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Interview mit Helmut Haumann„Die romanischen Kirchen sind die Seele Kölns“

Lesezeit 6 Minuten
Vor allem auf die Lüpertz -Fenster in St.Andreas ist Helmut Haumann stolz.

Vor allem auf die Lüpertz -Fenster in St.Andreas ist Helmut Haumann stolz.

Helmut Haumann hat sich über zwei Jahrzehnte für die Romanischen Kirchen engagiert, nun endet eine Ära. Ingo Schmitz hat mit ihm gesprochen.

Seit über 20 Jahren ist Helmut Haumann Vorsitzender des Fördervereins Romanische Kirchen Köln. Heute tagt die Hauptversammlung des Vereins, in der Haumann den Vorsitz in andere Hände übergibt. Eine Ära geht zu Ende.

Welche ist Ihre erste Erinnerung an eine romanische Kirche?

Ich war sehr aktiv in der katholischen Jugend. Damals waren es Maria im Kapitol, St. Andreas und St. Gereon, die mich fasziniert und meinen Glauben mit geprägt haben. Ich kann mich noch sehr gut an eine Weihnachtsmesse zu Mitternacht in St. Gereon erinnern, die ich als junger Mann ein bisschen mitgestaltet habe. Zudem war ich schon früh an der Geschichte Kölns interessiert. Dabei kommt man ja nicht an den romanischen Kirchen vorbei.

Warum ist die Romanik schöner als die Gotik?

Romanische Kirchen strahlen eine Ruhe aus, die mir immer etwas gegeben hat. Wenn sie beispielsweise in Groß St. Martin sind – das ist eine Atmosphäre, die einen auch spirituell erfasst. Schon vor meiner Zeit als Vorsitzender des Fördervereins – als wir noch in Müngersdorf wohnten – habe ich Termine in der Innenstadt fast immer mit einem Besuch in einer romanischen Kirche verbunden.

Darf man als Vorsitzender des Fördervereins der romanischen Kirchen für den Dom schwärmen?

Ich bin seit ewigen Zeiten auch Mitglied im Zentral Dombau Verein (ZDV). Viele Präsidenten des ZDV waren auch Mitglied im Förderverein Romanische Kirchen. Wir haben immer gut zusammenarbeitet. Denn wir wissen doch alle, der Dom ist das Wahrzeichen Kölns und wird als solches auch weltweit bewundert. Deshalb kann ich nicht verstehen, dass erst die Köln-Messe, dann die Stadt Köln und nun auch das Erzbistum die Domtürme aus dem Logo genommen haben. Da werden Beratungsfirmen beauftragt, mit jungen Menschen, die meinen, eine Kirche gehört heute nicht mehr in ein Logo. Aber der Dom ist das am meisten am meisten besuchte Gebäude Deutschlands – und wohl auch die am meisten besungene Kirche. Mit diesem Juwel kann man glänzen und mit diesem Pfund muss man wuchern.

Aus dem Zentral Dombau Verein ist zu hören, dass sich die Kirchenkrise um Kardinal Woelki auch auf die Mitgliederzahlen auswirkt. Gibt es beim Förderverein Romanische Kirchen eine ähnliche Entwicklung?

Wir haben 2500 Mitglieder. Mir ist kein Fall bekannt, in dem aufgrund der kirchenpolitischen Probleme der Austritt erfolgt ist. Nun werden unsere romanischen Kirchen auch sicherlich nicht so wie der Dom mit dem Kardinal in Verbindung gebracht.

Ein großes Ziel des Fördervereins war und ist die Aufnahme der zwölf romanischen Kirchen im Kern Kölns als Unesco-Weltkulturerbe. Wie steht es darum?

Wir waren einmal auf Bundesebene kurz davor. Weltweit haben wir dabei aber zwei Probleme: dass im Besonderen Deutschland und im Allgemeinen Sakralbauten in dieser Liste überrepräsentiert sind. In den kommenden vier bis fünf Jahren sehe ich keine Chance für uns, aber vielleicht danach wieder.

Über 20 Jahre im Vorsitz des Fördervereins: Was war das schwierigste Projekt?

Manches musste sicherlich mehr erkämpft werden als anderes, so wie beispielsweise auch eine Vorhalle für Groß St. Martin. An diesem Projekt arbeite ich mit unserem Förderverein nun schon seit fast 15 Jahren. Groß St. Martin hatte ursprünglich einen Kreuzgang, der in der Säkularisation abgerissen wurde. Später gab es eine Vorhalle, die aber im Krieg zerstört wurde. Dort nun wieder eine Vorhalle zu realisieren, entwickelte sich über Jahre hinweg als ein unheimlich kompliziertes Projekt. Die Details kann ich hier gar nicht alle aufzählen. Jedenfalls vor einem Jahr war es dann endlich so weit, dass eine Baugenehmigung vorlag. Doch mittlerweile waren die Baukosten stark angewachsen. Damit drohte das Vorhaben doch noch zu scheitern. Das Erzbistum wollte aus dem Projekt aussteigen. Es ist mir dann doch noch gelungen, mit viel Überzeugungsarbeit und einem finanzielle starken Engagement unseres Fördervereins, das Projekt zu retten. Wir werden in Kürze den Baubeginn mit der Grundsteinlegung feiern können.

Welches ist ihr schönstes Projekt?

Es gibt sehr viele schöne Projekte. Aber mein Herzensprojekt sind sicherlich die 20 neuen Kirchenfenster in St. Andreas, gestaltet vom Künstler Professor Markus Lüpertz. Dass ein so namhafter Künstler eine mittelalterliche Kirche damit so prägt und neu gestaltet, das ist für mich etwas ganz Besonderes. Dass wir dieses Millionen-Projekt mit unserem Förderverein als Träger hinbekommen haben, da bin ich wirklich stolz drauf.

Wie viel Geld hat der Verein allein unter ihrem Vorsitz in die romanischen Kirchen investieren können.

Überschlägig waren das rund 20 Millionen Euro. Das ist aber nicht alles in Bauprojekte geflossen. Wir haben auch wissenschaftliche Schriften herausgegeben, haben Schulprojekte aufgelegt, Digitale Apps zur Baugeschichte und Ausstattung entwickelt, wir unterstützen das jährliche Musikfestival „Romanischer Sommer“, Kirchenschätze wurden mit unserer Hilfe erhalten … und wir haben eine eigene Stiftung gegründet. Unsere geistige Hauptaufgabe fasse ich so zusammen: Das Bewusstsein für den weltweit einmaligen historischen Schatz der zwölf romanischen Kirchen in Köln zu fördern. Wer nach Köln kommt und den Dom besichtigt, der hat zwar Kölns Wahrzeichen gesehen, aber er hat dann noch nicht die Seele Kölns gefunden, denn die Seele sind die romanischen Kirchen.

Sie berichten mit so viel Elan und Begeisterung von ihrem Engagement für den Förderverein, warum geben sie den Vorsitz ab?

Ich bin jetzt 83 Jahre alt, zwar noch geistig und körperlich fit, aber in meinem Umfeld sehe ich, wie schnell sich das ändern kann. Darum habe ich bereits vor drei Jahren für 2023 meinem Rückzug angekündigt. Nun ist das Projekt Groß St. Martin endgültig auf die Schiene gesetzt und bis Ende des Jahres werden alle Fenster in St. Andreas fertig sein. Das ist doch sicherlich ein guter Zeitpunkt für mich, die Führung unseres Fördervereins zu übergeben.


Infos zum Verein

2002 übernahm Helmut Haumann den Vorsitz des Fördervereins Romanische Kirchen Köln. Geboren wurde er 1940 in Köln. Die Stadtgeschichte prägte er nicht nur ehrenamtlich sondern auch beruflich mit, so war er unter anderem Vorsitzender der GEW Köln, Gründungsvorstandsvorsitzender der Rhein-Energie AG und Chef der Stadtwerke Köln GmbH. Haumann wurde ausgezeichnet als Energiemanager des Jahres 2004, er ist Träger des Bundesverdienstkreuzes und des Orden „Pro ecclesiaeet pontifice“.

1981 wurde der Förderverein Romanische Kirchen Köln gegründet. Die Gründung fand im Hansasaal des Historischen Rathauses statt. In der über 30-jährigen Geschichte des Vereins konnten Spenden in Höhe von mehr als 12 Millionen Euro akquiriert werden. Ehrenvorsitzender sind immer der oder die amtierende Oberbürgermeister(in) Kölns sowie der Kölner Erzbischof.

2500 Mitglieder sind zur heutigen Versammlung geladen. Neben der Neuwahl eines Vorsitzenden stehen weitere personelle Veränderungen an. So wird der Herausgeber der Kölnischen Rundschau, Helmut Heinen, nicht mehr für den Vorstand kandidieren. (ngo)