Interview mit Kölner BandFortuna Ehrenfeld rösten jetzt ihren eigenen Kaffee
- Am 28. Mai erscheint „Die Rückkehr zur Normalität“ - das vierte Album des Kölner Indie-Pop-Trios Fortuna Ehrenfeld.
- Die Band hat aber auch an anderen Produkten gearbeitet, um ein Gesamtkunstwerk auf die Beine zu stellen.
- Dominic Röltgen sprach mit Frontmann Martin Bechler.
Wir sind in der Kaffeemanufaktur Heilandt zum Gespräch verabredet – warum ausgerechnet hier?
Mich erwischte die Karriere sehr spät, und irgendwann wurde klar: Das wird jetzt mein Beruf. Da stand für mich auch gleich fest, dass ich ein Gesamtkunstwerk haben will. Wir wollten dem durchaus hektischen Tour-Leben Sachen beistellen, die uns entschleunigen, die uns abholen und uns einfach Freude bereiten. Das sind für uns drei Dinge: Rotwein, Bücher und Kaffee – die drei Säulen der abendländischen Gesellschaft (lacht).
Einen eigenen Rotwein gibt es schon länger, wieso jetzt auch Kaffee?
Unser Drummer Jannis Knüpfer ist gelernter Barista – und zwar ein richtig guter. Ein Kaffee war also der nächste logische Schritt. Käse wäre auch noch möglich gewesen, der ist aber etwas schwierig auf Tour zu verkaufen (lacht). Außerdem trinken wir alle wahnsinnig gerne guten Kaffee, und hier bei Heilandt haben wir einfach Leute, die behutsam mit Umwelt, Menschen und Material umgehen.
Was ist mit der dritten Säule „Bücher“ gemeint?
Es wird ein komplettes Begleitbuch zur neuen Platte geben. Wir waren immer der Meinung, dass Musik auch anders konserviert werden sollte als nur digital. Wir haben auch schon vorher Notenbücher zu den Platten rausgebracht, aber diesmal wollten wir etwas machen, was auch für Leute interessant ist, die keine Noten lesen können. Es ist eine richtige Begleitfibel geworden diesmal mit vielen Comics und Gedichten, ein richtiges Hochglanzprodukt.
Neue Musik steht in den Startlöchern. War es schwierig, während Corona neue Lieder zu schreiben?
Nö, gar nicht, wir hatten ja Zeit. Die Situation gerade ist für mich eine Aufgabe und eine Aufforderung, diese Aufgabe präzise zu lösen. Ich bin ja nicht nur der Freak im Schlafanzug, sondern eben auch der Geschäftsführer von Fortuna Ehrenfeld, meine Aufgabe ist es, diesen Betrieb und die Leute dahinter in eine Blüte zu führen. Dazu gehört auch ein gutes Krisenmanagement. Wir sind keine Jammertypen, wir machen. Fertig, aus!
Bis zur zweiten Platte war Fortuna Ehrenfeld quasi Ihr Soloprojekt. Hat sich mit Platte Nummer vier die Arbeit als Band noch weiter intensiviert und eingespielt?
Ich würde das ja noch auf das gesamte Team erweitern. Das hier ist keine Zweckgemeinschaft, sondern ein emotional tief freundschaftlich verwurzelter Haufen, der spätestens jetzt in dem Corona-Jahr und anderen schwierigen Aspekten bewiesen hat, dass man mit ihm durch Tod und Teufel gehen kann.
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Wie wird „Die Rückkehr zur Normalität“ klingen?
Wir sind Fortuna geblieben. Viele Farben werden weiter gepflegt. Aber wir hatten auch alle das Bedürfnis, uns vorzuträumen in eine Zeit, in der wir wieder mehr dürfen als heute. Die Platten bislang hatten immer eine sehr starke stille und introvertierte Note. Das hat die jetzt zwar auch, aber die Gewichtung liegt doch eindeutig auf gute Laune, und wir ebnen eine Landebahn für eine Zeit danach. Die ist ja eindeutig in Sichtweite. Wir müssen nur noch die Vollpfosten von Impfgegnern ganz feste in den Arm nehmen, dass die uns mit in diese gute neue Zeit folgen.
Handelt es sich also thematisch um eine Corona-Platte?
Nö, gar nicht. Meine Musik hat nichts mit einer Pandemie, sondern etwas mit meinem Kopf zu tun. Da muss schon was anderes kommen als eine Pandemie, so ein dämliches Virus, um uns die gute Laune zu nehmen und uns zu erschrecken. Wir mussten uns zwar wie alle sehr disziplinieren. Wir haben bei den Konzerten, die wir gegeben haben und dieses Jahr noch geben wollen, das Thema sehr ernst genommen, so dass niemand zu Schaden kommt – vor allem keine unbeteiligten Dritten.
Apropos Konzerte. Eine Tour zum Album wird es wohl erst einmal nicht geben können…
Doch. Natürlich. Wir heißen Fortuna Ehrenfeld, mein Freund. Wir sind Superhelden, und Superhelden gehen immer auf Tour (lacht). Wir werden mit diesem Jahr genauso verantwortungsvoll aber auch kreativ umgehen wie mit 2020. Zum Beispiel ist am 16. Juni in der Kantine in Köln auf dem Open-Air-Deck ein Konzert geplant, wo der Vorverkauf auch schon gestartet ist. Aber auch darüber hinaus sollen Auftritte stattfinden – ich rechne so mit an die 20 Konzerte im Sommer.
Wie das?
Hier kommen wir an einen Punkt, der ganz interessant ist: Verschwörungstheorien gegen Mathematik. Es gibt nämlich, auch bei steigender Inzidenzen, nur eine Zahl, die derzeit interessant ist, und die heißt: Impftempo. Man kann gut ausrechnen, wie nah die Grenze an uns rückt, wo wir wieder mehr machen dürfen. Wie schnell das genau geht, kann ich natürlich auch nicht sagen. Aber die Zahl war für uns hoch genug, dass wir für den 16. Juni schon einmal den Versuch wagen wollten. Ich bin ein Kind der Aufklärung, ich verlasse mich auf die Wissenschaft.