei der der Nutzer seine Umgebung mit der Kamera scannt, erkennt die App, welcher Standort sich zum Parken eignet und welcher nicht. Das soll deutlich besser funktionieren, als das bisher mit herkömmlichen GPS-Signal möglich ist. Pilotprojekte laufen derzeit in Städten weltweit, Bird testet auch in Köln. „Dieses revolutionäre neue Park-Tool ermöglicht es Bird, geparkte Roller auf wenige Zentimeter genau zu lokalisieren“, sagt Bird-Sprecherin Amy Grimshaw. Lime beobachtet bisher mit der neuen Technik 26 Prozent weniger Parkfehler, teilt das Unternehmen mit.

Erst im Juli hat Lime in Paris eine weitere neue Technologie vorgestellt, die rasante E-Scooter-Fahrten über Gehwege verhindern soll – und damit Konflikte zwischen Fahrern und Fußgängern. Mithilfe von Kamerasensoren kann die Technologie in Echtzeit unterscheiden, ob ein Fahrer auf der Straße oder einem Bürgersteig unterwegs ist. Erkennen die Sensoren einen Bürgersteig, ertönt ein akustisches Signal und der Roller wird automatisch verlangsamt. Mit künstlicher Intelligenz soll das System stetig dazu lernen.

Akku laden im Kiosk

Wo ein elektrischer Antrieb ist, da müssen Batterien getauscht werden: Wie das am effizientesten funktioniert, ist für die Betreiberfirmen ein großes Thema. Ein beliebtes Modell zu Anfangszeiten: Nutzer , die die Roller Zuhause über Nacht ans eigene Stromnetz anschließen. Juicer, Charger oder Ranger hießen die Stellenbezeichnung. Für jedes geladene Gefährt gab es wenige Euro Lohn.

App von Tier in Köln (1)

Ladestation im Kiosk: Der Anbieter Tier bezieht seine Kunden in die Auflade-Strukturen mit ein. 

Weil die meisten Akkus mittlerweile austauschbar sind und nicht mehr fest im Roller verbaut sind, ergeben sich neue Möglichkeiten. Der Anbieter Tier bezieht dabei wieder seine Kunden mit ein. Roller mit niedrigem Akku-Stand sind in der App mit einem Blitz-Symbol markiert. Nutzer können markierte Roller dann zu einem sogenannten „SwapSpot“ fahren. Das können Kioske, Tankstellen, Cafés oder Restaurants sein. Dort stehen Ladestationen mit frischen Akkus bereit.

Fürs Austauschen bekommt der Nutzer 15 Minuten kostenlose Fahrzeit geschenkt. „Das System wird schon sehr gut genutzt“, sagt eine Kiosk-Betreiberin in Domnähe. Wer als Kioskbesitzer eine Ladestation aufstellt, zahlt dafür nichts. Der erhoffte Vorteil: Kundschaft, die sonst nicht kommen würde. Auch die Stromkosten zahlt Anbieter Tier. „Je länger wir in einer Stadt vertreten sind und je dichter das Netz der Swap Spots ist, desto besser wird das Angebot angenommen. In Berlin funktioniert das etwa schon sehr gut“, sagt Tier-Sprecher Patrick Grundmann.

In Köln ist das Netz mit etwa 40 Anlaufstellen noch relativ dünn. „Perspektivisch gibt es die Idee, das Konzept auch für andere Anbieter zu öffnen“, erklärt Grundmann. Mit einem einheitlichen System für alle Anbieter könne dann auch das Netz der Austausch-Stationen vergrößert werden.