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Interview zur Demo in Köln„Der Bildungsstandort Deutschland wird zugrunde gerichtet“

Lesezeit 3 Minuten
A wie Anfang: Auch an Kölner Schulen fehlen Lehrende, die Gebäude sind oft in einem schlechten Zustand.

A wie Anfang: Auch an Kölner Schulen fehlen Lehrende, die Gebäude sind oft in einem schlechten Zustand.

Bundesweit fordern am kommenden Samstag Menschen „Bildungswende. Jetzt!“. Die zentrale Demonstration für NRW findet in Köln statt. Die Hintergründe erläutert der Sprecher des Kölner Orga-Teams, Olaf Wittrock.

Herr Wittrock, wer ruft zur Demonstration auf?

Dahinter steht ein breites Bündnis von rund 170 Bildungs- und Elternorganisationen, Vertretungen der Schülerschaft und Gewerkschaften, die sich innerhalb weniger Wochen zusammengeschlossen haben. Das überparteiliche Bündnis bildet die gesamte Bildungskette ab, von der Kita bis zur Hochschule.

Warum ist der Protest notwendig?

Alles zum Thema Demonstration Köln

Bildung ist kein Standortfaktor mehr in Deutschland, sondern ein Standortrisiko. Denn der Bildungsstandort Deutschland wird zugrunde gerichtet. Wir haben einen immensen Investitionsstau, es fehlen tausende Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer. Wir haben ein in sich erstarrtes Bildungssystem, das ungerecht und nicht zukunftsfähig ist. Trauriges Ergebnis: Die Schulen in Nordrhein-Westfalen werden inzwischen so schlecht bewertet wie in keiner anderen Region Deutschlands, laut aktuellem ifo-Bildungsbarometer. Fast ein Drittel der Eltern geben Schulen die Note 4 oder schlechter. Das ist dramatisch. Wir stehen gemeinsam dagegen auf.

Welchen Stellenwert hat Bildung?

Offensichtlich hat sie keine Priorität. Auf der abstrakten Ebene sind immer alle dabei, aber am Ende will es doch keiner anpacken. Dabei ist Bildung unser wertvollstes Gut, wir haben in Deutschland keinen anderen Rohstoff. Und mit guter Bildung lernen Kinder auch Demokratie. Bildungspolitik hat für mich einen ähnlichen Stellenwert wie Klimapolitik. Wenn wir heute das Thema ignorieren, fällt es uns morgen vor die Füße. Wir haben jetzt schon 50.000 Kinder ohne Schulabschluss. Das kann man doch nicht zulassen.

Was sind die grundsätzlichen Forderungen?

Wir fordern, Schule und Kita gerecht, zukunftsfähig und inklusiv zu machen. Lehrpläne müssen überarbeitet werden, die Bildungsqualität erhöht. Es braucht multiprofessionelle Teams als festen Bestandteil in den Schulen. Eine Ausbildungsoffensive für Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher. Und eine ausreichende Finanzierung. Dafür ist auch ein Sondervermögen Bildung notwendig. Wir fordern außerdem einen Bildungsgipfel auf Augenhöhe, bei dem Betroffene und Spezialisten aus der Praxis mithelfen dürften, Auswege aus der Bildungskrise zu schaffen.

Olaf Wittrock vom Kölner Orga-Team des Protestes ‚Bildungswende. Jetzt!‘

Olaf Wittrock vom Kölner Orga-Team des Protestes ‚Bildungswende. Jetzt!‘

Warum legen Sie Wert darauf, dass auch in den Kitas eine Bildungswende stattfindet?

Kitas dienen der frühkindlichen Bildung, zum Beispiel auch für Kinder aus bildungsferneren Schichten. Es hat fatale Folgen, wenn wir die da nicht hinbekommen, weil wir zu wenig Plätze und Personal haben. Es ist zwar ein Rechtsanspruch geschaffen worden, aber die Politik tut viel zu wenig, um den einzulösen. Es gibt kaum ein Land auf der Welt, in dem der Bildungserfolg so stark davon abhängt, aus welchem Elternhaus man kommt. Und das beginnt mit der Kita. Da wird die Basis gelegt.

Was erwartet die Leute beim Bildungsprotest?

Um 13 Uhr startet vom Heumarkt aus eine Demo, die familienfreundlich ausgelegt ist. Heißt: Kleine, aber feine Strecke, die auch mit kleineren Kindern zu bewältigen ist und gut sichtbar sein wird. Sie führt vom Heumarkt über den Neumarkt am Dom vorbei zurück zum Heumarkt. Um 15 Uhr startet dort unsere Kundgebung, die sehr abwechslungsreich ist. Es gibt Talkrunden mit Betroffenen, wir stellen aber auch Leuchtturmprojekte vor. Wir wollen nicht nur meckern, sondern zeigen, wie Bildung besser geht.


Kundgebung von 15-17 Uhr mit vielen Talks

Weiterführende Informationen

Reden halten: GEW NRW Vorsitzende Ayla Çelik, GEW Bundesvorsitzende Maike Finnern, Tjark Sauer von ver.di NRW, die stellvertretende Vorsitzende DGB NRW Anke Unger.

Mit dabei: „Netzlehrer“ und Bildungsinfluencer Bob Blume. Moderatorin wird Shary Reeves sein. Musikalisch umrahmt wird alles von der internationalen Kinder- und Jugendbühne Bahtalo.

Außerdem: Auf dem Heumarkt wird es einen „Markt der Möglichkeiten“ mit Info-Ständen geben sowie für Kinder das Spiel- und Sportmobil der Sportjugend Köln.

Weiterführende Informationen gibt es online.